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Spur nach Ostfriesland

Spur nach Ostfriesland

Titel: Spur nach Ostfriesland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beate Sommer
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und brüllte: »Leute, geht das ein bisschen leiser, bitte?« Es ging, allerdings unwesentlich. Sie spähte um die Ecke, meine Güte, das waren bloß zwei, die einen Lärm wie zwanzig produzierten, nicht zu fassen. Die Mutter war unbeeindruckt, Frau Borden rollte mit den Augen, und Katharina beeilte sich, ihr Telefonat zu Ende zu bringen, denn der Lärmpegel stieg schon wieder bedrohlich an.
    Sie legte eben den Hörer auf, als die lieben Kleinen auch schon losstürmten, hoffentlich nicht, um Bücher als Wurfgeschosse zu behandeln oder spaßeshalber die Computer auszuschalten. Ihr Bremsmanöver, als zwei Männer mit großen schwarzen Koffern hereinkamen und ihre Flugbahn blockierten, war filmreif, und es flogen auch nur zwei Bücherstapel von der Auslage. Immerhin herrschte himmlische Ruhe.
    »Guten Tag«, sagte sie zögerlich. Die Koffer ließen vermuten, dass es sich um Vertreter handelte, die sie ohne vorherige Anmeldung nicht empfangen würde, schon gar nicht im Doppelpack.
    »Frau Martens?«, erkundigte sich einer von ihnen. »Mein Name ist Sprenger.« Er zog eine Visitenkarte aus seiner Jackentasche.
    Sie griff danach, aber er ließ sie nicht los, und so spähte sie durch ihre Lesebrille und erkannte, dass es sich um einen Ausweis handelte, genauer gesagt, einen Polizeiausweis. Los Jungs, flehte sie innerlich, macht ein bisschen Radau. Stille.
    »Das ist mein Kollege Linke«, fuhr er fort, »können wir vielleicht …«, er ließ den Satz diskret unvollendet und wies mit unbestimmter Geste in die Runde.
    »Bist du von der Polizei?«, krähte eines der beiden Gören, was darauf schließen ließ, dass sie Filme zu sehen bekamen, die ihrem Alter nicht ganz entsprachen. Sprenger ignorierte die Frage, wofür Katharina ihm wirklich dankbar war, trotzdem, fürchtete sie, würde die Gerüchteküche alsbald zu brodeln beginnen, wenn sie nicht schnell schaltete.
    »Ach, jetzt habe ich ja glatt vergessen, dass Sie mir heute das neue Programm von Ravensburger vorstellen wollten.« Sie schlug sich die Hand vor die Stirn, um ihrer miserablen Schauspielkunst etwas mehr Glaubwürdigkeit zu verleihen. »Bitte, kommen Sie doch herein.« Sie ließ die Männer vorangehen und zog die Tür, die den Laden vom Flur trennte, heran.
    »Spurensicherung«, erklärte Sprenger ziemlich unvollständig, als sie schließlich die Küche überbevölkerten. »Ist Herr Hartmann noch nicht da?«
    Welche Spuren sollten denn hier gesichert werden, fragte sich Katharina und konnte es sich nicht verkneifen, unter den Küchentisch zu schauen. »Nein«, sagte sie, ernsthaft genervt.
    »Wir suchen nach Hinweisen, ob die Entführung der vermissten Person möglicherweise hier vonstattengegangen ist.« Linke schien der Gesprächigere der beiden zu sein, während Sprenger schon Gummihandschuhe überzog und in die Knie ging, um mit schräg geneigtem Kopf den Schmutz auf ihrem Fußboden zu inspizieren.
    »Und die könnten Ihrer Meinung nach wie aussehen?«, erkundigte sie sich.
    »Speichel, Blut, Schleif- oder Kampfspuren, Betäubungsmittelrückstände, so in der Art«, erläuterte Linke und streifte sich ebenfalls Handschuhe über.
    »Blut werden Sie nicht wenig finden«, gab sie zu bedenken. »Sie glauben ja nicht, wie oft wir uns an Papier schneiden. Schleifspuren, fürchte ich, gibt es ebenfalls zuhauf, wir haben allein heute Morgen sechs Kisten Bücher hereingezerrt. Wir sabbern aber nicht, und die Kampfspuren finden Sie im Laden, wie Sie eben gesehen haben, nicht hier, und dort bewahren wir auch das Betäubungsmittel auf, eine Sprühdose gegen wild gewordene Kinder und Hunde.« Die Idee war gar nicht schlecht, dachte sie, ein unauffälliges »Zisch«, und schon herrschte Ruhe.
    Plötzlich fiel ihr siedend heiß ein, dass in ihrer Kühltruhe ein Joint lagerte, das Geschenk eines Schulfreundes zur Linderung von Altersdepression, sicherlich längst ungenießbar, aber nicht minder inkriminierend. Sie spürte, wie sie heftig errötete.
    Linke schien anzunehmen, es handele sich um eine Hitzewallung und öffnete das Fenster. »Setzen Sie sich ruhig«, empfahl er fürsorglich, »wir machen erst mal einen Rundgang.«
    Vielen Dank, dachte sie, der Übergang zwischen Hinterherpfeifen und Platzanbieten war tatsächlich nahtlos. Sie sank auf den Stuhl, drehte sich eine Kippe und paffte, während sie die beiden nach oben gehen hörte. Ganz nach oben, in Michaels Arbeitszimmer, wie das Knarren der altersschwachen Holztreppe verriet. Sie vernahm einen Fluch und wusste,

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