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Spur nach Ostfriesland

Spur nach Ostfriesland

Titel: Spur nach Ostfriesland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beate Sommer
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gar nicht«, erklärte er, »wir halten das bewusst unterm Deckel. Nur weil die Praktikantin damals wieder aufgetaucht ist, heißt das noch lange nicht, dass Franziska demselben Entführer in die Hände gefallen ist und somit zumindest nicht in Lebensgefahr schwebt. Es kann durchaus sein, dass sie ein ganz normales Mord- oder Vergewaltigungsopfer ist.«
    »Normalerweise gäbe es dann auch eine Leiche«, blaffte sie, fürchtete aber, dass die Wirkung verpuffte, da sie nicht allzu laut sprechen wollte.
    »Nicht unbedingt, das weißt du so gut wie ich«, entgegnete er. »Jedenfalls bitte ich dich, nicht darüber zu sprechen.«
    Dazu werde ich überhaupt nichts sagen, soll er zappeln, dachte Marilene. »Sag mir, was ich mit Marie mache.«
    »Darauf wollte ich auch noch kommen. Sie soll vor allem vorsichtig sein. Mir wäre wohler, wenn sie, wenigstens im Dunkeln, nicht allein zum Bahnhof ginge. Ansonsten wäre ich dir verbunden, wenn du sie einfach ein bisschen ausfragen würdest. Ich hätte zwei Namen, Gentner und Petersen. Natürlich interessiert mich auch Martens, aber das mach ich dann später selbst, kann ich dir nicht zumuten. Eigentlich …« Hartmann versuchte einen Rückzieher. »Vergiss es lieber. Ich darf dich da nicht einspannen. Sie soll aufpassen. Sie darf die Ohren offenhalten, mehr nicht.«
    »Okay.« Sie würde nicht widersprechen, hatte im Grunde mehr erreicht, als sie erhofft hatte, und die Tatsache, dass er ihr nach seiner Indiskretion auch noch diese beiden Namen genannt hatte, zeigte doch, dass er sich nicht länger auf Martens als Hauptverdächtigen versteifte. Mehr konnte sie im Augenblick nicht erwarten. »Ich hör von dir?«
    »Klar, mach’s gut.«
    »Ja, du auch.« Sie legte den Hörer auf und ging langsam zurück in die Küche, um sich der Diskussion über ihr nicht existentes Liebesleben zu stellen.
    ***
    Hartmann betrachtete ungläubig den Hörer, bevor er ebenfalls auflegte.
    »Was ist?« Zinkel hackte gerade eine Zwiebel klein, hatte aber sein Zögern bemerkt.
    »Nichts, sie hat einfach nachgegeben.«
    »Sagt sie. Wieso musst du ihr auch so einen Floh ins Ohr setzen!«
    »Der ist Dauergast bei ihr, den muss man nicht erst hineinsetzen.« Hartmann hob den Deckel eines Topfes. Wasser. »Kann ich nicht wenigstens schon mal Salz reintun?«
    »Finger weg«, befahl Zinkel. »Aber Namen zu nennen, du Idiot, irgendwann kommst du noch mal in Teufels Küche, wenn du sie dauernd in unsere Fälle hineinziehst.«
    »Ich sie? Das hat sie bisher immer ganz alleine angestellt.«
    »Aber du musst sie dabei wirklich nicht noch unterstützen.«
    Als wenn es das bräuchte. Hartmann behielt die Erwiderung für sich. Wieso geriet er mit Marilene ein ums andere Mal in diese verdammte Zwickmühle? So ein bekloppter Zufall, dass sie schon wieder bei einem Fall aufeinandertrafen. An etwas wie Schicksal mochte er nicht glauben.
    »Was wird das, falls es jemals fertig wird?«, erkundigte er sich.
    »Nudeln mit dem, was so da war, und zwar erst, wenn Patrizia Bescheid gibt, dass sie vom Fleck kommt.«
    »Wer weiß, wann das sein wird«, grummelte Hartmann und trat ans Fenster. Es war stockfinster im Hof, keine Spur von Schnee. Zwar war das, was vom Himmel fiel, kein reiner Regen, aber es war doch weit entfernt von dem wilden Gestöber nur ein paar Kilometer von hier entfernt. Und es blieb wenigstens nicht liegen.
    Wetter, dachte er. Früher war es bestenfalls Gegenstand von Smalltalk, ein ungeschickter Einstieg in ein Gespräch gewesen, wenn Fußball nicht zog. Und nun beschäftigte es ihn tatsächlich selbst. Es musste an diesen Extremen liegen, die, wenn man den Medien glaubte, erst neuerdings die Erde heimsuchten, wie eine biblische Plage nach der anderen. Dabei erinnerte er die Sommer seiner Kindheit als ebenso endlos und heiß wie den letzten, und die Winter als schneereich und beißend kalt. Ihm war, als wäre er damals jahrein, jahraus in seiner Freizeit nur draußen gewesen. Aber vielleicht trog ihn sein Gedächtnis, hatte die grauen und langweiligen Tage des Übergangs einfach ausgelöscht. Allerdings, die Übergänge fehlten heutzutage, Frühling und Herbst fanden nur ansatzweise statt, von Heizung auf dreißig Grad und umgekehrt, wenn das nicht extrem war. Er schüttelte den Kopf, sah die Bewegung im Fenster gespiegelt und musste grinsen. Fiel er auch schon dem Mainstream anheim.
    Der Bewegungsmelder am Eingang tauchte den Hof auf einmal in grelles Licht, das die Schatten vertrieb und schimmernde Pfützen

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