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Spur nach Ostfriesland

Spur nach Ostfriesland

Titel: Spur nach Ostfriesland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beate Sommer
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konnte ihr Glück nicht fassen. Eine Kerze. Licht, endlich. Schon kniff sie die Augen zusammen, als könnte sie geblendet werden. Sie tastete hektisch den Boden ab, verschwendete nicht einen Gedanken an das, worauf ihre Finger treffen könnten, denn wenn er ihr schon eine Kerze hinterließ, musste es auch ein Feuerzeug geben. Oder Streichhölzer. Da! Eine Schachtel. Dem Himmel sei Dank!
    Sie nahm sie auf, öffnete sie, fand das eine Streichholz darin und riss es mit zitternden Händen an. Nichts. Nicht der kleinste Funke. Jetzt erst nahm sie wahr, dass die Schachtel völlig durchnässt war. Ein Schluchzen drang aus ihrer Kehle, und sie knüllte die Packung in der Hand zusammen, nur um sie gleich darauf wieder zu glätten. Vielleicht wenn sie trocknete, vielleicht funktionierte es dann.
    Tränen bitterster Enttäuschung strömten ihr über das Gesicht, während sie sich zurück zu ihrem Lager tastete, dieser elenden Scheiß-Matratze in diesem elenden Loch, vergaß alle Vorsicht, stolperte und fiel der Länge nach hin, dass die Sprungfedern quietschten. Als sie ruhig lag, hörte sie ein leises Klirren. Sie brauchte sich nicht umzudrehen, sie wusste auch so, dass eine Brotscheibe sich voll Wasser sog. Ohne es zu merken, glitt sie hinüber in willkommenen Schlaf.
    ***
    Der Mann schaltete das Mikro aus und drehte den Heizregler etwas höher. Ihr Hunger würde sie nicht lange schlafen lassen. Er ging in den Keller, öffnete die Tür und stellte eine geschlossene Flasche Wasser und eine verpackte Scheibe Brot hinein. Daneben legte er einen Pullover, ein Stück Seife und ein Handtuch. Sie stank. Er schloss die Tür und drehte den Hahn für ihr Waschbecken auf, bevor er wieder nach oben ging. Bald war es so weit. Bald würde sie Licht bekommen, sodass er sie beobachten konnte. Endlich. Licht. Nichts anderes. Für eine lange Zeit.

5
    Noch bevor sie klingeln konnte, flog die Tür auf.
    »Endlich bist du da! Ich warte schon ewig!« Arne hüpfte in viel zu großen Pantoffeln auf und nieder, dass seine unbändigen hellblonden Locken nur so wippten.
    Marilene stellte ihre Tasche ab und wappnete sich. »Jetzt«, sagte sie, und Arne sprang ihr in die Arme. »Na, mein Großer.« Sie vergrub für einen Augenblick ihre Nase in seinem Haar, bevor sie ihn wieder absetzte. »Du wirst allmählich zu schwer für mich, weißt du das?«
    Arne zog die Nase kraus. »Ich glaube, du wirst zu schwach für mich«, widersprach er. »Niklas sagt immer noch Fliegengewicht zu mir.«
    »Ist er schon da?«
    »Schon lange. Marie ist auch da. Ihre Backe ist kaum noch dick, aber sie sagt trotzdem, sie sieht aus wie ein Monster. Und Oma ist auch da. Jetzt fehlt nur noch dein Polizist.«
    Marilene seufzte. »Fängst du auch noch damit an. Er ist nicht mein Polizist.«
    »Warum denn nicht? Ich finde, du brauchst einen Mann.«
    »Ich warte lieber, bis du groß bist«, entgegnete sie.
    »Das dauert doch viel zu lange. Oma findet ihn nett, deswegen hat sie ihn auch zum Essen eingeladen.«
    Komplott, dachte Marilene und streifte ihre Stiefel von den Füßen.
    »Wo Marie arbeitet ist eine Frau verschwunden«, flüsterte Arne.
    »Hast du gelauscht?«
    »Nicht mit Absicht. Aber das ist gruselig, nicht?«
    »Ja, das ist es. Trotzdem sollst du nicht lauschen.« Sie hängte ihren Mantel an die Garderobe und wollte schon in die Küche gehen, von wo ein köstlicher Duft unwiderstehlich lockte.
    »Marilene?« Arne hielt sie an der Hand fest. »Wenn Marie jetzt was Wichtiges weiß, kriegt sie dann eine Belohnung?«
    »Wenn man etwas Wichtiges weiß, dann muss man das sagen, einfach so, ohne Belohnung. Jetzt stell dir mal vor, deine Lehrerin würde glauben, dass ein Kumpel von dir etwas geklaut hat, und nur du weißt, dass das nicht stimmt, weil du mit ihm zusammen ganz woanders warst. Wenn du das jetzt nur sagen würdest, wenn es eine Belohnung gibt, das wäre ja wohl nicht fair, oder?«
    »Nö, aber mit Belohnung wäre es noch netter.«
    »Die Belohnung wäre, dass dein Kumpel dich für einen echten Freund hält. Und vielleicht lädt er dich ja zu einem Eis ein, um das zu feiern. Aber wenn du das vorher gewusst hättest, dann hätte deine Ehrlichkeit nicht so viel bedeutet.«
    »Ist mir doch sowieso klar.« Er klopfte ihr beruhigend auf den Arm und stürmte in die Küche. »Marie!«, rief er. »Du kriegst keine Belohnung, aber vielleicht, und ich sage nur vielleicht, lädt Marilene dich zu einem Eis ein. Die Wahrheit kann man nämlich nicht kaufen.«
    Typisch. Marilene

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