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Spur nach Ostfriesland

Spur nach Ostfriesland

Titel: Spur nach Ostfriesland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beate Sommer
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geschrieben, aber das sind nur wenige. Ich weiß zwar, was sie gekauft haben, weil die Uhrzeit auf dem Beleg mit der in unserem Archiv übereinstimmt – hier«, sie zeigte ihm die Liste, »aber daraus lässt sich nicht viel ableiten.«
    »Kein ›Entführung für Anfänger‹ dabei?«
    »Leider. Aber der Titel, so es ihn gäbe, wäre ohnehin indiziert und somit nicht bestellbar.«
    »Erinnern Sie sich an den Fall Natascha Kampusch?«, erkundigte Hartmann sich. »Da gab es doch das Gerücht, der Entführer habe sich an einem Roman orientiert. Halten Sie das für vorstellbar?«
    »Ich weiß nicht«, sie hob unschlüssig die Hände, »ich denke, der Vorsatz, eine solche Tat zu begehen, war zuerst da. Ein Buch, zumal ein Roman, kann höchstens ein paar Anregungen liefern, wie die Tat zu bewerkstelligen ist. Wenn die Lektüre ausschlaggebend wäre, könnten Sie sich vor Arbeit nicht retten. Was glauben Sie, wie gerade die blutigen Krimis boomen? Je ekliger, desto besser.«
    »Ist das vielleicht trotzdem ein Ansatzpunkt? Fällt Ihnen nicht jemand ein, der sich Franziska gegenüber auffällig verhalten hat  und  diese Art Bücher liest?«
    »Sie haben mir bei Ihrem ersten Besuch nicht geglaubt, dass ›auffälliges Verhalten‹ manchmal an der Tagesordnung ist, nicht wahr? ›Normalität‹ ist nicht die Regel. Nur lässt sich nicht – ganz unabhängig von der bevorzugten Lektüre – von Unhöflichkeit, Unverschämtheit, Sexismus oder Gleichgültigkeit auf einen Psychopathen schließen. Das wissen Sie doch besser als ich. Außerdem, fragen Sie mich aber nicht warum, sind es hauptsächlich Frauen, die so etwas lesen.«
    »Echt? Das ist ja verrückt.«
    »Die Welt  ist  verrückt, schlimm ist es nur, wenn die Realität die Fiktion noch übertrifft. Wie im Fall Kampusch. Glauben Sie, dass Franziska …« Sie konnte nicht weitersprechen.
    »Glauben ist nicht mein Metier«, wich Hartmann aus, »was wir brauchen sind Fakten.« Er schob die Stapel zusammen und klemmte sie sich unter den Arm. »Vielleicht haben Sie ja recht, und der Täter hat Franziska schon länger im Visier, dann finden wir ihn auch. Der Ansatz mit den Kundenlisten ist nicht schlecht.«
    »Er ist lückenhaft«, gestand sie, »denn die, die sich hier ein Buch ausgesucht und bar bezahlt haben, rutschen völlig durch.«
    ***
    Hartmann legte die Unterlagen auf den Beifahrersitz seines Wagens und knallte die Tür zu. Er zögerte. Sollte er noch einmal hineingehen und auf Marie warten, die eben eine Kundin bedient hatte? Nein, beschloss er, neutrales Terrain wäre besser, wenn er sie über ihren Arbeitgeber befragen wollte. Außerdem hegte er den starken Verdacht, dass Marilene ohnehin gestern mit ihr gesprochen hatte, obwohl er sie gebeten hatte, das nicht  zu tun. Hätte sie ihn natürlich mal anrufen können. Aber tat sie je das, was man von ihr erwartete?, fragte er sich säuerlich.
    Er schlug kurz aber heftig mit der Faust aufs Dach des Wagens und trat auf die Straße, um zur Fahrerseite zu gelangen, als er weiter vorn Frau Gentner aus einem dieser Geländewagen aussteigen und auf die Buchhandlung zugehen sah. Ausgang?, dachte er gehässig und ging ihr entgegen. »Guten Morgen«, sagte er mit mehr Freundlichkeit, als er empfand, »das ist ja eine Überraschung.«
    Sie zog mehrmals und ohne große Überzeugungskraft die Mundwinkel zu einem angedeuteten Lächeln, nur um sie gleich darauf wieder sinken zu lassen, so als wisse sie nicht recht, welche Begrüßung angemessen war. Schließlich wandte sie den Kopf zur Seite und streifte sich das glanzlose Haar vor das Gesicht. »Mein Mann bat mich, ein Buch für ihn zu bestellen«, sagte sie neutral. »Es eilt, und er kam telefonisch nicht durch und sagte, ich solle herfahren.«
    »Warum macht er das nicht selbst?«
    »Er hat auswärts einen wichtigen Termin.«
    »Wo wissen Sie aber nicht?«
    Sie schüttelte stumm den Kopf, was ihm einen kurzen Blick auf ihre ausdruckslose Miene gewährte. Genau wie gestern, dachte er, mit Ausnahme der paar Minuten, die sie allein gewesen waren. Er wünschte, er könnte diese Wandlung von Neuem herbeiführen, und zwar vor Zeugen. »Wie gut …«, er beschloss, die unerwartete Gelegenheit zu nutzen, »wie gut kennen Sie eigentlich Sönke Petersen?«
    »Ich sehe ihn nicht oft«, erklärte sie und schaute ihn noch immer nicht direkt an. »Er ist ein Freund meines Mannes. Er scheint ganz nett zu sein.«
    Ganz nett, dachte Hartmann, ein Attribut, das nun wirklich bar jeder

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