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Spur nach Ostfriesland

Spur nach Ostfriesland

Titel: Spur nach Ostfriesland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beate Sommer
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jede Regung auf der Straße registriert wird.«
    »Meine Rede. Und deswegen habe ich mich erst mal auf diesen Hintergrund beschränkt. Zwei Fälle könnten ins Raster passen.« Groen hob mit einiger Mühe die Füße vom Schreibtisch, beugte sich vor und reichte Hartmann eine Akte.
    »Claudia Schuch«, rezitierte Groen, »war fünfunddreißig, als sie vor mehr als zwei Jahren verschwand. Sie arbeitete bei der Kfz-Meldestelle in Idstein, war selbst nicht im Besitz eines Führerscheins und lebte mit ihrem Mann in Limburg. Pendlerin also, und der Weg zum Bahnhof in Idstein ist nicht frei von dunklen Ecken. Eines Morgens im November erschien sie einfach nicht zur Arbeit, ihr Verschwinden wurde allerdings erst am nächsten Tag der Polizei gemeldet, weil ihr Mann auf Geschäftsreise war.«
    Hartmann durchblätterte die Akte, blieb am Bild hängen, das eine Frau mit schulterlangem dunkelblondem Haar und einem hübschen, wenn auch nicht auffälligen Gesicht zeigte, blassblaue Augen, kaum sichtbare Brauen, sehr schmale Nase, ein verschmitztes Lächeln schien an ihren Mundwinkeln zu zupfen.
    »Das Paar war kinderlos«, fuhr Groen fort. »Der Mann beruflich viel unterwegs und sie eine unternehmungslustige Person, die, wie einige ihrer Kollegen nach ein wenig Druck verlauten ließen, auch dem gelegentlichen Seitensprung nicht abgeneigt war. Es gab keine fremden Spuren in der Wohnung, keine Lösegeldforderung, keine Hinweise aus der Bevölkerung, und die Überprüfung der Halter der neu angemeldeten Fahrzeuge, die sie in den Wochen vor ihrem Verschwinden bearbeitet hat, blieb ebenfalls ergebnislos, kein Vorbestrafter darunter. Das Alibi ihres Mannes war wasserdicht.«
    Groen hob ratlos die Schultern. »Nach acht Wochen wurde sie von einer Streife aufgegriffen. Sie hatte auf einer Bank am Idsteiner Bahnhof gesessen und Passanten nach dem Datum gefragt. Irgendjemandem war sie so seltsam vorgekommen, dass er sie gemeldet hat. Auch sie hat keine Angaben zu ihrem Verbleib machen können oder wollen, und wir haben sie zu unserem Psychologen geschickt, der sie an einen Kollegen überwiesen hat. Wir sind nicht drangeblieben, denn schließlich war sie ja wieder da, und es gab andere, dringendere Fälle.«
    Hartmann nickte stumm. Der eine Stein, den er nach so langer Zeit noch umdrehen konnte, war herauszufinden, ob Gentner oder Petersen in der fraglichen Zeit ein Fahrzeug angemeldet hatten. Oder Martens.
    »Dann ist da noch Inka Morgenroth.« Groen griff nach einem simplen Blatt Papier. »Sie stammt aus Leer und verschwand im November letzten Jahres«, begann er zusammenzufassen.
    »Leer?«, fragte Hartmann irritiert.
    »Ostfriesland«, erläuterte Groen.
    »Das ist mir durchaus bekannt, in Aurich ist’s schaurig, in Leer noch viel mehr«, rezitierte er den bis zu ihm vorgedrungenen Spruch, der nicht auf eigener Anschauung beruhte. »Aber was soll das mit uns zu tun haben?«
    »Wart’s ab. Sie ist zweiunddreißig, arbeitet bei einem Energieversorgungsunternehmen in Oldenburg, alleinstehend, aber locker liiert. Sie war hier zu irgendeiner Fortbildung und ist danach nicht nach Hause gekommen. Beziehungstat wurde ausgeschlossen, ihr Freund hatte ein wasserdichtes Alibi, und eine Lösegeldforderung ist nicht gestellt worden. Der Kursleiter sagte, sie sei den Aufgaben nicht gewachsen gewesen und einfach verschwunden, ohne sich auch nur abzumelden, weil sie sauer gewesen sei. Mehr habe seiner Meinung nach nicht dahinter gesteckt. Auch sie tauchte nach knapp acht Wochen wieder auf, ähnlich desorientiert wie Kainz und Schuch. Ihr Freund hat sie dann abgeholt.«
    »Ostfriesland«, nölte Hartmann und schnappte sich das Blatt von Groen. Das Foto war von schlechter Qualität, zeigte eine unauffällige Frau mit kurzem Haar von undefinierbarer Farbe – was man früher wohl einen Herrenschnitt genannt hatte –, sehr streng, sehr ernsthaft wirkend, dunkle Augen, die in die Ferne blickten, ein kantiges Gesicht, zu dem die vollen Lippen, die nicht die Andeutung eines Lächelns zeigten, nicht recht passten.
    »Das kann unmöglich derselbe Täter sein. Der Fall Kampusch spukt mir ja nun schon länger im Kopf herum. Aber mehrere Frauen? Die absolut nichts gemeinsam haben?«
    »Ich weiß auch nicht«, Groen kratzte sich nachdenklich den Kopf, »aber mein Bauch sagt mir, dass das grobe Muster hinkommt, auch wenn ich über Inka Morgenroth nicht genug weiß. Die übrigen Frauen haben alle mit Menschen zu tun gehabt, es dürfte nicht schwierig gewesen sein,

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