Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Spuren des Todes (German Edition)

Spuren des Todes (German Edition)

Titel: Spuren des Todes (German Edition)
Autoren: Judith O'Higgins , Fred Sellin
Vom Netzwerk:
können.
    Die Obduktion sollte sofort durchgeführt werden, um Klarheit über die Todesursache zu erhalten. Die Theorien des Klimaforschers waren offenbar nicht unumstritten. Er hatte – damals in den siebziger Jahren – zu den Ersten gehört, die vor der globalen Erderwärmung durch Kohlenstoffdioxid warnten, und dabei wohl auch stets betont, dass diese kein unausweichliches Schicksal sei, sondern
man-made
 – von uns Menschen verursacht. Es hieß, er sei in der Vergangenheit immer mal wieder mit Morddrohungen bedacht worden. Kann sein, dass es in jüngerer Zeit auch welche gegeben hatte, das weiß ich aber nicht.
    Gestorben war er allerdings an einer Lungenembolie, daran gab es nach der Obduktion keinen Zweifel – verursacht durch eine tiefe Beinvenenthrombose. Der Mann musste aber auch Herzprobleme gehabt haben. Ich fand Zeichen für eine Herzinsuffizienz.
     
    Bevor ich zum Dienst erscheine, bekomme ich telefonisch oder per E-Mail mitgeteilt, wie viele Sektionen ich durchzuführen habe. Meistens geschieht das am Tag vorher. In Uxbridge warteten diesmal sieben Leichen auf mich.
    Die Fahrt nahm mehr Zeit in Anspruch, als ich mir vorher ausgerechnet hatte. Nördlich der Themse kam ich nur schleppend voran – stop and go. Als ich endlich die Kingston Lane in Uxbridge erreichte, war es bereits nach neun Uhr. Die Mortuary liegt am Rande eines Friedhofs. Drei Seiten des Gebäudes sind von Bäumen gesäumt, ein paar Meter dahinter beginnen Gräberreihen. Gegenüber, auf der anderen Straßenseite, breitet sich der weitläufige Campus der Brunel University aus.
    Ich begann mit der Leiche eines siebenundsechzigjährigen Mannes, der einen Herzinfarkt erlitten hatte. In dessen Folge war es zu einer Herzwandruptur gekommen, die schließlich zu einer Herzbeuteltamponade geführt hatte. Und die war tödlich gewesen. Das alles kam erst bei der Obduktion heraus. Vorher hatte sich niemand einen Reim darauf machen können, woran der Mann so plötzlich gestorben war.
    Es folgte die Leiche einer einundneunzigjährigen Frau. Auch bei ihr ließ sich eine klare Todesursache finden: Lungenentzündung. In diesem Alter sind die Überlebenschancen gering, zumal der Körper der Verstorbenen extrem abgemagert und geschwächt war. Aber auch so ist Lungenentzündung die Infektionskrankheit, die in den westlichen Industrieländern am häufigsten zum Tod führt.
    Bei Leiche Nummer drei handelte es sich um einen Mann, der nur fünfundfünfzig Jahre alt geworden war. Aus dem Coroner’s Officers Report ging hervor, dass er auf einem Gehweg kollabiert und den alarmierten Rettungssanitätern verwirrt erschienen war. Sie brachten ihn in ein Krankenhaus. Dort stellte man einen Harnwegsinfekt fest. Außerdem litt er an Bluthochdruck und Diabetes mellitus. Und er war völlig dehydriert, deswegen dürfte er so verwirrt gewesen sein. Der Harnwegsinfekt wurde mit Antibiotika behandelt, man führte dem Patienten ausreichend Flüssigkeit zu, sein Zustand schien unter Kontrolle zu sein. Doch zwei Tage später starb er plötzlich, und das konnte man sich nicht erklären. In Deutschland wäre das kein Fall für eine Obduktion gewesen, es sei denn, es wäre jemand gekommen und hätte den Verdacht geäußert, der Mann sei falsch behandelt worden. Aber das war er nicht.
    Bei der Obduktion sah ich mir sein Herz genauer an. Ich schnitt die Gefäße auf und stellte fest, dass eine der drei Herzkranzschlagadern verschlossen war. Ein Blutgerinnsel hatte sich wie ein Pfropfen festgesetzt. Das konnte man mit bloßem Auge sehen. Wenn so etwas passiert, und es haben sich vorher keine Kollateralen – also Seiten- oder Nebenäste – gebildet, die den Bluttransport sicherstellen, ist die Chance, zu überleben, äußerst gering. Es sei denn, man wird sofort mit einem Stent oder einem Bypass versorgt.
    Die Leiche, die ich mir anschließend vornahm, war die eines vierundvierzigjährigen Mannes, der als Flüchtling den Irak verlassen hatte. Irgendwie musste er sich nach Syrien durchgeschlagen haben. In Damaskus war er in ein Flugzeug gestiegen, das ihn in die USA bringen sollte, ich glaube, nach Chicago. Während des Flugs war er jedoch kollabiert. Daraufhin legte die Maschine in Heathrow eine Zwischenlandung ein, er wurde sofort in ein Krankenhaus gebracht, wo er zwei Tage später an Multiorganversagen starb.
    Ich diagnostizierte das Budd-Chiari-Syndrom, eine seltene Erkrankung der Leber, bei der es schlimmstenfalls zum vollständigen Verschluss der abführenden
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher