Spuren im Nichts
stammten von Freunden oder Verwandten. Einige mit Ratschlägen, andere gaben unverblümt zu, froh zu sein, dass sie am Ende doch keine gewöhnliche Diebin war. Das Institut hatte bereits seine Stellungnahme abgegeben, in der es zum Ausdruck brachte, dass die gesamte Hammersmith- Affäre auf einem Missverständnis beruhe. Ein paar Anwälte hatten sich gemeldet, die meinten, Kim solle jemanden verklagen, meistens das Institut, weil es ein Schiff mit unsicheren Maschinen betrieben hatte oder weil sie diffamiert worden war. Sheyel gab seiner Sorge Ausdruck, der Zwischenfall könnte mit der Hunter in Verbindung stehen, und dass er dankbar und überrascht gewesen war festzustellen, dass sie so viel Mühen auf sich genommen hatte, um die Wahrheit herauszufinden. Er war, fügte er hinzu, begierig zu erfahren, inwieweit sie das Rätsel gelöst hatte.
Die Todesursache Emilys waren dem gerichtsmedizinischen Gutachten zufolge schwere Verletzungen der Brust und des Bauchbereichs, möglicherweise verursacht durch einen Partikel- oder Laserstrahl. Gerüchte über einen Skandal gingen um: Es hätte Streit an Bord gegeben, und sie war aus der Luftschleuse gestoßen worden; Kane und Tripley hatten gemeinsame Sache gemacht und die beiden Frauen ermordet, möglicherweise, weil sie sich geweigert hatten, an irgendeinem bizarren sexuellen Ritual teilzunehmen; das Leben an Bord der Hunter war orgiastisch gewesen, und der Mord war nach einer wilden Nacht voller Ausschweifungen erfolgt; Kane und Tripley waren homosexuell und hatten keine Lust mehr gehabt, den ständigen Forderungen der beiden Frauen nachzugeben, weswegen sie die eine als Lektion für die andere getötet hatten. Die Behörden versprachen, die ganze Angelegenheit bis ins kleinste Detail aufzuklären. Der Ruf beider Männer war gründlich zerstört. Und Kim fühlte sich schuldig.
Ben Tripley war zu seiner Überraschung von einem Hagel von Verdächtigungen in die Defensive gedrängt worden. Tora Kane hatte eine knappe Verlautbarung herausgegeben, dass ihr Vater niemals vorsätzlich einem anderen Menschen Schaden zugefügt hätte. Am nächsten Tag kommentierte ein Herausgeber trocken, dass im Verlauf des Krieges unzählige Verteidiger Pacificas unter seinen Händen gestorben waren.
Die offizielle Geschichte verlegte den Schauplatz von Emilys Tod mehrere hundert Lichtjahre weg vom Alnitak, um kein Interesse an der tatsächlichen Fundstelle zu wecken.
Kim hatte noch immer keine Idee, warum oder wie die beiden Frauen gestorben waren. Sie fühlte sich verantwortlich wegen der Vorwürfe, die gegen Tripley und Kane erhoben wurden, doch selbst sie konnte nicht mit Sicherheit ausschließen, dass die beiden Männer genau das getan hatten, weswegen man sie verdächtigte. Schließlich waren die beiden Frauen ermordet worden, so viel stand nun einmal fest.
Im Institut wurde ihr ein kühler Empfang bereitet. Sollys Freunde, die offensichtlich zahllos waren, fragten sich nicht selten in ihrer Gegenwart, was so wichtig gewesen sein könnte, dass er sein Leben dafür gegeben hatte, und wie es ihr gelungen war, im Lander zu entkommen, während Solly im Schiff mit den, wie es in der offiziellen Verlautbarung geheißen hatte, überladenden Sprungmotoren zurückgeblieben war. Sie bedrängten sie und verlangten Antworten, und die Geschichte, die Kim erzählte, nämlich dass sie einem mutmaßlichen Erstkontakt nachgegangen seien, wurde als wenig überzeugend abgetan. Kim wurde zu einer Aussätzigen.
Agostino stellte sie wieder ein, doch er weigerte sich, sie in seinem Büro zu empfangen, als sie sich bei ihm bedanken wollte. Man informierte sie, dass er ihr die Schuld dafür gab, dass das Projekt Leuchtfeuer eingestellt worden war. Sie wies Matt darauf hin, dass das Projekt sowieso obsolet geworden war.
»Das spielt doch keine Rolle«, entgegnete Matt. »Viele Menschen haben ein Leben lang für das Projekt gearbeitet. Es hat uns Geld für andere Forschungen gebracht; niemand weiß das besser als du. Und die Allgemeinheit weiß eben nicht, dass es überflüssig geworden ist. Sie glaubt, dass es irgendwie fehlgeschlagen ist.«
Als Emilys Leichnam freigegeben wurde, arrangierte Kim eine feierliche Bestattung.
Die Zeremonie fand an einem schönen Nachmittag im April unter einem stillen Himmel statt. Kim hatte einen kleinen Hain nicht weit vom Institut ausgewählt, und viele Freunde und Familienangehörige waren gekommen. Die Sea Knights waren ebenfalls da, boten ihr Mitgefühl an und stützten
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