Spuren im Nichts
»Aber lasst uns nicht schon jetzt anfangen zu spekulieren.«
Antennen und Sensoren kamen in Sicht. Kane klopfte gegen das Fenster. »Es hat einen Klayson-Ring!«
Es dauerte eine Minute, bis ihnen klar wurde, welche Schlussfolgerungen sich daraus ergaben.
Ein Klayson-Ring deutete auf Hyperraum-Fähigkeit hin.
»Mal abgesehen von der Größe«, sagte Emily, »hat einer von euch schon mal so ein Design gesehen?«
Kane schüttelte den Kopf. »Ich habe bereits in den Datenbanken nachgesehen«, sagte er. »Es passt zu überhaupt nichts, das wir gebaut haben.«
»Es ist eine Sonde«, sagte Emily. »Wahrscheinlich hat sie irgendein Forschungsschiff zurückgelassen, das hier im System war.«
»Kann nicht sein«, widersprach Kane.
»Warum nicht?«
»Der Klayson-Ring.«
»Einige unserer Sonden besitzen Klayson-Ringe«, beharrte Emily.
»Sicher, aber sie sind nicht so winzig. Wir wissen gar nicht, wie man einen Sprungmotor in ein so kleines System packen kann. Es sei denn, in den letzten Monaten hat es ein paar gewaltige technische Fortschritte gegeben, von denen ich nichts weiß.«
»Willst du damit sagen, dass es ein außerirdischer Artefakt ist?« fragte Yoshi. Sie hauchte die letzten Worte nur.
Kane stand auf, trat zum Fenster und betrachtete das Gebilde. »Ich möchte keine allgemeine Aufregung verursachen, aber ich glaube nicht, dass wir oder irgendjemand, den wir kennen, dieses Ding hier zurückgelassen hat.«
Sie blickten einander an. Auf ihren Gesichtern erschien ein zaghaftes Lächeln. Emily presste die Hand auf die Lippen. Tripley blickte sich auf der Brücke um, als fürchtete er, jemand könnte eine andere, einfachere Erklärung liefern. Yoshi stand regungslos neben Kane und starrte auf die Fenster.
»Lasst euch nicht von seiner Größe täuschen«, sagte Kane. »Vielleicht können wir trotzdem mit ihm Kontakt aufnehmen. Vielleicht ist eine KI oder etwas Ähnliches an Bord.«
»Ich möchte eine Frage stellen«, sagte Tripley. »Muss denn intelligentes Leben groß sein?«
Emily nickte. »Theoretisch zumindest, ja. Schließlich muss das Gehirn eine gewisse Größe besitzen.«
Aber niemand wusste es mit Bestimmtheit.
Kane blickte von seiner Konsole auf. Diesmal schien er allein auf der Brücke zu sein. »Kile«, sagte er in den Kommlink.
Tripley und die anderen erschienen buchstäblich binnen Sekunden.
»Ich messe Energieemissionen«, eröffnete er ihnen. »Das Objekt ist nicht tot.«
»Das ist ja wunderbar!« Tripley stieß die rechte Faust in die Luft und drehte sich zu den Frauen um. »Meine Damen!«, sagte er. »Ich glaube, wir haben es tatsächlich geschafft!«
Alle fielen sich in die Arme. Emily küsste Kanes Hals, während er vorgab, verlegen zu sein, und Yoshi warf ihre Arme um ihn.
»Von diesem Augenblick an«, verkündete Tripley, »gehen wir von der Annahme aus, dass dort drüben Leben existiert.«
Als sie die Schildkröte eingeholt hatten, befanden sie sich hoch über dem Nordpol des Gasriesen und blickten auf die gesamte Pracht der Ringe hinunter. Kane steuerte die Hunter bis auf vierzig Meter an das fremde Objekt heran. Er hatte den Annäherungsvektor so ausgewählt, dass der Alnitak hinter ihnen war und die Aufnahmeoptiken nicht blenden konnte.
Alle hatten sich im Missionskontrollzentrum versammelt, mit Ausnahme von Kane, der auf der Brücke blieb. Tripley nahm hinter der Kommunikationskonsole Platz, blickte die anderen an und gab dann Kane das Signal, dessen virtuelles Bild einen der Sitze einnahm. Kane nickte, und Tripley legte den Zeigefinger auf die Übertragungstaste. Kane hatte darauf hingewiesen, dass die KI zwar sämtliche Sendeversuche übernehmen konnte, aber der Augenblick war in geschichtlicher Hinsicht einfach zu groß.
»In Ordnung«, sagte Kane. »Wenn du so weit bist …«
Tripley drückte auf die Taste. Einmal, zweimal. Er blickte die anderen an und strahlte. »Vielleicht …«, sagte er, »vielleicht wurde gerade die erste Unterhaltung …«
Er drückte die Taste erneut. Dreimal.
»… zwischen Menschen und ihren Brüdern von den Sternen …«
Viermal.
»… eingeleitet.«
Sie blickten einander erwartungsvoll an. In den Fenstern taumelte der Schildkrötenpanzer träge vor dem Hintergrund einer Mondlandschaft.
»Alles dunkel da drüben«, sagte Kane.
Emily schüttelte den Kopf. »Es ist zu klein. Eine Schande ist das, wirklich. Aber ich gebe mich auch mit einem Artefakt zufrieden.«
»Du gibst viel zu schnell auf«, entgegnete Yoshi. »Versuch es
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