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Spuren im Nichts

Spuren im Nichts

Titel: Spuren im Nichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack McDevitt
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beispielsweise, dass kein Geist, der etwas auf sich hielt, in diesem Wetter herumspuken würde. Einmal bemerkte Solly sogar draußen vor dem Flieger eine Bewegung – haha.
    Sollys Erzählung von dem verwunschenen Passagierabteil kam ihr wieder in den Sinn. In diesem Augenblick, hier draußen in der Einsamkeit und im grünlichen Licht der Instrumentenbeleuchtung, schienen solche Dinge mit einem Mal möglich.
    Sie waren nur noch wenige hundert Meter über dem Boden, als sie aus der Schlechtwetterfront kamen. Die Überreste des Severin Damms ragten ein kurzes Stück vor ihnen auf.
    Der Damm war nicht wirklich abgetragen worden. Man hatte die geschwächten Sektionen herausgesprengt und den Rest einfach stehen gelassen. Der Fluss gurgelte über Schutthaufen hinweg und um Betonplatten herum. Die Platten schienen sich zu bewegen, doch das lag an den Scheinwerfern des Fliegers, deren Licht vom Wasser reflektiert wurde. Der Flieger ging noch tiefer, und ein paar letzte Schneeflocken wirbelten auf.
    Sie flogen über Ruinen dahin. Auf der Südseite zwängte sich der Fluss durch eine enge Schlucht und leerte sich in den Lake Remorse. Der Himmel war immer noch wolkenverhangen, und der See blieb unsichtbar, bis sie direkt über ihm waren.
    Solly befahl der KI, die Suchscheinwerfer einzuschalten. Sie gehorchte, und ein doppelter Lichtkegel huschte durch die Dunkelheit. Doch außer Wasser war nichts zu sehen.
    »Der See ist fast ein kleines Binnenmeer«, sagte Kim, als ihr wieder einfiel, dass er an seiner breitesten Stelle mehr als zwanzig Kilometer maß.
    Sie glitten durch die Nacht, unter einem schweren Himmel hinweg, ohne viel zu reden. Irgendwann erschien die Küste auf dem Schirm. Wälder, hauptsächlich. Ein paar Hügel, ein paar offene Flächen. Und dann entdeckte Kim ein paar Steinwände und eingefallene Häuser im flachen Wasser.
    Das Dorf hatte am Südufer des ursprünglichen Sees gelegen, der damals ebenfalls Severin geheißen hatte. Doch nachdem sie den Damm abgebrochen hatten, war der See angeschwollen und hatte den größten Teil des Dorfes verschlungen.
    Kim blickte auf eine Welt hinunter, die von Schnee bedeckt war.
    »Ich bin überrascht, dass niemand Anspruch auf dieses Gebiet erhoben hat«, bemerkte Solly. »Es wäre nicht besonders aufwändig, ein neues Dorf zu bauen.«
    Sie kreisten auf der Suche nach Tripleys Villa. Nach der Karte zu urteilen lag sie auf einem niedrigen Hügel direkt außerhalb des Dorfes, vielleicht hundert Meter nördlich der Scott Randall Stahles, eines Gestüts, das zur Zeit des Unglücks berühmt gewesen war für seine hervorragende Rennpferdzucht. Sie entdeckten die Ruinen, nur noch ein paar eingestürzte Gebäude und ein paar Zäune.
    »Das Problem ist nur«, sagte Solly, »dass wir hier nirgendwo landen können. Keine freie Fläche.«
    »Dort.« Ein Streifen Strand.
    Solly zögerte. »Das wird ein weiter Marsch«, sagte er. Doch es war alles, was sie hatten, und so landete die KI den Flieger.
    Sie sanken in den Schnee. Kim schlug ihre Kapuze nach vorn und justierte die Schlechtwettermaske, während Solly seine Stiefel anzog. Das Wasser wirkte aufgewühlt im Licht der Scheinwerfer, und als Kim die Tür öffnete, um auszusteigen, hätte der Sturm sie ihr fast aus der Hand gerissen.
    Vom Dorf war nicht viel zu sehen, nur ein oder zwei Häuser im Wasser. Ein alter Beobachtungsturm der Rettungsschwimmer stand in der Nähe des Ufers, und ein weißes Gebäude mit der Aufschrift IMBISS versank im weißen Sand. »Das hier ist Cabry’s Beach«, sagte Kim und las den Namen von der Karte ab.
    Solly stieg aus und blickte sich um. Der Wind wehte ihm die Haare in die Augen.
    »Hast du nichts für auf den Kopf mitgebracht?«, fragte Kim.
    »Nein«, antwortete er. »Ich wusste nicht, dass wir einen Spaziergang unternehmen würden.«
    »Du wirst frieren.« Sie warf einen Blick auf die Rücksitze. »Ich habe noch eine Gebirgsmütze irgendwo dort hinten.«
    »Schon gut, Kim. Es macht mir nichts aus, wirklich.«
    Sie fand die Mütze und hielt sie ihm entgegen. Doch er erwiderte nur stur ihren Blick, ohne die Mütze zu nehmen. Sie zuckte die Schultern und schaltete ihre Armbandlampe ein. »Vielleicht solltest du so lange hier warten?«
    »Gehen wir«, brummte er, schlug den Jackenkragen hoch und steckte die Hände in die Taschen.
    Sie drehte die Innenheizung der Jacke auf, und sie setzten sich in Richtung der Bäume in Bewegung. Der Schnee knirschte unter ihren Stiefeln. Der Wind wehte ihnen unablässig

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