Spuren im Nichts
aus Ziegeln. Zwei Stockwerke, Glaskuppel, ovale Fenster, Rotunde, ein Turm. Nichts von dem billigen Zeug aus Massenproduktion, nicht für Kile Tripley. Kim stand im Schnee und starrte die Ruine wie versteinert an.
»Was denkst du?«
»Wie vergänglich doch alles ist. Ich habe mich gefragt, ob Emily jemals hier war.«
Gefolgt von Solly trat sie über die Schwelle in die Rotunde. Es tat gut, endlich den Wind hinter sich zu lassen. Sie ließ ihren Armbandscheinwerfer über das Interieur gleiten, das von den Elementen zerstört worden war. Ein Stockwerk über ihr war die Glaskuppel mit Schmutz und Vegetation bedeckt. Während Tripleys Zeit hätte man von hier aus die Sterne sehen können.
Die Wände waren modrig und bröckelten. Eine zusammengesackte Treppe zog sich an der Wand entlang hinauf in den ersten Stock, wo sie in einen runden, umlaufenden Balkon mündete. Auf beiden Etagen gab es mehrere Türen, in der unteren zusätzlich einen offenen Kamin.
Eine Tür hing schief im Rahmen. Andere waren ganz verschwunden. Direkt vor Kim und im hinteren Teil der Rotunde öffnete sich ein zentraler Korridor, der zur rückwärtigen Seite des Hauses führte. Solly richtete seine Lampe hinein, und sie entdeckten am hinteren Ende eine Treppe, die nach unten führte.
Der Boden knarrte. »Pass auf, wo du hintrittst«, sagte er.
Alles war voller Blätter und Schmutz. Die ebenerdigen Räume schienen leer zu sein. Kim schwenkte ihren Scheinwerfer nach oben und versuchte, hinter den Eingängen in der zweiten Etage etwas zu erkennen. An den Wänden bewegten sich Schatten.
»Ich glaube nicht, dass wir hier viel finden werden«, sagte Solly.
Klauen tippelten kratzend über eine harte Oberfläche. Ein Tier flüchtete vor dem Licht, doch Kim konnte nicht erkennen, was es war.
»Wahrscheinlich ein Eichhörnchen«, sagte Solly.
»Oder eine Ratte.«
Der Wind heulte um das Haus. Äste knackten.
Wäre sie allein gewesen, hätte sie sich an diesem Punkt zur Umkehr entschlossen und wäre zum Flieger zurückgekehrt. Sie hatte ihre Verpflichtung gegenüber Sheyel erfüllt. Und gegenüber Emily.
Doch sie waren den weiten Weg hierher gekommen, und Solly würde erwarten, dass sie zumindest einen Blick in die Zimmer warf.
Zuerst die Treppe hinauf. Nach oben und die Ratte verscheuchen. Solly ging als Erster und prüfte misstrauisch jede einzelne Stufe, bevor er den nächsten Schritt machte. Die gesamte Konstruktion schwankte und bog sich unter ihrem Gewicht. Ziemlich weit oben brach eine Diele. Er verlor das Gleichgewicht und packte das Geländer, das nach außen hin nachgab. Solly wäre abgestürzt, hätte Kim ihn nicht geistesgegenwärtig gepackt und zurückgerissen. Zufrieden verglich sie ihre Tat mit der des jungen Mädchens bei der Germane Society.
»Vielleicht ist es gar keine so gute Idee«, sagte er mit immer noch zitternden Knien. Vorsichtig stiegen sie die restlichen Stufen hinauf und spähten flüchtig durch jede Türöffnung. In einigen Zimmern war die Decke eingestürzt. Alle Räume waren voller Schmutz und Blätter. Teppiche hatten sich in Moder verwandelt.
Sie fanden ein zerbrochenes Bettgestell und einen Sekretär ohne Schubladen, einen zusammengefallenen Tisch, zwei Stühle. Der Gestank war penetrant.
Rohre ragten aus eingefallenen Wänden. Wannen, Toiletten und Duschen waren mit den Überbleibseln von Jahrzehnten gefüllt.
Sie kehrten nach unten zurück.
Die Zimmer im Erdgeschoss waren nicht ganz so heruntergekommen, wahrscheinlich, weil sie den Elementen nicht so schutzlos ausgesetzt waren. Doch auch hier gab es nichts mehr an Mobiliar, das noch in einem brauchbaren Zustand gewesen wäre. Von den Decken baumelten Kabel, die Böden waren verrottet, und in einer Ecke hinter einem umgekippten Tisch fanden sie ein halb aufgefressenes Eichhörnchen. Als Kim den Tisch wieder aufrichtete, entdeckte sie, dass die Oberseite ein eingelassenes Schachbrett enthielt. Sie hatte irgendwo gelesen, dass Kane ein begeisterter Schachspieler gewesen war und fragte sich, ob er oder Tripley je hier gesessen und gespielt hatten. Und wenn ja, wer von beiden gewonnen hatte.
Sie überquerte den Korridor zur Küche und dem Esszimmer, fand einen zerbrochenen Stuhl und Scherben von Geschirr. Im Boden hatte Unkraut gewurzelt.
Solly stand in der Mitte der Rotunde, leuchtete mit seiner Lampe herum, zitternd vor Kälte und ungeduldig, endlich wieder zu gehen.
Kim ging zu der Treppe auf der Rückseite des Hauses, die nach unten führte. »Nur noch
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