Spuren im Nichts

Greenway weg gewesen. Obwohl sie sich die Sache bestimmt noch einmal überlegt hätte, hätte man ihr eine Reise an Bord der Hunter angeboten.
    Der Käufer 574 war der Besitzer einer Brennerei gewesen. Im Verlauf der nächsten sechs Jahre wechselte die Jacht mehrmals den Besitzer, bevor Worldwide sie schließlich bei einer Zwangsversteigerung anlässlich eines Bankrotts erwarb. Seitdem wurde die Hunter hauptsächlich eingesetzt, um Vorstände oder gelegentlich Persönlichkeiten aus der Politik zwischen den Neun Welten hin und her zu chauffieren.
    Sie ging die Spezifikationen durch, untersuchte Einzelheiten des Antriebs und der Navigationssysteme, die Lebenserhaltung, die Bord-KI und alles andere, das vielleicht irgendwie behilflich sein mochte. Sie war überrascht festzustellen, dass der Bordsender der Hunter omnidirektional arbeitete und über zusätzliche Verstärker verfügte.
    Das erschien ihr merkwürdig – bis ihr wieder einfiel, welche Mission die Hunter und welche Erwartung ihre Passagiere ursprünglich gehabt hatten. Sie hatten nicht einfach nach Leben gesucht, sondern nach intelligentem Leben. Für sie hatte es nur zwei Möglichkeiten des Erfolgs gegeben. Die Entdeckung einer Zivilisation – oder die Begegnung mit einem anderen Schiff. Falls sie auf eine Zivilisation stießen, waren starke, omnidirektionale Sender viel besser geeignet. Hallo, alle zusammen. Kim war beeindruckt. Diese Leute hatten nicht in kleinen Dimensionen gedacht.
    »Shepard«, sagte sie. »Verbinde mich mit Worldwide.«
    Die KI gehorchte, und ein graphisches Symbol erschien auf dem Schirm, ein animiertes Raumschiff, das lächelte, während es sich den orbitalen Anlagen des Konzerns näherte. Eine Bai öffnete sich, und Licht fiel heraus. Eine menschliche Hand schrieb in goldener Schrift das Motto von Worldwide: STIL UND SUBSTANZ. Dann blickte Kim eine junge Frau entgegen, groß, blond und reserviert.
    »Guten Abend, Dr. Brandywine«, sagte die Frau und las Kims Namen vom Monitor ab. »Mein Name ist Melissa. Wie kann ich Ihnen behilflich sein?«
    »Hallo, Melissa. Ich arbeite als Forscherin beim Seabright Institute. Ich würde sehr gerne einen Blick auf die Hunter werfen. Aus der Nähe, meine ich.«
    Melissa lächelte und unterhielt sich leise mit jemandem außerhalb des Bildes. »Selbstverständlich, Doktor. Ich wüsste nicht, was daran problematisch sein sollte. Wann möchten Sie kommen?«
    »Freitag?«
    »Das geht in Ordnung. Würde Ihnen der späte Nachmittag passen, sagen wir sechzehn Uhr?«
    »Ja«, antwortete Kim. »Ich danke Ihnen. Ach so, noch eine Sache, Melissa. Ich bin hauptsächlich an der Vergangenheit des Schiffes interessiert.«
    »Ah. Ja.« Auf Melissas Gesicht erschien wieder ein Lächeln. »Die Geschichte mit dem Mount Hope, nicht wahr?«
    »Auch die, ja«, sagte Kim. »Können Sie mir sagen, ob es möglich ist, die Logs der letzten Fahrt der Tripley Foundation einzusehen?«
    »Oh, ich fürchte nein, Dr. Brandywine. Wir haben nichts damit zu tun. Nicht, dass Sie mich falsch verstehen – wir waren niemals im Besitz der Logbücher.«
    »Wissen Sie vielleicht, wer sie hat?«
    »Bestimmt wurden sie an die Archive weitergeleitet, als das Schiff zum ersten Mal den Besitzer wechselte. So verlangt es das Gesetz.«
    »Danke sehr, Melissa.« Sie beendete die Verbindung und rief ein weiteres Mal nach Shepard. »Ich möchte, dass du eine Hyperkomm-Nachricht für mich abschickst.«
    »An wen?«
    »Weiß ich nicht genau. An das Operationszentrum von St. Johns. Such die administrative Struktur und finde heraus, wohin es gehen muss.«
    »Verstanden. Text?«
    »Erbitte den Flugplan der Hunter, die letzte Mission für die Tripley Foundation von 573, Greenway-Zeitrechnung. Sieh das korrekte Datum nach und setz es ein.«
    »Möchtest du, dass ich die Sendung sofort abschicke?«
    »Sobald sie fertig ist.«
    »Die Signallaufzeit hin und zurück beträgt etwa vier Tage, Kim. Plus der Zeit, die sie für die Antwort benötigen.«
    »In Ordnung. Und jetzt verbinde mich bitte mit den Archiven.«
    Das runde Wappen der Republik erschien: ein weißer Stern vor einem grünen Hintergrund. GROSSREPUBLIK EQUATORIA stand auf dem oberen Rand zu lesen, das Motto FRIEDEN, GERECHTIGKEIT, FREIHEIT am unteren. Das Wappen verschwand, und ein junger Mann blickte sie hinter einem Schreibtisch hervor an. Er wirkte interessiert und aufmerksam, deswegen vermutete sie, dass er ein virtueller Sekretär war.
    »Guten Abend, Dr. Brandywine. Ich bin Harvey