Spuren im Nichts
Norden.
Sie stellte einen Verbindung zu Shepard her.
»Hallo, Kim«, meldete sich die Haus-KI. »Kann ich dir helfen?«
»Ja. Hat sich Professor Tolliver heute schon bei dir gemeldet?«
»Nein. Möchtest du, dass ich dich benachrichtige, wenn er anruft?«
»Ja«, antwortete sie. »Tu das bitte.«
»Sonst noch etwas?«
»Was weißt du über die Hunter? Das Raumschiff der Tripley Foundation? Was haben wir darüber?«
Eine kurze Pause entstand. Dann: »Die Kile Tripley Foundation existiert nicht mehr. Sie wurde vor dreizehn Jahren von Benton Tripley liquidiert und ersetzt durch die …«
»Ja, ja, schon gut«, unterbrach ihn Kim. »Erzähl mir von dem Schiff.«
»Die Hunter«, begann Shepard, »wurde am 3. Mittwinter 544 für die Foundation in Dienst gestellt.« Mittwinter war der dreizehnte Monat auf Greenway, angefügt an den Dezember, um den Kalender zu korrigieren. Normalerweise besaß der Mittwinter zweiundzwanzig Tage, doch hin und wieder fiel einer weg, ganz ähnlich, wie der Februar in der alten Heimat in manchen Jahren einen Tag hinzugewann, um die Jahreszeiten und den irdischen Kalender zu synchronisieren. »Ihr Haupteinsatzzweck waren ausgedehnte Forschungsreisen in vorher unbekannte Gegenden. Im Jahre 578 wurde die Hunter an die Alway Research verkauft.«
»Wo ist sie jetzt?«
»Gegenwärtig befindet sie sich im Besitz von Worldwide Interior. Sie liegt in ihrer Niederlassung von Sky Harbour im Dock.«
»Hast du nicht ein Glück?«, fragte Solly.
Kim aktivierte den zweiten Schirm. »Können wir einen Blick darauf werfen, Shep? Wie sie 573 ausgesehen hat?«
Ein Index erschien auf dem zweiten Schirm. Kim ging eine Reihe von Diagrammen durch. Für ein interstellares Schiff war sie klein, die Jacht eines reichen Mannes, von Tripley selbst entworfen. Er hatte sie nach dem Vorbild seines Hauses auf Cedar Island gestaltet. Der Hauptkorridor in Ebene zwei, umgeben von einer Galerie mit Treppenhäusern zu beiden Seiten. Dicke Teppiche, ein Spielzimmer, eine Bibliothek, ein Flugdeck, auf der oberen Etage die Kommandozentrale. Das externe Design wies Türme und Balkone auf. Überall im Schiff gab es Sichtpaneele, die innen im Schiff den Eindruck von Bullaugen erweckten und auf den Baikonen die Illusion einer freien Sicht nach draußen boten. Man konnte tatsächlich auf einer Veranda sitzen und auf den Kosmos hinaus sehen, als wären die Fenster aus Glas.
Die Hauptantriebe und die Sprungmotoren waren achtern untergebracht. Frachträume, Lager und Hangar befanden sich unten im Bauch.
Sie ließ das Schiff rotieren und nahm die Oberseite ab.
»Du bist ziemlich gut damit«, bemerkte Solly.
»Womit?«
»Mit dem Sammeln und Visualisieren von Daten.«
»Damit verdiene ich meinen Lebensunterhalt. Glaubst du vielleicht, wir ziehen unsere Sponsoren wie Kaninchen aus einem Hut?«
»Du stellst tatsächlich Nachforschungen über diese Leute an?«
»Selbstverständlich. Das Institut verschlingt eine ganze Menge Geld. Wir haben einfach nicht die Zeit, aufs Geratewohl nach Sponsoren Ausschau zu halten.«
»Aber es gibt Gesetze über Privatsphäre.«
»Sie sind ziemlich locker. Das meiste von dem, was du in deinem Leben gemacht hast, ist irgendwo dort draußen festgehalten, wenn du nur weißt, wo du nachsehen musst. Möchtest du vielleicht, dass ich dir ein paar Beispiele aus deinem Leben gebe?«
»Lass nur«, sagte er.
Sie lächelte, brachte die Bugsektion der Hunter näher heran und untersuchte das Innere. Üppige Ausstattung. Echtes Leder. Pflanzen. Wandbehänge. Das klassische Mobilheim für einen Vorstand auf Reisen.
Kim war nur einmal an Bord eines interstellaren Liners gewesen. Als sie zwölf gewesen war, hatte ihre Familie eine Reise nach Minagwa unternommen, wo Kims Mutter Verwandte besaß. Die Reise hatte elf Tage gedauert – in eine Richtung. Wenn ihre Erinnerung sie nicht täuschte, waren die Kabinen klein gewesen, die Bullaugen schmuddelig grau, und sie hatte geglaubt, die Reise würde niemals enden. Es war aufregend gewesen, in der Nähe der strahlend goldenen Sonne dieser anderen Welt herauszukommen. Und Minagwa selbst war schön, eine Zwillingswelt, beide bewohnt, beide mit Ozeanen. Trotzdem, es war die Entbehrungen nicht wert gewesen. Als sie zwei Monate später wieder nach Greenway zurückgekehrt waren, hatte Kim sich geschworen, einmal und nie wieder. Keine wochenlangen Reisen mehr eingequetscht wie in eine Sardinendose. Und sie hatte ihr Versprechen gehalten. Sie war nie wieder von
Weitere Kostenlose Bücher