Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Spurlos

Spurlos

Titel: Spurlos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manuela Martini
Vom Netzwerk:
Geständnis gezwungen wurde?“
    Ein Lächeln überflog sein Gesicht.
    „Oh, nein. Die Indizien sprachen eindeutig für ihn als Täter. Auf dem Rücksitz seines Wagens wurden Haare und Fasern, so heißt das ja wohl, von diesem Mädchen gefunden. Und er hat ihre Kleider verschenkt.“ Er winkte ab. „Er hätte gar keine Chance gehabt, zu leugnen. Oder wollen Sie etwa behaupten, Ihre Kollegen hätten ihm, einem ungebildeten, gewöhnlichen Aborigine, geglaubt, dass er unschuldig ist?“
    „Sie haben ein schlecht es Bild von unserer Arbeit, Jake“, sagte sie knapp. Sie mochte Hellmans Überheblichkeit nicht und sie war sicher, dass er das spürte. „Sie wissen, dass bei der Leiche ein Zeichen gefunden wurde“, fuhr sie fort. „Hat McNulty irgendwann einmal dieses Zeichen erwähnt, oder hat er selbst Zeichen benutzt?“
    „Nein, von diesem Zeichen hat er nie gesprochen.“
    „Hat McNulty Besuch bekommen? Post?“
    Er überlegte, schüttelte dann den Kopf. „Nein, ich glaube nicht.“
    „Sie glauben?“
    „Nun – ich hatte ja nicht immer Dienst, und all das ist doch schon so lange her.“ Er hob den Kopf ein wenig in ihre Richtung. Sein toter Blick ließ sie frösteln. „Sagen Sie, Tamara, Ihre Kollegen haben sich damals geirrt, oder?“ Bevor sie etwas erwidern konnte, sagte er: „Ich habe gehört, dass jetzt in Darwin ein Mädchen genauso umgebracht wurde.“
    „Es gibt gewisse Parallelen .“
    Er lachte auf. „Verkaufen Sie mich nicht für dumm, nur weil ich nichts sehe! Ich höre Radio und auch Fernsehen. Der Mörder ist genauso vorgegangen wie angeblich McNulty. Sogar das Zeichen ist identisch! Jetzt muss sich die Polizei eingestehen, dass sie einen Fehler gemacht und den Flaschen eingesperrt hat.“
    Wut kochte in ihr hoch . Sie schluckte sie hinunter und sagte kühl: „Wir müssen uns gar nichts eingesehen, Jake.“ Sie stand auf.„Vielen Dank für Ihre Zeit.“
    „Ich habe viel Zeit. Früher hatte ich nie das Gefühl, Zeit zu haben. Da hinten“, er streckte die bleiche Hand aus und zeigte auf den Nachttisch, auf dem sich Bände stapelten. „Die Heilige Schrift in Blindenschrift. Wie viel mehr wiegt ein Wort, das man berührt anstatt es nur sehen! Glauben Sie mir.“
    Sie ging zur Tür, blieb dann stehen. „Sind Sie schon an die Stellen mit den Opferungen gekommen? Das Buch Leviticus, Altes Testament?“
    „Ah, Sie kennen sich aus, Detective. Ja, das kenne ich sehr gut. Ich habe es ihm immer vorlesen müssen.“
    Jetzt war sie sprachlos.
    „Sind Sie noch da, Detective?“ Sein Blick ging rechts an ihr vorbei. Tamara war sich sicher, Hellman hatte die ganze Zeit geplant, erst am Schluss die Bibel zu erwähnen.
    „Sie haben Richard McNulty diese Stellen vorgelesen?“
    „Ja, das sagte ich gerade eb en.“ Er lächelte wieder sanft.
    „Wie ist er darauf gekommen? War es seine Idee – oder Ihre?“
    Er lachte auf. „Natürlich seine. Lies mir das Buch Leviticus vor, sagte er.“
    „Warum hat er es nicht selbst gelesen?“ Ihr war nicht klar, ob Jake Hellman log. „Er konnte doch sicher lesen?“
    „ Er hatte es gern, wenn ich es ihm vorlas. Er mochte das. Ich kann es heute verstehen. Die Stimme eines Menschen gibt den Worten auf dem Papier eine weitere Dimension.“
    „ Haben Sie sich nicht gewundert, dass er ausgerechnet diese Stellen hören wollte?“
    „ Nein, ich habe mich nicht gewundert. Es war seine Art der Auseinandersetzung mit dem, was man ihm vorwarf, getan zu haben. Warum sollte das, was in der Bibel stand, falsch sein?
    „ Mister Hellman, in der Bibel geht es nicht um Menschenopfer, sondern um Tieropfer!“ Was trieb Hellman da für ein Spiel mit ihr?
    Er setzte sein überhebliches Lächeln auf. „ Kennen Sie die Geschichte von Abraham?“
    „Abraham , der seinen Sohn opfern soll?“
    „Ja. Da hätten wir beinahe ein Menschenopfer gehabt , nicht wahr?“
    „Beinahe, aber Gott hat es nicht zugelassen, soweit ich mich erinnere.“
    „Richtig, er wollte sich nur Abrahams Gehorsam sicher sein.“
    Tamara musterte Hellman, dem es ganz offensichtlich Freude machte, sie zu provozieren und zu irritieren. Er kostete die Macht aus, die er in diesen Minuten, in diesem Zimmer, über sie hatte.
    „ Auf Wiedersehen, Mister Hellman.“
    „ Ich hoffe, ich konnte Ihnen helfen, Tamara.“
    „Wir werden sehen.“ Sie ging zur Tür.
    „Ja“, er lächelte nachsichtig, „Sie schon – ich nicht.“
    Tamara hätte sich ohrfeigen können. Wie unsensibel sie doch war.
    „Warten

Weitere Kostenlose Bücher