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Spurlos

Spurlos

Titel: Spurlos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manuela Martini
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Augen. Aber er ließ sie nicht in ihn eindringen. Sein Inneres, seine wahren Gefühle und Gedanken bewahrte er für sich. Vielleicht war das schon immer so gewesen, und sie hatte es nur nicht bemerken wollen.
    „ Hast du das gesagt?“ Er war jetzt gereizt. Nein, das Unglück brachte sie nicht näher zusammen. Es ließ die Kluft zwischen ihnen noch weiter aufbrechen. Die Kluft, die ihr noch vor Wochen lediglich wie ein mit der Zeit entstandener harmloser Riss vorgekommen war, den man mit ein paar schönen Wochenenden kitten könnte.
    „Ich habe gesagt, dass du hier warst“, erwiderte sie und musste an die Visitenkarte des Polizisten denken, die sie gleich in den Mülleimer geworfen hatte.
    Er sah ihr argwöhnisch in die Augen.
    „Warum hast du das gesagt?“, fragte er schließlich. „Ich war doch in Broome.“
    Ihr Mundwinkel zuckte verächtlich. Es war ihm nicht entgangen.
    Er schluckte und wich ihrem Blick aus. Ein Sieg, dachte sie und schmeckte gleich darauf die Bitterkeit.
    „Du verachtest mich, ja?“ Seine Stimme war ganz leise.
    Sollte sie ihm sagen, dass er Recht hatte? Sie hatte für ihn bei der Polizei gelogen – nicht aus Liebe, sondern um sich zu schützen. Ihr Leben und das von Prudence. Sie wusste, wie ihr Vater reagieren würde, wenn er von Matthews Affäre erführe. Ich hab’s immer gewusst. Warum bist du auf so einen reingefallen? Deshalb hatte sie gelogen. Nicht aus Liebe.
    „Du hasst mich. Ich weiß es. Sag’ es mir ins Gesicht, los! Sag’s mir!“ Matthew machte einen Schritt auf sie zu. Jetzt war sie es, die den Blick von ihm löste. Es war ihr unmöglich, ihm in die Augen zu sehen und mit nein zu antworten. Wortlos nahm sie die Pfanne und wollte die verbrannten Zwiebeln in den Mülleimer leeren als er ihr Handgelenk packte und sie zwang, ihn anzusehen.
    „Sag’ mir, dass du mich hasst!“ Seine Lippen zitterten und seine Augen flackerten bedrohlich. Aber es war allein die körperliche Berührung, die sie so wütend machte. Er hatte Valerie Tate berührt, er hatte sie mit dieser Hand gestreichelt …
    Einen Augenblick später verwandelte sich die Wut in Hass, dann der Hass in Kälte – und dann blieb nur noch Leere. Leere, die zu Müdigkeit wurde.
    „Lass’ mich los“, sagte sie ruhig. Er öffnete seine Hand und ihre rutschte heraus. In diesem Augenblick klingelte im Wohnzimmer das Telefon. Schlagartig war sie wieder hellwach. Sie musste zum Telefon, bevor Matthew abnehmen könnte … Sie hastete an ihm vorbei ins Wohnzimmer zum Tisch mit den Magazinen.
    „Ja?“
    „Alison, Schätzchen!“ Die Stimme klang krächzend und verzerrt, wie der Ansager auf einem billigen Jahrmarkt. Wahrscheinlich hatte er ein Tuch über die Muschel gelegt.
    „Ich bin nicht ihr Schätzchen!“, sag te sie wütend, und sah sich schnell nach Matthew um, doch er war nicht da.
    Ein hämisches Lachen folgte. Sie versuchte, sich Phils Stimme in Erinnerung zu rufen, und fragte sich, ob er sich so verstellen konnte.
    „Na, na, na, jetzt hab dich mal nicht so. Hör’ zu, du bringst morgen die zehntausend Dollar …“
    „Ich hab’ das Geld nicht!“, fiel sie ihm ins Wort. Oh, wie wütend sie war!
    „Die Sache ist ganz simpel: Entweder du beschaffst das Geld oder du musst dran glauben. Das ist doch zu kapieren, oder?“
    Sie schluckte. Ihr Ja kam leise.
    „Was hast du gesagt? Ich hab’ dich nicht verstanden.“
    Dieses gemeine Schwein!
    „Ja“, presste sie hervor.
    „Brav! Dann ist ja alles in Butter.“ Erneut dieses widerliche Lachen.
    „Also, pass’ gut auf, Alison: Du packst die zehntausend Steine in Fünfzigern und Hundertern in eine Plastiktüte. Und zwar in eine von Woolworth . Du weißt schon: The Fresh People!“ Er lachte wieder.
    Sie wusste nicht, was er am Motto des Supermarktes so lustig fand. Doch sie wagte nicht, etwas zu sagen. Er würde sie nur doch wieder beleidigen.
    „Bist du noch dran, Alison?“
    „Ja.“
    „Gut, du fährst morgen zum Parkplatz von Woolworth, und zwar zu dem in der McLaughlan Street. Hinter der letzten Parkreihe sind Mülleimer. Du stellst die Tüte genau um 15 Uhr in den ersten von der Straße aus gesehen. Dann fährst du sofort los. Und denk’ bloß nicht, du kannst mich verarschen!“
    „Ja.“ Wut und Angst drohten ihre Stimme zu ersticken.
    „Schön. Also, dann bis Morgen, Schätzchen.“ Es knackte in der Leitung.
    Zehntausend Dollar. Dieser Kerl wollte zehntausend Dollar – und niemand gab ihr die Garantie, dass er nicht übermorgen noch einmal

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