Spurlos
Junge und ein Mädchen, vielleicht drei und vier Jahre alt, packten Kartons aus.
So sieht das Glück aus, dachte sie, und einen Augenblick sehnte sich sich genau danach. Doch dann sagte sie sich, dass sie keine Lust hätte, Tücher zu bemalen … „Steve, haben Sie damals in Erwägung gezogen, dass Todd es getan haben könnte?“
Sein Blick war plötzlich voller Abwehr.
„Nie mals!“, sagte er mit fester Stimme. „Wir kannten uns seit zehn Jahren. Nein. Ich habe keine Sekunde lang geglaubt, er könnte es gewesen sein. Er war immer fair, war immer … korrekt und anständig.“
„Haben Sie noch Kontakt zu ihm?“
„Leider kaum noch. Die Arbeit – und dann die Familie …“ Sein Bedauern klang nicht wirklich aufrichtig. Er führte längst ein anderes, ein glückliches Leben und sehnte sich nicht zurück.
„Ach ... warum ist Todd zu seinem Vater gefahren, wenn er doch ein distanziertes Verhältnis zu ihm hatte?“
Steve lächelte. „Es war doch Weihnachten. Und sein Vater hatte nur noch ihn.“
„Danke , Mister Whitlam, dass Sie sich die Zeit genommen haben.“
Er atmete erleichtert auf .
„Ich hoffe, ich konnte Ihnen helfen.“
Er legte Geld auf den Tisch und hielt dann inne. „Haben Sie schon Ihren Kaffee bezahlt?“
„Ja.“
Er lächelte. „Schade, sonst hätte ich Sie gern eingeladen.“
Sie sah ihm nach, wie er mit großen Schritten zum Ausgang ging und die Stufen hinunter zum Quai nahm. Nachdenklich stand sie auf, drängte sich zwischen den Ständen hindurch zur Tiefgarage. Eine Frau, beladen mit schweren Plastiktüten eilte schwer atmend an ihr vorbei und erinnerte sie an die Einkaufsliste, die ihr ihre Mutter heute früh telefonisch durchgegeben hatte. Wieder hatte sie nicht Nein sagen können. Todd Hoffman hatte also Angst vor Nähe ... Aber hatte sie die nicht auch?
3
Der nicht frankierte Brief war in der Post gewesen. Jemand hatte ihn durch den Briefschlitz des Briefkastens des Art Centers geworfen. Alison versuchte, sich Meg gegenüber nichts anmerken zu lassen. Sie beide waren seit halb sieben im Büro, um die Emails durchzusehen, Ticketbestellungen zu ordnen und tausend andere Kleinigkeiten zu erledigen, die vor einem Festival anfielen.
„ Alles okay?“ Meg hielt die Kaffeekanne in der Hand und sah ihr über die Schulter.
Alison faltete das Blatt rasch zusammen, steckte es in den Umschlag zurück und verstaute ihn in ihrer Handtasche. Meg musterte sie. „Alison, wenn irgendetwas ist, dann sag’ es mir. Ich kann dir vielleicht helfen.“
„Danke, Meg.“ Alison lächelte. „Es ist alles in Ordnung. Mir ist nur gerade etwas eingefallen, ich muss noch mal weg.“ Sie stand auf, nahm ihre Handtasche und hängte sie sich über die Schulter. „Bin in einer halben Stunde wieder da. Soll ich dir ein Sandwich mitbringen?“
Meg schüttelte den Kopf. Ihre Miene hatte sich nicht verändert. Noch immer musterte sie Alison skeptisch.
„Weißt du, ich kann verstehen, dass du dich schuldig fühlst, aber glaub’ mir, niemand ist ein Engel. Ich hätte ihr auch sonst was an den Hals gewünscht.“
Wieder lächelte Alison , wieder bedankte sie sich. Oh, wie sie sich selbst hasste. Sie hastete über die Straße und über den großen Parkplatz zwischen Woods Street und Cavenagh Street. Die Sonne brannte und nach wenigen Minuten war sie schweißgebadet. Sie betrat das angenehm kühle Lokal, in dem nur wenige Tische besetzt waren. Zielstrebig steuerte sie auf die Theke zu.
„Gibt es etwas Neues in den Nachrichten?“, fragte sie die bleiche junge Frau mit dem Ring in der Lippe und deutete hinauf zum Fernsehehr.
Die Barfrau zuckte gleichgültig mit den Schultern die Schultern.
In diesem Moment tauchte das Bild auf, das sie gefürchtet hatte.
„Könnten Sie es ein bisschen lauter machen?“
Die junge Frau zuckte wieder die Schultern. „Von mir aus. Aber wenn der Chef kommt, muss ich es wieder leiser drehen.“
Sie musste sich zurückhalten, um die Frau nicht anzubrüllen, endlich den Ton aufdrehen.
Die junge Frau streckte sich und drückte auf einen Knopf. Alison bekam gerade noch das Ende mit.
„…sein Opfer wie vor vier Tagen. Die Polizei bittet um Ihre Mithilfe.“
Dann wurde das Foto der Toten eingeblendet. Jeannie Reid, stand da. Alison hörte nicht mehr zu.
Geh in ein Café und sieh dir die Nachrichten an! Das war eine Warnung, Schätzchen, damit du endlich kapierst, dass ich es ernst meine. Das stand auf diesem Bogen Papier in ihrer Handtasche. Benommen drehte sie
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