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Sputnik Sweetheart

Sputnik Sweetheart

Titel: Sputnik Sweetheart Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Haruki Murakami
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mich schon voll konzentrieren. »Der Tenno ist ein Symbol für Japan. Verstehst du?«
    »Irgendwie schon«, sagte sie.
    »Nicht irgendwie. So steht es in der japanischen Verfassung«, sagte ich möglichst sachlich. »Man kann es anzweifeln oder darüber disputieren, aber jetzt musst du es als gegeben hinnehmen, sonst kommen wir nicht weiter.«
    »In Ordnung. Ich akzeptiere es.«
    »Danke. Also ich wiederhole: Der Kaiser ist ein Symbol für Japan, das bedeutet aber nicht, dass Japan auch ein Symbol für den Kaiser ist. Verstehst du?«
    »Nein.«
    »Warte, das heißt, die Sache funktioniert nur in eine Richtung. Der Tenno ist Symbol für Japan, aber Japan ist kein Symbol für den Tenno, ja?«
    »Ja, ungefähr.«
    »Wenn ich jetzt dagegen sage, ›der Tenno ist ein Zeichen für Japan‹, dann sind die beiden gleichwertig. Das heißt, wenn wir von Japan sprechen, ist auch der Kaiser gemeint, und wenn wir vom Kaiser sprechen, meinen wir gleichzeitig Japan. Mit anderen Worten, man kann die beiden austauschen. A gleich b und b gleich a. Das ist, vereinfacht gesagt, die Bedeutung von Zeichen.«
    »Willst du damit sagen, man könnte den Kaiser und Japan austauschen? Ginge das?«
    »Aber nein«, sagte ich auf meiner Seite der Leitung unter heftigem Kopfschütteln. »Ich versuche doch nur, dir den Unterschied zwischen Zeichen und Symbol möglichst plausibel zu machen. Das war nur ein Beispiel dafür.«
    »Hm«, machte Sumire. »Ich glaube, ich verstehe. Ein Symbol ist ein Bild. Es geht um den Unterschied zwischen einer Einbahnstraße und einer Straße mit beiden Richtungen.«
    »Es gibt bestimmt eine wissenschaftlichere Erklärung, aber für unsere Zwecke genügt es.«
    »Ich fand schon immer, dass du unheimlich gut erklären kannst.«
    »Das ist ja auch mein Beruf.« Meine Worte klangen irgendwie platt und nichtssagend. »Arbeite du mal als Grundschullehrer. Was einem da für Fragen gestellt werden: Warum ist die Erde nicht viereckig? Warum hat ein Tintenfisch zehn Beine und nicht acht? Inzwischen schaffe ich es, die meisten Fragen irgendwie zu beantworten.«
    »Du bist wirklich ein guter Lehrer.«
    »Wer weiß?« sagte ich. Ja wirklich, wer konnte das wissen?
    »Warum haben Tintenfische denn zehn anstatt acht Beine?«
    »Dürfte ich jetzt vielleicht weiterschlafen? Ich bin echt müde. Der Hörer kommt mir so schwer vor, als müsste ich allein mit einer Hand eine morsche Mauer vor dem Einsturz bewahren.«
    »Also«, sagte Sumire und legte eine vielsagende Pause ein, wie ein alter Bahnwärter, der feierlich seine Schranke schließt, bevor der Zug nach Sankt Petersburg vorbeirauscht. »Klingt blöd, aber ich habe mich verliebt.«
    »Aha«, sagte ich und nahm den Hörer wieder in die linke Hand. Ich hörte Sumire atmen. Mir fiel keine passende Antwort ein. Und wie meist, wenn ich nicht weiß, was ich sagen soll, rutschte mir etwas heraus. »Vermutlich nicht in mich?«
    »Nein, nicht in dich«, sagte Sumire. Ich hörte, wie sie sich mit ihrem billigen Wegwerffeuerzeug eine Zigarette anzündete. »Hast du heute Zeit? Können wir uns treffen und reden?«
    »Darüber, dass du dich in jemand anderen als mich verliebt hast?«
    »Genau«, sagte Sumire. »Darüber, dass ich mich leidenschaftlich in jemand anderen als dich verliebt habe.«
    Ich klemmte mir den Hörer zwischen Kopf und Schulter und streckte mich. »Also gut, heute Abend.«
    »Ich komm um fünf zu dir«, sagte Sumire, und als sei ihr plötzlich etwas eingefallen, fügte sie hinzu: »Und danke.«
    »Für was?«
    »Dafür, dass du die Fragen, die mich im Morgengrauen beschäftigen, so geduldig beantwortet hast.«
    Ich murmelte irgendetwas, legte auf und knipste die Nachttischlampe aus. Es war noch stockdunkel. Vor dem Einschlafen überlegte ich, ob Sumire sich eigentlich schon jemals bei mir für etwas bedankt hatte. Bestimmt, aber erinnern konnte ich mich nicht daran.
    Kurz vor fünf tauchte Sumire bei mir auf. Zuerst erkannte ich sie gar nicht. Sie hatte sich einen völlig neuen Stil zugelegt und trug eine schicke Kurzhaarfrisur. Man sah, dass ihr Haar frisch geschnitten war. Über ihrem marineblauen Kleid mit kurzen Ärmeln trug sie eine leichte Strickjacke und dazu schwarze Lackschuhe mit halbhohen Absätzen. Sie hatte sogar Strümpfe an. Strümpfe ? Ich bin zwar nicht gerade ein Experte für Damenbekleidung, aber die Sachen, die sie da anhatte, sahen ziemlich teuer aus. Sumire wirkte hübscher und feiner als sonst. Obwohl ihr das gar nicht schlecht stand, sondern

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