Sputnik Sweetheart
bitte, sagte ich, aber der Fahrer hatte mich wohl nicht verstanden. Das Taxi hatte keine Klimaanlage, und ein heißer, staubiger Wind blies durch das geöffnete Fenster. In wirrem, schlechtem Englisch verbreitete der Fahrer seine persönlichen düsteren Prognosen zur Einführung des Euro. Ich brummte höflich Zustimmung, obwohl ich nicht zuhörte, sondern nur mit zusammengekniffenen Augen aus dem Fenster auf Rhodos sah. Keine Wolke am Himmel, kein Anzeichen von Regen. Die Sonne brannte auf die Steinmauern der Häuser. Die knorrigen Bäume am Straßenrand waren von Staub bedeckt. Die Menschen, die in ihrem Schatten oder unter Zeltplanen saßen, starrten fast reglos in die Welt. Während meine Augen diesen Szenen nachhasteten, kamen mir allmählich Zweifel, ob ich am richtigen Ort gelandet war. Aber die grellen Reklametafeln für Zigaretten und Ouzo in griechischer Schrift, die vom Flughafen bis in die Stadt die Straße säumten, bewiesen, dass ich mich tatsächlich in Griechenland befand.
Die Nachmittagsfahre, die viel größer war, als ich es mir vorgestellt hatte, war noch nicht abgefahren. Im hinteren Teil standen zwei mittelgroße Lastwagen mit Lebensmitteln und anderen Gütern sowie ein alter Peugeot Sedan. Ich kaufte rasch eine Fahrkarte und ging an Bord. Kaum hatte ich mich auf eine der Bänke an Deck gesetzt, wurden die Leinen auch schon losgemacht, und der Motor sprang unter großem Getöse an. Mit einem Seufzer der Erleichterung blickte ich gen Himmel. Nun brauchte ich nur noch zu warten, bis mich die Fähre an mein Ziel gebracht hatte.
Ich zog den verschwitzten, staubigen Baumwollblazer aus und stopfte ihn in meine Tasche. Es war fünf Uhr nachmittags, aber die Sonne stand noch hoch am Himmel. Die Helligkeit war überwältigend. Vom Bug her wehte der Wind unter dem Segeltuchdach hindurch, und ich spürte, dass ich mich allmählich beruhigte. Die düsteren Visionen, die mich in der Lounge am Flughafen in Narita heimgesucht hatten, waren wie weggeblasen. Nur ein leicht bitterer Nachgeschmack war geblieben.
Die Insel, zu der ich unterwegs war, schien nicht gerade ein beliebter Urlaubsort zu sein, denn es waren kaum Touristen an Bord. Die große Mehrzahl der Passagiere bestand aus Einheimischen, überwiegend älteren Leuten, die auf Rhodos Erledigungen gemacht hatten und nun auf dem Heimweg waren. Ihre Einkäufe hatten sie fürsorglich zwischen ihren Füßen abgestellt, als wären es empfindliche Tiere. Die Gesichter waren zerfurcht und stoisch, als hätte die harte körperliche Arbeit in der unbarmherzigen Sonne ihnen jeden Ausdruck geraubt.
Zu den Passagieren gehörten auch ein paar junge Soldaten mit klarem Kinderblick, deren Khakiuniformen am Rücken dunkel schweißdurchtränkt waren. Außerdem gab es noch zwei Hippies mit langen dünnen Beinen und schweren Rucksäcken, die auf dem Boden hockten und mürrisch vor sich hinstarrten.
In meiner Nähe saß eine junge Griechin in einem langen Rock. Sie war von klassischer Schönheit und hatte tiefdunkle Augen. Ihr langes Haar wehte im Wind, während sie selbstvergessen mit ihrer Freundin plauderte. Die ganze Zeit umspielte ein liebliches Lächeln ihre Mundwinkel, als stünde etwas Wundervolles bevor. Immer wieder fingen ihre großen goldenen Ohrringe das Sonnenlicht ein und blitzten hell auf. Rauchend und mit unbeteiligten Gesichtern standen die jungen Soldaten an der Reling und warfen unauffällig kurze Blicke zu ihr hinüber.
Ich trank die Zitronenlimonade, die ich mir am Schiffskiosk gekauft hatte, und schaute auf das tiefblaue Meer und die vorüberziehenden kleinen Inseln. Fast alle waren eher Klippen als Inseln und gänzlich verlassen. Da es auf ihnen kein Wasser gab, gediehen dort keine Pflanzen. Nur weiße Seevögel landeten auf ihnen, um nach Fischen Ausschau zu halten. Die Vögel beachteten die vorüberfahrende Fähre überhaupt nicht. Die Wellen brachen sich als blendend weißer Schaum am Fuße der Felsen. Hier und dort tauchten bewohnte, von knorrigen Bäumen bewachsene Inseln auf, deren Hänge mit weißen Häusern gesprenkelt waren. Bunte Boote tanzten in den kleinen Buchten, und der Seegang brachten ihre hohen Masten zum Schwanken.
Ein runzliger Alter bot mir eine Zigarette an. Ich lächelte und winkte ab – nein danke, ich rauche nicht. Also reichte er mir einen Pfefferminz-Kaugummi. Dankbar nahm ich ihn an und schaute – nun kauend – wieder aufs Meer.
Es war schon nach sieben, als die Fähre auf der Insel anlegte. Die Sonne schien
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