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Sputnik Sweetheart

Sputnik Sweetheart

Titel: Sputnik Sweetheart Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Haruki Murakami
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nutzen.«
    Miu kehrte auf ihr Sofa zurück, und während sie sich im Licht des Nachmittags wieder in die kleine Welt der Musik versenkte, dachte sie, wie wundervoll es wäre, Brahms so spielen zu können. Sie erinnerte sich, dass ihr die kürzeren Werke von Brahms, besonders die Balladen, immer schwer gefallen waren. Nie war es ihr gelungen, ganz in dieser Welt der kapriziösen, feinen Nuancen aufzugehen. Heute könnte ich Brahms viel schöner spielen, dachte Miu, obwohl sie eines sicher wusste: Icb werde nie wieder spielen.
     
    Um halb sieben bereiteten die beiden in der Küche das Abendessen zu, setzten sich an den Tisch auf der Veranda und aßen. Es gab eine Suppe aus Meerbrasse mit aromatischen Kräutern, Salat und Brot. Dazu öffneten sie eine Flasche Weißwein und tranken nach dem Essen noch einen Kaffee. Aus dem Schatten der Insel tauchte ein Fischerboot auf, beschrieb einen kurzen weißen Bogen und fuhr in den Hafen ein. Bestimmt erwartete die Fischer zu Hause ein warmes Abendessen.
    »Wann werden wir eigentlich wieder abreisen?« fragte Sumire, während sie das Geschirr abwusch.
    »Ich möchte mich gern noch eine Woche hier erholen, aber mehr ist absolut nicht drin«, sagte Miu nach einem Blick auf den Wandkalender. »Wenn’s nach mir ginge, könnten wir für immer hier bleiben.«
    »Von mir aus natürlich auch«, sagte Sumire mit einem Lächeln. »Aber da kann man nichts machen. Alles Schöne hat einmal ein Ende.«
     
    Wie üblich zogen sie sich gegen zehn auf ihre Zimmer zurück. Miu schlüpfte in ihren weißen, langärmligen Schlafanzug und schlief sofort ein, kaum dass ihr Kopf das Kissen berührt hatte. Doch auf einmal wachte sie wie von ihrem eigenen Herzschlag geweckt wieder auf. Sie warf einen Blick auf ihren Reisewecker – kurz nach halb eins. Es war stockdunkel im Zimmer, tiefe Stille umfing sie. Aber sie spürte, dass in ihrer Nähe jemand verhalten atmete. Miu zog sich die Decke bis zum Hals und spitzte die Ohren. Das laute Pochen ihres Herzens übertönte alle anderen Geräusche. Kein Zweifel, es war noch jemand im Raum. Es waren nicht nur die Nachwirkungen eines schlechten Traums. Sie streckte die Hand aus und zog den Vorhang geräuschlos ein paar Zentimeter beiseite. Hell und silbern wie Wasser strömte das Mondlicht ins Zimmer. Ohne sich zu rühren, ließ Miu ihren Blick suchend durch den Raum schweifen.
    Als ihre Augen sich an die Dunkelheit gewöhnt hatten, nahm im Schatten des Schranks neben der Tür, wo fast kein Licht hinfiel, allmählich etwas Gestalt an. Ein kleines zusammengerolltes Etwas. Wie eine große Posttasche. Oder ein Tier. Ein großer Hund? Aber die Haustür war verschlossen, und auch die Zimmertür war zu. Unmöglich konnte ein Hund in ihr Zimmer gelangt sein.
    Leise atmend starrte Miu das Ding an. Ihr Mund war trocken, und ein leichter Nachgeschmack von dem Brandy, den sie vor dem Schlafengehen getrunken hatte, war geblieben. Vorsichtig zog sie den Vorhang noch ein Stückchen beiseite und ließ mehr Mondlicht ins Zimmer. Allmählich konnte sie den Umriss des schwarzen Klumpens besser ausmachen. Es schien ein Mensch zu sein. Das Haar hing nach vorn, die beiden dünnen Beine waren eng angewinkelt. Jemand hatte sich, den Kopf zwischen den Beinen, auf dem Boden zusammengekrümmt, wie um sich vor einem vom Himmel fallenden Gegenstand zu schützen.
    Es war Sumire. In ihrem blauen Pyjama hatte sie sich wie ein Insekt zwischen Tür und Schrank eingerollt und rührte sich nicht. Ihr Atem war kaum zu hören.
    Miu stieß einen Seufzer der Erleichterung aus. Was machte Sumire bloß hier? Leise setzte Miu sich auf und schaltete die Nachttischlampe an, sodass gelbes Licht sanft den Raum erhellte. Aber Sumire rührte sich noch immer nicht. Anscheinend hatte sie nicht einmal bemerkt, dass Licht brannte.
    »Was ist denn?«, fragte Miu zuerst leise, dann lauter.
    Keine Reaktion. Offenbar hörte Sumire sie nicht. Miu stand auf und ging zu Sumire hinüber. Der Teppichboden unter ihren Fußsohlen fühlte sich rauer an als sonst. Sie kauerte sich neben Sumire nieder. »Geht es dir nicht gut?«
    Wieder keine Antwort. Erst jetzt merkte Miu, dass Sumire etwas im Mund hatte – einen rosa Waschlappen, der immer im Bad hing. Miu versuchte, ihn ihr aus dem Mund zu ziehen, aber es gelang ihr nicht. Sumire hielt ihn krampfhaft mit den Zähnen fest. Ihre Augen waren geöffnet, aber blicklos. Miu gab den Versuch auf, ihr den Waschlappen wegzuziehen, und legte Sumire die Hand auf die Schulter. Da

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