Sputnik Sweetheart
merkte sie, dass Sumires Schlafanzug klatschnass war.
»Du musst den Schlafanzug ausziehen«, sagte sie. »Der ist ja ganz durchgeschwitzt. Du erkältest dich.«
Aber Sumire wirkte völlig geistesabwesend, sie hörte und sah nichts. Also beschloss Miu, Sumire den Schlafanzug selbst auszuziehen, damit sie sich nicht den Tod holte. Es war August, aber die Nächte auf der Insel waren kühl. Da die beiden jeden Tag nackt im Meer gebadet hatten, waren sie daran gewöhnt, einander so zu sehen, und Sumire würde es bestimmt nichts ausmachen, wenn Miu ihr den Schlafanzug auszog.
Miu stützte Sumire und knöpfte ihr den Schlafanzug auf. Es dauerte ein bisschen, bis sie ihr die Jacke ausgezogen hatte. Dann kam die Hose dran. Sumires verkrampfter Körper entspannte sich langsam und erschlaffte, sodass Miu ihr den Waschlappen aus dem Mund nehmen konnte.
Er war von ihrem Speichel durchtränkt und trug den Abdruck ihrer Zähne.
Sumire trug keine Unterwäsche unter ihrem Pyjama. Miu griff sich ein Handtuch und rieb Sumires Körper ab. Erst den Rücken, dann die Achseln, dann die Brust. Sie trocknete Sumires Bauch und wischte rasch über ihre Hüfte und Schenkel. Sumire ließ alles widerstandslos über sich ergehen. Sie schien noch immer bewusstlos zu sein, aber in ihren Augen blitzte ein Funke von Verständnis auf.
Es war das erste Mal, dass Miu Sumires nackten Körper berührte. Ihre Haut war straff und zart wie die eines kleinen Kindes. Sie war schwerer, als Miu vermutet hatte, und roch verschwitzt. Als Miu sie noch einmal abrieb, spürte sie, wie ihr das Herz klopfte. Speichel sammelte sich in ihrem Mund, und sie musste mehrmals schlucken.
Vom Mondlicht umspült, schimmerte Sumires Körper wie eine antike Plastik. Ihre Brüste waren klein, aber wohlgeformt, die Brustwarzen fest. Ihr schwarzes Schamhaar, feucht von Schweiß, glitzerte wie von Morgentau benetztes Gras. Ihr schlaffer nackter Körper im Mondlicht wirkte ganz anders als der, den Miu am Strand in der gleißenden Sonne gesehen hatte. Es war, als verbänden sich in ihm die ungelenken Reste der Kindheit mit einer neuen, sich blind und unaufhaltsam entwickelnden Reife und als würden auf ihm die Wunden sichtbar, die das Leben schlägt.
Miu hatte das Gefühl, in das Geheimnis eines anderen Menschen einzudringen, etwas zu sehen, das nicht für ihre Augen bestimmt war. Möglichst ohne auf diese Haut zu starren, wischte sie Sumire weiter den Schweiß ab, während sie im Kopf eine Bach-Melodie nachspielte, die sie als Kind gelernt hatte. Sie trocknete die verschwitzten Strähnen, die an Sumires Stirn klebten. Bis in Sumires zierliche Ohren war der Schweiß gelaufen.
Da spürte Miu, wie Sumires Arm sich um ihren Körper schlang. Sumires Atem streifte ihren Nacken.
»Alles in Ordnung?« fragte Miu.
Sumire antwortete nicht, doch ihr Arm drückte sie etwas stärker. Miu schleppte sie auf ihr Bett und deckte sie zu. Bewegungslos und mit geschlossenen Augen lag Sumire da.
Eine Zeit lang beobachtete Miu sie, aber sie rührte sich nicht. Sie schien eingeschlafen zu sein. Miu ging in die Küche und trank mehrere Gläser Mineralwasser. Dann setzte sie sich im Wohnzimmer auf das Sofa und atmete langsam und tief durch, um sich zu beruhigen. Ihr Herzklopfen ließ nach, aber ihr Brustkorb schmerzte noch von der langen Anspannung. Erstickende Stille umfing sie. Weder menschliche Laute noch Hundegebell waren zu hören, kein Rauschen von Meer und Wind. Wieso herrscht nur überall diese tiefe Stille, fragte sich Miu.
Sie ging ins Bad und warf Sumires verschwitzten Schlafanzug, das schweißgetränkte Handtuch und den Waschlappen, in den sie ihre Zähne gegraben hatte, in den Wäschekorb. Dann wusch sie sich das Gesicht mit Seife und betrachtete sich im Spiegel. Seit sie auf der Insel waren, hatte sie ihr Haar nicht gefärbt. Nun war es weiß wie frisch gefallener Schnee.
Als sie ins Zimmer zurückkam, hatte Sumire die Augen geöffnet. Immer noch waren sie leicht verschleiert, aber ein Funke von Bewusstsein war in sie zurückgekehrt. Bis zu den Schultern zugedeckt lag Sumire da.
»Entschuldige, aber das passiert mir manchmal«, sagte sie heiser.
Miu setzte sich auf die Bettkante, streckte lächelnd die Hand aus und berührte Sumires Haar, das immer noch feucht war. »Vielleicht würde dir eine schöne heiße Dusche gut tun. Du hast unheimlich geschwitzt.«
»Nein, lieber nicht, ich möchte einfach nur hier liegen bleiben«, sagte Sumire.
Miu nickte und reichte Sumire ein
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