ST - Die Welten von DS9 2: Andor - Paradigma
Augenwinkel die Falten zurückgekehrt waren. Dann betrachtete sie sich ihre Kollegen. Viele von ihnen hatten sie schon um Rat oder politische Rückendeckung gebeten. Wagten sie es wirklich, sie heute zu verstoßen?
Ein leises Klingeln ertönte. Der Vorsitzende hob das Padd von seinem Platz, entschuldigte sich und las die eingegangene Nachricht. Mehrere Minuten lang betrachtete er den Monitor, und Vretha spürte, dass eine Veränderung in ihm vorging. Seine Antennen versteiften sich, und ihn umgab plötzlich eine Aura der Sorge.
Er schickte dem Absender eine Empfangsbestätigung und ließ das Padd dann in einer Innentasche seiner Gewänder verschwinden. »Wie es mein Vorrecht ist«, wandte er sich daraufhin der Versammlung zu, »vertage ich diese Sitzung hiermit aufgrund einer aktuellen Entwicklung. Zwar liegen mir bislang kaum Informationen vor, doch will ich die wenigen gern weitergeben. Es wird einigen von Ihnen beim Herkommen nicht entgangen sein, dass sich auf dem Freiheitsplatz, direkt vor dem Parlamentskomplex, eine Demonstrantengruppe bildete, vermutlich bestehend aus unseren visionistischen Gegnern. Während wir hier tagten, wuchs diese Gruppe auf knapp sechzehntausend Personen an. Sie verlangen den Rücktritt der aktuellen Regierung und die Entsendung eines neuen Repräsentanten in den Rat der Föderation.«
Vretha wappnete sich. Die Anzahl der Protestierenden war bedeutend höher als sonst, aber nicht zu groß für den Platz. Und die Forderungen ähnelten denen aus vergangenen Demonstrationen. Demnach hatte ch’Shelos noch schlimmere Kunde zu vermelden …
»Berichten zufolge finden ähnliche Kundgebungen auch an anderen Plätzen in der Hauptstadt und in jedem größeren Bevölkerungszentrum des Planeten statt – und zwar jetzt! Erste Schätzungen sprechen von acht Millionen Teilnehmern. Die planetare Sicherheit müht sich, die öffentliche Ordnung wiederherzustellen, doch wir hören bereits, dass es in verschiedenen Städten, darunter unserer, zu Gewaltausbrüchen und Sachbeschädigungen gekommen ist.«
Die Klausurteilnehmer schwiegen entsetzt. »Und was ist mit Personenschäden?«, fragte Vretha schließlich. Die Worte schienen ihr im Hals stecken zu bleiben.
Der Vorsitzende sah ihr direkt ins Gesicht. »Diesbezüglich haben wir noch keine Zahlen. Erste Todesfälle sind allerdings bestätigt.«
Shar war übel gelaunt, doch daran trug nicht allein der Schwarm aus Netzreportern Schuld. Die ganze Zeit über, die er nun schon allein mit dem schweigsamen
thaan
, der ihn vor den Journalisten gerettet hatte, in diesem engen Sicherheitsbüro wartete, fragte er sich, ob er, ohne es zu wissen, unter Arrest stand. Auch wusste er nichts über Prynns und Phillipas Verbleib. Der
thaan
hatte schlicht erklärt, man warte auf Wächterin zh’Nastha, die Sicherheitschefin der Orbitalstation, und diese schien es nicht gerade eilig zu haben. Shar hielt sich beschäftigt, indem er heimlich die Anzeigen der Padds auf dem Schreibtisch vor sich in Augenschein nahm. Schon seit seiner Jugend verstand er sich darauf, auf dem Kopf stehende Texte zu lesen, und als Erwachsener hatte er festgestellt, dass diese zum Zeitvertreib erlernte Fähigkeit ganz nützlich sein konnte. Einige Minuten lang betrachtete er die Sensorendaten und erfuhr so verblüffende Fakten wie die, dass die Stationsbevölkerung bei der Datenerhebung vor einer Stunde zu fünfundsiebzig Prozent aus Andorianern bestanden hatte. Aber er erfuhr nicht, warum er hier und von seinen Freundinnen getrennt worden war. Aus irgendwelchen Gründen ließ der Sicherheitsdienst ihn nicht gehen.
Als zh’Nastha eintraf, gab sie sich ganz sachlich. Sie nahm am Tisch Platz, legte ihr Padd ab und kam sofort zur Sache: »Ich sag’s ganz frei heraus, Ensign ch’Thane: Sie sind auf Andor derzeit nicht sicher.«
»Wie meinen Sie das?«, entgegnete Shar.
»Sie wissen vielleicht, wie unbeständig die hiesige politische Lage momentan ist«, sagte zh’Nastha in einem Ton, der deutlich machte, dass sie über seinen Wissensstand genau informiert war. »Sie wissen aber vielleicht nicht, dass Ihre Ankunft mit einer Reihe von Demonstrationen zusammenfällt, die überall auf dem Planeten stattfinden und in manchen Fällen zu gewaltsamen Aufständen führten. Auch in der Hauptstadt Zhevra. Wir vermuten, Ihre
Zhavey
und andere prominente Progressive sind das Ziel dieser Proteste. In der vergangenen Stunde konnte die planetare Sicherheit eine Gruppe aufgreifen, die versuchte, unsere
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