ST - Die Welten von DS9 2: Andor - Paradigma
nicht mit seinen Bündnispartnern beschäftigen zu müssen.
»Weißt du«, sagte sie kurzerhand, »ich bin ziemlich erschöpft. Sofern also nichts weiter ansteht …«
»Es wird noch getanzt«, erklärte jemand. »Nach dem Tiefsten-Mahl wird stets getanzt.«
»Ach ja?«
»Und es gibt Musik. Mehrere neue Kompositionen entstanden extra für …« Der Redner verstummte abrupt.
Die Entsendung
, beendete Prynn in Gedanken.
Für die Beerdigung
.
»Die Küche wird Süßes bereiten«, sagte ein anderer. »Heute Abend beginnt das Quellfest. Zur Feier dieses Anlasses wurden viele Köstlichkeiten kreiert.«
Die Aussicht auf Dessert und Tanz gefiel Prynn. Wenn sie blieb, würde Shar ihr pflichtbewusster Partner sein, ihr die Schritte beibringen und sie Klanmitgliedern vorstellen, die er von früheren Besuchen kannte. Er würde den perfekten fürsorglichen Gastgeber spielen und sich um sie kümmern, solange sie ihn als Orientierungshilfe benötigte.
Aber hier geht’s nicht um mich …
»So gern ich auch mitfeiern würde, ich leg mich auf’s Ohr. Mir fehlt Ihre stählerne andorianische Konstitution. Hin und wieder brauche ich Schlaf.« Prynn stand auf, bevor Shar sie zum Bleiben auffordern konnte. Sie wusste, sie würde ihm nicht widerstehen können, wenn er es tat. »Wem soll ich für diese köstlichen Speisen danken?«
Ihre Sitznachbarn tauschten verwirrte Blicke aus.
»Na, ich find’s schon heraus.« Ohne ein weiteres Wort brach sie auf. Wie lange sie wohl brauchte, den Schlafraum und ihre Tasche zu finden – vorausgesetzt, letztere war inzwischen wieder aufgetaucht? Nicht, dass ihre eigene Kleidung von Nutzen gewesen wäre: Shorts, Stringbikinis und Tops in tropischen Farben waren hier alles andere als angemessen. Doch ihr Zahnreiniger und ihre weichen Lieblingspantoffeln wären ganz nett. Auch hatte sie sich vor ihrem Aufbruch von DS9 einige Romane aufs Padd geladen. Was gab es Besseres, um sich einen stürmischen Abend zu vertreiben? Shar konnte sich ruhig Zeit lassen. Sie würde für ihn da sein, falls er sie brauchte.
Und sie war tatsächlich müde. Andorianer mochten mit drei bis vier Stunden Schlaf auskommen, als Mensch brauchte sie aber mindestens sechs und einen großen
Raktajino
, um als empfindsames Wesen durchzugehen.
Aus der Speisehalle gelangte sie in einen gewölbeartigen Vorraum und merkte, dass sie besser nach dem Weg gefragt hätte. Wo genau lag ihr Schlafplatz? Prynn zählte zehn relativ identisch wirkende Korridore, die aus dem Raum führten.
Schätze, ich muss wohl blind wählen …
Sie brauchte nicht lange, um zu erkennen, wie falsch ihre Wahl war. Hinter der ersten Biegung hörte sie Stimmen vor sich, das Echo fernen Geflüsters, und schritt neugierig weiter. Mit jedem Meter wurden die Geräusche deutlicher. Es waren Kinderstimmen, und sie sangen eine Geschichte über zwei Personen namens Thirizaz und Shanchen. Diese verlangten offenbar von einem Vulkan, er solle Lava ins Meer bluten, damit ein Nebel entstand. Durch diesen hofften die beiden einem bösen Geist zu entkommen, der danach trachtete, sie voneinander zu trennen. Prynn folgte dem Gesang bis zu einer Kreuzung, von der aus sie durch die transparenten Decken vierer Klassenzimmer blicken konnte.
Seltsame Zeit für eine Schulstunde
, dachte sie – und begriff. Da Andorianer nur ein Achtel ihres zweiunddreißigstündigen Tages schlafend verbrachten, waren sie weder tag- noch nachtaktiv, sondern an ein Leben und Arbeiten zu allen Zeiten gewöhnt. Das erklärte auch, warum in der Festung noch immer so viel los war, warum die Bewohner selbst um Mitternacht üppig dinierten, und warum Kinder um diese Zeit noch lernen konnten.
Auf einer Seite eines der Zimmer hockte ein Dutzend von ihnen auf Teppichen. Die Kinder trugen grobe braune Gewänder und beugten sich über große Padds, während ein Aufseher/Lehrer zwischen ihnen umher schritt und ihnen über die Schultern blickte. Es schien sich um eine Art Prüfungssituation zu handeln. Prynn schaute in die nächste Klasse und fand die jungen Sänger. Diese wirkten um einiges jünger, sechs oder sieben nach irdischen Maßstäben. Sie saßen im Kreis, sangen ihr Legendenlied und illustrierten dessen Geschichte mit passenden Armbewegungen. Prynn lauschte noch ein Weilchen und erfuhr, dass Thirizaz und Shanchen es geschafft und zurück zu ihren Freunden Zheusal und Charaleas gefunden hatten.
Sie ging weiter und schaute in Zimmer drei. Unter ihr saß ein Dutzend älterer Schülerinnen und
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