ST - Die Welten von DS9 2: Andor - Paradigma
ein Leben lang darin, sich hinter einer schützenden undurchdringlichen Fassade zu verstecken.
Prynn zog einen Morgenmantel aus dem Haufen, hielt ihn sich an die Schultern und prüfte seine Länge. Er reichte ihr bis zur Hälfte der Oberschenkel. Sie warf ihn fort und begann ihre Suche von Neuem, bis sie endlich einen Kaftan mit Kapuze und geflochtenem Band entdeckte. Sie zog ihn sich über den Kopf. Die langen Ärmel fielen ihr nicht über die Hände, der Saum reichte bis zum Boden, schleifte aber nicht. Das würde genügen.
Sie sah toll aus, fand Shar. Braungebrannte Haut unter weißem Stoff. Und so jung – weit jünger als ihre sechsundzwanzig Jahre. Plötzlich drängte es ihn danach, ihr nahe zu sein.
Prynn raffte das Gewand hoch und sah ihn erwartungsvoll an, sie berührte ihn am Arm. »Das wird schon, glaub mir.«
Er nickte. »Ich weiß.«
»Hast du schon von Dr. sh’Veileth gehört?«
»Danke, dass du mich daran erinnerst. Ich hatte heute Morgen mehrere neue Nachrichten in meiner Datenbank, kam aber noch nicht dazu, sie durchzusehen.«
»Ich kann das für dich erledigen. Thia würde die Resultate sicher gern hören – ganz egal, was die Ärztin berichtet.«
Shar hob die Brauen. »Haben wir unsere Meinung bezüglich Thia geändert?«
»Weiß nicht. Sie riskierte ihr Leben für uns. Und sie hat Phillipa gerettet.« Prynn nickte pragmatisch. »Und sie ist nicht hier. Manche Leute kann man viel leichter mögen, wenn sie nicht neben einem stehen. In meinem Volk sagt man zwar ‚Aus den Augen, aus dem Sinn‘, aber ich glaube, das stimmt nicht.«
»Interessant. Mein Volk sagt etwas ganz Ähnliches.«
Nun, da Prynn angemessen gekleidet war, hatte Shar keine Entschuldigung mehr, seinen Besuch bei Thantis hinauszuzögern. Er musste sich seiner
Zhadi
stellen und ließ es auch Prynn wissen.
»Ich könnte dich hinbringen – sogar bleiben, wenn du es willst«, schlug sie vor. »Thantis traut sich bestimmt keine Gemeinheiten, wenn ich dabei bin.« Sie lächelte, doch es war ein unsicheres Lächeln – eher beunruhigend als aufmunternd.
Shar spürte, wie nervös die Situation sie aller gegenteiligen Beteuerungen zum Trotz machte. Prynn war die Einzige hier, die keinen direkten Bezug zu Thriss hatte. Sie war nur wegen ihm gekommen.
»Nein«, sagte er daher. »Das hier muss ich allein schaffen.«
Die Entsendung war noch einige lange Stunden entfernt. Prynn hatte keine Ahnung, wie sie diese füllen sollte. Phillipa bastelte noch an ihrer Trauermaske. Von Prynn wurde keine erwartet – dafür war sie zu spät eingeladen worden und hatte zu wenig mit der Verstorbenen zu tun. Ihr Pech, hätte die Arbeit sie doch wenigstens beschäftigt.
Und jetzt?
, fragte sie sich.
Bleiben höchstens Shars Nachrichten
.
In einer Nische im Korridor fand sie ein öffentliches Computerterminal, rief sich das Komm-Netz der Sternenflotte auf und gab Shars Kennung ein. Dann wartete sie auf den Posteingang. Als sie die Liste überflog, sah sie Stationsmeldungen von Captain Kira, die wöchentlich wechselnde Speisekarte vom
Quark’s
und einen Willkommensgruß der Vereinigung der Promenandenhändler an den neuen Manager des Replimats.
Sh’Veileths Botschaft befand sich zwischen einem Schreiben der DS9-Stationstechniker und einem Nachrichtenüberblick aus dem Komm-Netz Bajors. Prynn überflog den Brief der Forscherin und konnte sich ein Lächeln nicht verkneifen. Da war er, der so dringend gesuchte Zeitvertreib.
»Ich muss Thia finden«, murmelte sie. Sie erinnerte sich, dass ihre Unterkunft ganz in der Nähe war – vermutlich sogar Zugang zum Untergrundbahnnetz hatte, und schon hatte sie eine Beschäftigung bis zur Entsendung gefunden.
Im Foyer, das sie im Geiste seiner vielen Korridoreingänge wegen »Hub« getauft hatte, war ihr plötzlich, als sähe sie einen
thaan
von einem Gang in den nächsten eilen. Prynn kniff die Lider enger zusammen. Tatsächlich, er war es! Hatte er sie bemerkt? Würde es ihn stören, wenn sie ihn ansprach? Sie und Shar verdankten ihm ihr Leben.
»Anichent.«
Sichtlich verblüfft blieb er stehen und drehte sich um. Seine Miene wurde sanfter, als er sie erkannte, und er verneigte sich. Prynn tat es ihm gleich. Und dann fragte Anichent, wie er ihr helfen könne.
»Ich weiß nicht, ob mir die Bemerkung zusteht«, sprudelten die Worte mit einem Mal aus ihr heraus, »aber in meinem Volk ist es eine Sache des Anstands, eine derart große Tat nicht unkommentiert zu lassen. Ich … und Shar … Wir wären an
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