St. Leger 01 - Der Fluch Der Feuerfrau
Seine Lordschaft hat mir geboten, darüber niemals auch nur ein Wort zu verlieren, aber ich glaube, ich nutze ihm jetzt eher, wenn ich Euch, Euer Einverständnis vorausgesetzt, von ihnen berichte.«
Madeline glaubte zwar nicht, dass sie danach Anatoles Wahnsinn besser verstehen könnte, nickte aber dennoch. Septimus verschränkte die Finger ineinander und begann. »Cecily Wendham war eine sehr schöne Frau, die jeden Mann verzaubern konnte, und sehr gefühlsbetont. Im einen Moment die schiere Lebensfreude, und im nächsten brach sie in Tränen aus.
Es bedurfte nicht erst eines Brautsuchers, um zu erkennen, dass sie nicht die Richtige für einen St. Leger sein konnte. Aber Lyndon hatte sich Cecily in den Kopf gesetzt, und am Ende blieb uns anderen nichts übrig, als ihm alles Gute zu wünschen und für das Paar zu beten. Anfangs ging auch alles gut. Die beiden sind viel gereist, und Lyndon hat seiner Braut jede Laune durchgehen lassen. Doch dann starb sein Vater, und er war gezwungen, nach Cornwall zurückzukehren und seinen Platz als neuer Lord einzunehmen.«
Fitzleger lächelte unglücklich. »Castle Leger ist nicht gerade der ideale Ort für jemanden mit schwachen Nerven.«
»War Cecily denn in die Geheimnisse der Familie eingeweiht?«
» Oh ja, Lyndon hatte ihr alles erzählt. Aber es war nun einmal ihre Art, Störendes zu verdrängen. Doch als Anatole das Licht der Welt erblickte, konnte sie sich nicht länger etwas vormachen.
Der Junge war nicht gerade das, was man einen kleinen Sonnenschein nennt, und er hatte so gar nichts von Roman an sich. Anatole war immer zu groß für sein Alter und hat sehr lange gebraucht, damit zurechtzukommen. Und auch mit seinem aufbrausenden Temperament. Selbst als Säugling hat er nicht geschrien, sondern gebrüllt.« Fitzleger und sie lächelten sich kurz an, dann fuhr er fort. »Ich fürchte, Cecily hat ihren Sohn vom ersten Moment an gefürchtet. Und als der Junge seine besonderen Fähigkeiten demonstrierte, wurde es noch schlimmer mit ihr. Einmal ließ er seine Spielgzeugsoldaten durch sein Zimmer fliegen. Cecily hat einen Schreikrampf bekommen. Sie ließ ihn aus dem Haus schaffen und ins Torhaus einsperren.«
»Aber das ist doch ein altes Gemäuer«, entsetzte sich Madeline.
»Ja. Als ich ihn dort fand, hatte er sich in eine Ecke verkrochen. Ich musste sehr lange auf ihn einreden, bis er wenigstens die Augen öffnete.«
»Anatole muss wohl sehr große Angst gehabt haben.«
»Ja, leider, aber seine Mutter wollte nichts davon hören. Sie behandelte den Jungen, als sei er der Gottseibeiuns. Anatole durfte das Haus nicht mehr betreten und musste in dem alten Gemäuer bleiben, wo sich nur Trigghorne um ihn kümmerte.«
»Und sein Vater hat das zugelassen?«, rief Madeline. »Ja, das hat er. Lyndon liebte seinen Sohn, aber noch mehr seine Frau. Und er hoffte, Cecily würde den Jungen eines Tages akzeptieren.
Ungefähr zu dieser Zeit verlor Roman seine Mutter. Cecily lud ihn oft nach Castle Leger ein und verwöhnte ihn nach Strich und Faden - wodurch sich so mancher heutige Charakterfehler Romans erklären lässt. Ich glaube, Lyndons Frau gab sich gern der Vorstellung hin, eine böse Fee habe die beiden Knaben vertauscht, und in Wahrheit sei Roman ihr Sohn.
Der Vater unternahm nichts, um ihr diesen Unsinn auszureden. Im Nachhinein gesehen, muss man wohl zu dem Schluss kommen, dass Lyndon ein sehr schwacher Mann gewesen ist. Sein einziger vernünftiger Entschluss bestand darin, mich ins Torhaus zu schicken, damit Anatole so etwas wie eine Ausbildung erhielte.
Ich habe mein Bestes gegeben, aber ich sah mich nicht in der Lage, den Jungen zu lehren, wie er mit seinen Kräften umgehen musste.« Septimus schüttelte traurig den Kopf. »Gesegneter Anatole, irgendwie hat er sich das aus eigener Kraft beigebracht. Er besaß eine rasche Auffassungsgabe, war sehr intelligent und hat trotz allem seine Mutter sehr geliebt. Wenn ihre Kutsche draußen vorbeifuhr, ist er sofort zum Fenster gelaufen, um einen Blick auf sie zu erhaschen.
Glaubt mir, das hat mir manchmal das Herz zerrissen.« Der Reverend musste sich die Nase putzen, ehe er fortfahren konnte.
»Anatole ist mir bei jeder sich bietenden Gelegenheit entwischt. Meist hat er sich irgendwo im Garten versteckt, um von dort seine Mutter zu betrachten. Im Grunde ist das ja noch nichts furchtbar Schlimmes, aber eines Tages ...« Fitzleger starrte in das Feuer, so als durchlebe er den schrecklichen Vorfall noch einmal. Madeline
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