St. Leger 01 - Der Fluch Der Feuerfrau
zumindest so lange, bis Ihr zu Euch selbst zurückgefunden habt. Ich werde hinausgehen und nach Anatole suchen ... so, wie ich das früher oft genug getan habe. Gott steh mir bei, hoffentlich finde ich einen Weg, alles wieder ins Lot zu bringen.« Der Pastor legte ihr beruhigend eine Hand auf die Schulter und schlurfte dann hinaus, um sich den Mantel umzulegen. Doch als er ging, wirkte er so niedergeschlagen, dass Madeline sich fast noch mehr sorgte als vorher. Allein auf der Couch sitzend, fand sie keine Ruhe. Wo mochte Anatole stecken? Was dachte und fühlte er gerade? Ob er sie jetzt verachtete?
Nein, so etwas würde der Burgherr niemals tun. Er hatte gewiss ihre Reaktion gefürchtet und war sicher auch davon sehr enttäuscht gewesen.
Aber er würde ihr keine Vorwürfe daraus machen. Vermutlich sorgte er sich gerade genauso sehr um sie wie sie sich um ihn.
Nein, dank seiner Geistfähigkeiten wusste er, wo sie sich befand und dass sie zumindest körperlich wohlauf war. Als Anatole ihr diese Gabe eingestanden hatte, war sie sehr erschrocken und hatte sich vollkommen entblößt gefühlt. Doch jetzt war ihr die Vorstellung doch sehr angenehm, dass Anatole sie immer und überall aufspüren konnte. Sie fühlte sich geborgen wie in seinem Umhang, der so angenehm nach ihm roch.
Und der Gedanke ließ ihr die Trennung noch unerträglicher erscheinen; denn sie ... sie liebte ihn. Als Madeline klar wurde, was ihr da gerade durch den Sinn gegangen war, blieb ihr für eine Sekunde das Herz stehen. Niemals hatte sie diese Worte gedacht, geschweige denn laut ausgesprochen - selbst in den leidenschaftlichsten Moment zwischen ihnen nicht.
Trotz allem, was an ihm und in ihm war - Nein! -, wegen all dem, was an ihm und in ihm war, liebte Madeline ihn. Wenn sie nur früher auf ihr Herz gehört hätte, wäre ihr das auch schon länger bewusst gewesen.
Die junge Frau richtete sich wieder gerade auf. »Ihr habt Euch nicht geirrt, Mr. Fitzleger. Ich mag zwar eine Närrin sein, aber ich bin dennoch die Auserwählte für Anatole St. Leger.«
Wie sollte, konnte sie ihren Gemahl nur finden? Wenn sie doch nur ein wenig seiner Gaben besäße ... Das Schwert!
Madeline zuckte bei der Vorstellung zusammen, sich der mysteriösen Magie dieser Waffe zu bedienen. Nun los, zwang sie sich; hatte sie heute nicht schon genug Feigheit an den Tag gelegt?
Tapfer erhob sie sich und suchte in dem kleinen Haus nach der Waffe. Keine allzu schwere Aufgabe, denn der Reverend hatte die Klinge auf dem Tisch in der Diele abgelegt. Madeline nahm allen Mut zusammen, fühlte sich wie der junge Artus, als er zum ersten Mal Excalibur aus dem Stein zog, und befreite das Schwert aus seiner Scheide. Vorsichtig trug sie die Waffe zum Kamin und hielt den Kristall mit den Fingern umschlossen. Wenn der Stein jetzt angefangen hätte zu glühen oder sonst etwas Verrücktes zu tun, wäre sie bestimmt schreiend aus dem Haus gelaufen.
Und was jetzt? Musste man eine Beschwörung murmeln oder sonst etwas anstellen? Nein, beim ersten Mal war sie ohne solchen Firlefanz ausgekommen. Man sah nur in den Kristall und konzentrierte sich ... »Wenn du wirklich Magie besitzt, dann zeig mir, wo ich Anatole finden kann.«
Madeline starrte auf den Stein, bis ihr die Augen brannten. Nach einer Weile zeigte der Kristall zumindest wabernde Nebel.
Darin tauchte ... ihr Kopf auf ... und verschwand wieder hinter den Nebelschleiern. An einer anderen Stelle riss der Nebel auf und zeigte - Anatole.
Er kniete vor etwas ... und war nicht allein ... Jemand schlich sich an ihn heran, den Madeline nur von hinten sehen konnte. Doch die Gestalt trug langes rotes Haar! Die junge Frau konzentrierte sich stärker. Offenbar bekam sie eine Szene gezeigt, die sich erst noch ereignen würde. Die Rothaarige holte aus, Stahl blitzte auf, und Anatole brach, in der Brust getroffen zusammen. Mit einem spitzen Schrei ließ Madeline das Schwert fallen, und lange Zeit brachte sie es nicht über sich, die Waffe anzusehen.
Als sie es schließlich doch wagte, wieder hinzuschauen, funkelte der Kristall erneut im matten Feuerschein. Aber die Vision blieb in ihr lebendig. Anatole lag in seinem Blut.
Das durfte doch nicht sein ... hatte er ihr nicht einmal etwas Ähnliches erzählt. Dass er in einer Vision eine Frau mit roten Haaren gesehen hatte, vor der er sich hüten solle? Und doch hatte Madeline sich in dem Stein gesehen. Mit einem Messer in der Hand ...
»Lieber Gott, bitte nein. Das wird niemals geschehen. Ich
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