St. Leger 01 - Der Fluch Der Feuerfrau
sehr Leid, Mylord ... Ich habe ihr alles ausgerichtet, was Ihr mir aufgetragen habt. Aber ihr Entschluss steht fest. Madeline wünscht, sofort nach London zurückzukehren.«
St. Leger musste sich eingestehen, dass er mit dieser Antwort gerechnet hatte. Wie ein Häftling auf sein Urteil hatte er eine solche Entscheidung erwartet. Er sank auf seinen Stuhl zurück. Madeline würde ihn verlassen. Nicht für eine Woche oder einen Monat, sondern für immer.
»Also gut«, murmelte er.
Anatole besorgte sich Feder und Tinte, zog ein Blatt aus der Schublade und fing an zu schreiben. »Ich beauftrage meinen Anwalt, ihr ausreichend Mittel zur Verfügung zu stellen, damit sie ein sorgenfreies Leben führen kann. Den Rest ihrer Habe lasse ich nach London nachschicken. Ach ja, ihre Bücher, die wird sie auch zurückhaben wollen.«
Marius, der bislang geschwiegen hatte, rief: »Bei Gott, Anatole, Ihr könnt sie doch nicht gehen lassen!«
»Was soll ich denn Eurer Meinung nach tun, Vetter? Sie hier anketten?«
»Eure Lady fürchtet sich nicht wirklich vor Euch. Sicher, ich wäre auch erschrocken, wenn mir die halbe Burg um die Ohren geflogen wäre, aber ich habe Madeline ins Herz gesehen und dort nur Mut und Liebe für Euch entdeckt.«
»Eure Kräfte scheinen nachzulassen, Marius. Mylady kann mich niemals lieben.«
Fitzleger seufzte. »Möge Gott mir beistehen. Das alles ist mein Fehler.«
»Nein, alter Freund, Ihr habt Euer Bestes gegeben. Die Schuld liegt allein bei mir.«
Doch der Reverend ließ sich davon nicht beruhigen. Er lehnte sich an den Kaminsims und legte den Kopf auf den Ärmel. Septimus weinte.
Anatole und der Arzt sahen sich hilflos an. Dann starrte Marius den alten Mann an und konzentrierte sich auf ihn.
»Er verbirgt etwas vor Euch, Anatole ... etwas über Madeline.«
Der Burgherr konnte das zunächst nicht glauben. Fitzleger war immer der ehrlichste Mensch gewesen. Nur einmal hatte er ihn zurückhaltend erlebt - damals, als der Pastor ihm angekündigt hatte, dass seine Braut unterwegs sei... »Fitzleger?«, fragte Anatole streng.
Der Reverend schien in sich zusammenzusacken. »Ich glaube nicht, dass ich das noch länger ertragen kann ...
Seine Lordschaft so am Ende zu sehen ... Doch ich habe Madeline ein Versprechen gegeben.«
»Worauf habt Ihr Euer Wort gegeben?«
Als der Pastor schwieg, bemerkte Marius: »Es hat wohl etwas mit dem Grund zu tun, warum die Lady Euch nicht mehr sehen will.«
Fitzleger gab sich geschlagen. »Wir beide kamen überein, Euch darüber im Unklaren zu lassen, Mylord ...«
»Worüber?«
»Madeline reist nicht fort, weil sie Euch fürchtet, sondern weil sie um Euch fürchtet.«
»Redet so, dass man es auch verstehen kann, Mann!«
»Mylady sorgt sich, wenn sie bei Euch bliebe, würde sie Euch ermorden ... Sie hatte nämlich eine Vision ...«
»Ihr wisst genau, Reverend, dass das unmöglich ist. In Madelines Adern fließt kein St-Leger-Blut.«
»Sie hat den Kristall befragt. Von dem hatte sie nämlich schon früher einmal eine Prophezeiung erhalten. Die hielt sie zuerst nur für ein Phantasiegebilde, aber dann wurde sie tatsächlich wahr. Das Schwert hatte ihr nämlich gezeigt, dass Ihr mit ihr ausreifen würdet, zum stehenden Stein.«
»Das glaube ich einfach nicht.«
»Warum nicht, Vetter, Ihr seid ein St. Leger und daher daran gewöhnt, so gut wie alles für möglich zu halten.« Anatole biss die Zähne zusammen. Der Arzt hatte Recht. Sein Blick wanderte zu der Klinge, die auf dem Schreibtisch lag. Natürlich hatte er selbst auch die Geschichten von den St.-Leger-Frauen gehört, die sich seiner bedient hatten.
Ach, Madeline ...
Es gab nur eine Möglichkeit, der Sache auf den Grund zu gehen. Anatole musste selbst einen Blick in den Kristall werfen.
Er hielt das Schwert in die Höhe, starrte auf den Stein und konzentrierte sich.
Als der Nebel sich teilte, sah er die rothaarige Frau. Dieselbe Feuerlady, vor der er schon vor Monaten gewarnt worden war.
Anatole konzentrierte sich, um den Nebel ganz zu vertreiben, und endlich schaute er die Szene in ihrer ganzen Klarheit.
Er wusste jetzt, warum er früher stets davor zurückgeschreckt war. Selbst ein St. Leger benötigte ungeheuren Mut, seinen eigenen Tod vorauszusehen. »Nun?«, fragte der Arzt, nachdem der Burgherr die Waffe wieder abgelegt hatte.
»Fitzleger hatte Recht. Madeline hat tatsächlich etwas gesehen: meinen Tod.«
Marius erbleichte noch mehr und murmelte eine Verwünschung.
Anatole hingegen fühlte,
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