St. Leger 01 - Der Fluch Der Feuerfrau
Wunder bewirken? Aber die St. Legers kümmerten sich um die Ihren. Und was würde Madeline dazu sagen, wenn er die Hände in den Schoß legte und Will zugrunde gehen ließ? Anatole stieß einen Fluch aus und schob sich an dem Arzt vorbei. Er stürmte in die Kammer im Gesindeteil des Hauses, in dem der Junge lag.
Verdammter Bengel. Der Burgherr hatte nicht übel Lust, ihm das Essen in den Rachen zu stopfen. Madeline hätte sicher gewusst, wie man mit ihm reden musste. Aber seine Frau war nicht hier.
Als Anatole den Raum erreichte, war sein Zorn größtenteils verflogen. Will lag zusammengesunken in seinem Bett und war schon so apathisch, dass er nicht einmal den Kopf hob, als Seine Lordschaft eintrat.
Trigghorne, der gerade vergeblich versucht hatte, den Jungen zu ein paar Löffeln Suppe zu überreden, erhob sich jedoch sogleich und nahm respektvoll Abstand. Anatole glaubte, in dem leeren Blick des jungen Knechts seinen eigenen wieder zu erkennen. Wenn er doch wenigstens Deidres Gabe besessen hätte. Doch ihm standen nur seine eigenen zur Verfügung.
Er legte dem Jungen eine Hand auf die Wange. »Will, seht mich an. Ich möchte, dass Ihr mir in die Augen schaut.« Marius, der ihm gefolgt war, erstarrte, und Trigghorne schrie: » Oh Gott, bitte, nein, Mylord. Nicht noch eine verwünschte Vision!«
Doch Will befolgte den Befehl ohne Furcht: »Ich hoffe, Herr, diesmal seht Ihr meinen Tod voraus.« Anatole konzentrierte sich, und tiefe Falten zeigten sich auf seinen Zügen.
»Was ich erblicke, ist schlimmer als der Tod - Ihr werdet heiraten!«
Der Junge lachte ungläubig. »Wer würde mich denn schon zum Mann nehmen, einen hilflosen Krüppel?« Der Burgherr richtete sich zur vollen Größe auf. »Wagt Ihr etwa, an meiner Macht zu zweifeln?«
»N-nein, Herr...«
»Ich vermag das Gesicht des Mädchens nicht zu schauen, doch Ihr werdet zwölf Kinder zeugen.«
»Der Herr steh ihm bei!«, stöhnte Trigghorne. »Daher rate ich Euch dringend, wieder mit dem Essen zu beginnen. Ihr werdet Eure Kräfte dringend brauchen.« Will nickte, und tatsächlich kehrte etwas Farbe in sein Gesicht zurück.
Anatole ließ ihn allein und ging in sein Arbeitszimmer zurück. Er hatte sich gerade an seinem Schreibtisch niedergelassen und wollte sich von Neuem in die düstersten Gedanken versenken, als Marius bei ihm erschien. »Allmächtiger, Cousin, Ihr solltet den Jungen sehen. Will schaufelt Essen in sich hinein, als müsse er noch heute das Dutzend Kinder zeugen. Wie eigenartig, zum ersten Mal hattet Ihr eine Vision, die nicht eine Katastrophe voraussagte.«
»Ich wusste gar nicht, wie gut ich mich aufs Lügen verstehe.«
»Was?«
»Ich habe mir das alles nur ausgedacht; oder glaubt Ihr, ich hätte mich plötzlich in einen Engel des Lichts verwandelt?«
Er erwartete, von dem Arzt mit Vorwürfen überschüttet zu werden, doch Marius sah ihn nur bewundernd an. »Ihr seid wirklich geschickt Will wird erst sehr spät dahinter kommen, dass Ihr ihn angeschwindelt habt. Und wer weiß, vielleicht trifft Eure Prophezeiung ja sogar ein. Wie ist Euch das nur eingefallen?«
»Seit meiner Vermählung mit Madeline bin ich ziemlich gut darin geworden, mir Geschichten auszudenken.« Bei der Erwähnung ihres Namens verfielen beide Männer in Schweigen. Marius' Miene trübte sich noch mehr. »Anatole, ich wollte Euch schon die ganze Zeit sagen, wie Leid mir das alles tut -«
»Lasst es gut sein«, warnte der Burgherr ihn. Er konnte das Mitgefühl des Vetters jetzt nicht ertragen, von einem Mann, der ebenso gut wie er wusste, was Einsamkeit und Verzweiflung bedeuteten.
Marius seufzte, kam aber nicht mehr dazu, etwas zu entgegnen, weil in diesem Moment der Brautsucher ins Zimmer geführt wurde.
»Fitzleger!« Anatole sprang auf und konnte sich nicht dagegen wehren, dass Hoffnung in ihm aufkeimte. Als sie allein waren, erkannte der Burgherr, wie sehr der Pastor in den letzten Tagen gealtert war. Er ging gebeugt, und seine luftigen weißen Haare hingen schlaff herab. Anatole konnte die Antwort in den Augen des Mannes lesen, doch er musste es genau wissen. »Habt Ihr ... habt Ihr mit Madeline gesprochen?« Der alte Mann sagte nichts und zog einen länglichen Gegenstand aus seinem Umhang. Das St.-Leger-Schwert.
»Sie weigert sich also, mich zu sehen«, murmelte der Burgherr und schluckte schwer. »Habt Ihr meiner Frau gesagt, dass ich geschworen habe, meine Kräfte nie mehr einzusetzen? Dass ich mich zu ihr auf Distanz halten werde?«
»Es tut mir
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