ST - New Frontier 5: Ort der Stille
wie verändert. In ihrer Stimme lag nicht nur Zorn, sondern eine Härte wie Stahl, und als sie sprach, tat sie es weder flehend oder bittend noch trotzig oder bockig. Es war wie ein Befehl, der selbstverständlich befolgt werden musste.
»Bringen Sie mich hin!«
Es bestand kein Zweifel: Es war ein Befehl.
Xyon spielte mit der Idee, sie zu fesseln oder einzusperren oder ihr auf irgendeine andere Weise beizubringen, wer auf diesem Schiff das Sagen hatte und wer wem Befehle erteilen durfte. Doch hörte er zu seiner Überraschung, wie er sagte: »Also gut. Lyla, setze Kurs auf Stern 7734.«
»Kurs liegt an.«
»Dann los.«
Die Tatsache, dass ihr recht schroff geäußerter Befehl befolgt worden war, schien Riella nicht im Geringsten zu beruhigen. Ihre Anspannung ließ nicht nach. Ihr Blick kehrte von Xyon zu den Sternkarten zurück und verweilte dort einige Zeit, obwohl das Schiff bereits zum angegebenen Ziel unterwegs war.
Nicht zum ersten Mal fragte sich Xyon, in welche Schwierigkeiten er sich wieder einmal manövriert hatte.
Riella wollte nicht schlafen. Sie wusste, was dann geschehen würde, weil es bislang jedes Mal geschehen war, wenn sie sich schlafen gelegt hatte. So etwas wie ein friedlicher, erholsamer Schlaf war ihr auf immer verwehrt. Wenn sie einschlief, würden die Träume kommen, dann würde sie erwachen und sich wieder etwas mehr von sich selbst entfremdet fühlen.
Stunde um Stunde war sie wach geblieben und hatte auf die Sternkarte gestarrt, während das Schiff, die
Lyla
, dem Kurs folgte, den sie so nachdrücklich eingefordert hatte. Xyon hatte schließlich seiner Erschöpfung nachgegeben und sich zum Schlafen in sein Bett im hinteren Teil des Schiffes zurückgezogen. Nicht, dass er ihr plötzlich vertraute. Sie hatte gehört, wie er Lyla leise Befehle zugemurmelt hatte und sie hatte die Worte »Behalt sie im Auge« verstanden. Sie wusste, dass er Lyla angewiesen hatte, ihn zu wecken, falls Riella sich verdächtig verhielt.
Sie überlegte, was sie tun konnte, um wach zu bleiben. »Lyla«, sagte sie schließlich.
»Ja«
, kam die knappe Antwort.
»Was bist du?«
»Wie bitte?«
, fragte das Schiff zurück.
»Nun … ich meine, ich kann nicht behaupten, dass ich mich mit der Technik auskenne, die in der Galaxis verwendet wird. Wahrscheinlich weiß ich viel weniger als die meisten Leute über diese Dinge. Aber ich hatte immer gedacht, es gäbe keine Computer, die so hoch entwickelt sind, dass sie …«
»Wie kommen Sie darauf, ich sei ein Computer?«
, wurde sie von Lylas Stimme unterbrochen.
Riella wusste nicht, was sie von dieser Frage halten sollte. »Ich verstehe nicht ganz …«
»Wie kommen Sie darauf, dass ich ein Computer sein könnte?«
»Bist du keiner?«
»Eher nicht.«
Riella spürte, wie es ihr eiskalt über den Rücken lief. »Aber … was bist du dann? Ein Geist? Oder …«
»Ein Geist?«
Lyla lachte.
»Nein, ganz im Gegenteil. Ich bin sehr lebendig.«
»Lebendig?« Riella konnte es kaum fassen. »Aber … wie kannst du lebendig sein? Lebt etwa das ganze Schiff?«
Wieder war das unheimliche Lachen zu hören.
»Nur insofern, als ich ein Teil des Schiffes bin. Das Schiff selbst ist nicht intelligent. Aber ich bin es selbstverständlich.«
»Selbstverständlich«, sagte Riella und bemühte sich um Gelassenheit, obwohl ihr die Angelegenheit ziemlich verrückt vorkam. »Selbstverständlich bist du intelligent. Ich meine … warum auch nicht?«
Lyla zögerte. Riella spürte genau, dass sie nicht einfach nur schwieg. Der Computer, das Wesen oder was immer es sein mochte, zögerte, ihr zu antworten.
»Ich war einmal jemand anderes«
, sagte Lyla.
»Jemand … sehr Böses. Ich konnte mich nicht in die Gesellschaft einfügen. Ich habe anderen nicht geholfen. Das hier … war meine Strafe … und meine Rettung.«
Allmählich dämmerte Riella, wie sich die Dinge verhielten. »Du bist … nicht körperlich hier, nicht wahr …?«
»Eher nicht. Aber mein Persönlichkeitsmuster wurde in das Schiff integriert. Als Teil eines experimentellen Programms, das von ehemaligen Wissenschaftlern des Daystrom-Instituts durchgeführt wurde.«
»Und dann wurde dieses Schiff Xyon anvertraut? Ein so einzigartiges Schiff? Warum?«
»Anvertraut? Nein. Xyon neigt eher dazu, sich Dinge anzueignen, statt sie sich anvertrauen zu lassen.«
Riella kniff die Lippen zusammen. »Also ist er ein Dieb. Ist es das, was du mir sagen willst?«
»Aber ja!«
Riellas Meinung von Xyon (die sich immer noch nicht
Weitere Kostenlose Bücher