ST - New Frontier 5: Ort der Stille
endgültig gebildet hatte) verschlechterte sich unvermittelt wieder. Ein Held, ein Abenteurer, ein selbstloser Retter … diese Eigenschaften konnte sie akzeptieren, vielleicht sogar bewundern, auch wenn er immer noch etwas Beunruhigendes an sich hatte. Aber wenn er so wenig Moral besaß, dass er zum Dieb werden konnte, stellte das alles infrage, was er bisher gesagt und getan hatte. Wer wusste, für welche finsteren Zwecke er Riella missbrauchen wollte? Vielleicht hoffte er, ein Lösegeld für sie zu erpressen, oder …
Sie wusste es nicht. Es gab zahllose Möglichkeiten, und keine davon wäre besonders angenehm.
Doch etwas hatte sie immer noch nicht verstanden. Sie wollte mehr über Lylas Herkunft wissen, brachte es aber nicht übers Herz, danach zu fragen. Dann konzentrierte sie sich auf einen anderen Punkt. »Etwas ist mir noch unklar. Wenn du intelligent bist, kannst du doch gehen, wohin du willst. Oder hat er dich so programmiert, dass du …?«
»Nein, ganz und gar nicht. Ich bin aus freiem Willen bei ihm.«
»Aber warum bleibst du dann? Warum gibst du dich mit einem … Dieb ab?« Dieses Wort war ihr so zuwider, dass es ihr schwerfiel, es in den Mund zu nehmen.
»Weil ich ihn mag«
, sagte Lyla, als wäre es offensichtlich.
»Wie kannst du einen Dieb mögen?«
»Ich mag Xyon. Was er tut, spielt für mich keine Rolle. Ich bin kein Richter. Ich schätze jemanden, weil er ist, wer er ist, nicht was er ist.«
»Das ist sehr … großzügig von dir.«
»Wirklich?«
Lyla dachte einen Moment lang darüber nach.
»Ja, ich denke, das ist es. Ich habe noch nie zuvor einen Gedanken daran verschwendet. Interessant, nicht wahr? Obwohl ich mit meinem Computergeist sehr schnell denken kann … gelingt es mir offenbar nicht, an alles zu denken.«
»Ja, sehr interessant.« In Wirklichkeit war sie sich gar nicht sicher, ob es tatsächlich interessant war, aber derzeit gab es kaum noch etwas, dessen sie sich sicher war.
Das Einzige, das sie mit Sicherheit wusste, war die Tatsache, dass sie diesen Punkt auf der Sternkarte erreichen musste, den Stern mit der Nummer 7734.
Den Ort der Stille
.
Die Worte waren ein Flüstern in ihrem Geist. Als sie sich erneut der Sternkarte und der Zahl 7734 zuwandte, verschwamm die Darstellung vor ihren Augen. Sie kämpfte dagegen an und rieb sich die Augen. Sie hatte jedes Zeitgefühl verloren. Sie wusste nicht mehr, wie viele Stunden sie schon wach war. Es fühlte sich an wie Tage. Aber sie wagte nicht zu schlafen, weil sie dann träumen würde …
Vom Ort der Stille, wo sich der Nebel um sie herum verdichtete und sie durchdrang, sodass sie in tiefster Seele vor Kälte erzitterte. Dann entwich ihre Seele und wurde aus ihrem Körper gesogen. Die Finger ihrer Seele klammerten sich verzweifelt an ihr Herz und versuchten sich gegen das Schicksal zu wehren, aber der Nebel zerrte unerbittlich an ihrer Seele und zerriss sie. Sie und ihre Seele schrien gleichzeitig. Und da war der rothäutige Mann, da war Zoran (denn nun hatte er einen Namen) und …
… und noch einer. Noch ein rothäutiger Mann? Bei den Göttern, waren es plötzlich zwei geworden? Das Böse in doppelter Ausführung, eine zweifache Bedrohung? Aber …
… aber dieser hatte andere Züge, und er machte auf sie einen ganz anderen Eindruck. Bei ihm hatte sie ein besseres Gefühl. Er streckte die Hände nach ihr aus, dieser neue rote Mann, und er rief ihren Namen, auch wenn es gar nicht ihrer war, und der Nebel schien zornig auf ihn zu werden, dass er es wagte, sich einzumischen. Er wurde von allen Seiten bestürmt, aber er war stark, obwohl sie nicht wusste, wie stark er wirklich war. Sie strebte zu ihm und rief seinen Namen, nur dass sie ihn eigentlich gar nicht kannte, da sie ihn nie zuvor gesehen hatte …
… und plötzlich zerrte etwas ihr, und mit einem Ruck …
… erwachte sie und fiel mit einem überraschten Keuchen vom Stuhl. Ihr Kopf fuhr herum, und vom Boden aus sah sie, dass Xyon auf dem Sessel vor der taktischen Station saß. Er wirkte zerrauft und schien sich überhastet angekleidet zu haben. Offenbar war etwas geschehen, während er geschlafen hatte. Dennoch schien er hellwach zu sein und setzte sich gezielt mit dem Problem auseinander, was immer es sein mochte.
Dann hörte sie ein Explosionsgeräusch, und gleichzeitig wurde das Schiff durchgeschüttelt. »Was ist geschehen?«, rief sie.
»Jemand hat uns ins Visier genommen!«, rief er zurück. »Mit einem Traktorstrahl … einem ziemlich kräftigen, wie
Weitere Kostenlose Bücher