ST - TOS 101: Feuertaufe: McCoy - Die Herkunft der Schatten
und ihr dabei zugesehen, wie sie neue Sensorsysteme und experimentelle Prozeduren entwickelte. Und bei diesen Gelegenheiten war ihm natürlich auch ihr sanft geschwungener Hals, ihre wunderschönen grünen Augen und die geschmeidigen Kurven ihres Körpers aufgefallen. Als sie dort auf dem Bahnsteig vor ihm stand, hatte er einfach gehandelt, ohne nachzudenken.
Aber jetzt dachte er darüber nach. Als er auf die nächste Kabelbahnlinie zuging, um zu seiner gemieteten Wohnung in einem alten viktorianischen Gebäude in Potrero Hill zu fahren, wog er seine Beweggründe ab. Hatte er wirklich etwas für Tonia übrig oder war er einfach nur einsam? Emotional gesehen hatte er ein mehr oder weniger isoliertes Leben geführt. Seine Patienten waren ihm so wichtig, wie seine Position es erlaubte, er hatte einige sehr enge Freunde, und er war vielen Dingen gegenüber sehr leidenschaftlich. Doch trotz alledem hatte er nur wenige ernsthafte Liebesbeziehungen gehabt. Während seine Schuhsohlen über den Bürgersteig klapperten, dachte er an die Frauen, die er geliebt hatte: Emony, Jocelyn, Nancy, Tonia, Natira und Lisa. Zwei dieser Beziehungen – die mit Emony und die mit Natira – hatten armseligerweise noch nicht einmal Wochen oder Tage, sondern lediglich Stunden angehalten. Und zwei weitere – Tonia und Lisa – waren Affären an Bord eines Raumschiffs gewesen und hatten kein Jahr überstanden. Hinzu kam, dass er die letzte Beziehung, die mit Commander Lisa Dennehy, vor neun Jahren gehabt hatte, kurz nachdem die
Enterprise
zu ihrer Reise in Richtung Wassermannformation aufgebrochen war.
Ja, er war tatsächlich einsam. Das war er immer. Aber schloss das die Möglichkeit aus, dass ihm tatsächlich etwas an Tonia lag? Er glaubte nicht, dass es so war. Als er mit seinem Projekt angefangen und die Sternenflotte Tonia dem Team zugeteilt hatte, war McCoy skeptisch gewesen, dass sie problemlos zusammenarbeiten konnten. Es spielte keine Rolle, wie lang es her war, er hatte sie verletzt, und sie durfte daher wütend auf ihn sein.
Dennoch hatte sie ihm gegenüber niemals auch nur die geringste Abneigung an den Tag gelegt. Ihre gemeinsame Arbeit war sowohl angenehm als auch produktiv. Das gesamte Team arbeitete gut zusammen, und auch wenn sie das temporale subatomare Teilchen, über das er und Spock eine Theorie aufgestellt hatten, bisher noch nicht identifizieren konnten, war es ihnen immerhin gelungen, den Vorgang zur Identifizierung einzugrenzen. Es mochte Tage, Monate oder sogar Jahre dauern, bis sie Erfolg haben würden. War McCoy bereit, das für Tonia zu riskieren? Wenn sie sich wieder auf eine Beziehung einließen und es nicht klappte, wie schlimm würden dann die Auswirkungen für das ganze Team sein?
Doch obwohl McCoy darüber nachdachte, das, was er heute Abend angefangen hatte, gleich wieder zu beenden, widerstrebte ihm der Gedanke. Im Verlauf der letzten paar Monate war seine Bewunderung für Tonia über eine rein professionelle Ebene hinausgewachsen. Wenn er nicht im Labor war, musste er oft an sie denken. Irgendwann hatte er es sogar in Erwägung gezogen, ihr von seinen neu erwachten Gefühlen für sie zu erzählen, aber er hatte es sich immer wieder ausgeredet.
Bis zum heutigen Abend.
Doch alle Gründe, die dagegen sprachen, eine Beziehung mit Tonia einzugehen, waren nach wie vor zutreffend. Die einzige Veränderung bestand darin, dass er ihr seine Gefühle nun offenbart hatte. Er mochte natürlich immer noch in der Lage sein, sich aus der Affäre zu ziehen, ohne großen Schaden anzurichten. Er konnte Tonia einfach sagen, dass er es für unklug hielt, während ihrer gemeinsamen Arbeit eine Beziehung mit ihr einzugehen.
Die altmodische Kabelbahn näherte sich von der Kreuzung, bog in die Straße ein, an der McCoy entlangging und hielt an einer Ecke. Er fing an zu laufen und erwischte den Wagen gerade noch rechtzeitig, bevor die Bahn weiterfuhr. Als sich McCoy einen Platz in dem kaum besetzten Abteil suchte, musste er plötzlich an etwas anderes denken.
Was, wenn Tonia gar nichts von mir will?
Als er sie vorhin geküsst hatte, war sie nicht zurückgewichen. Tatsächlich hatte sie den Kuss sogar erwidert. Doch wer konnte schon sagen, wie sie dazu stehen würde, nachdem sie eine Nacht darüber geschlafen und Zeit zum Nachdenken gehabt hatte? Womöglich gingen ihr gerade ganz ähnliche Überlegungen durch den Kopf wie ihm, und McCoy musste sich keine Sorgen darum machen, die richtige Entscheidung zu treffen, weil sie
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