ST - TOS 101: Feuertaufe: McCoy - Die Herkunft der Schatten
Staaten den Alliierten anschließen, werden sie in der Lage sein, Deutschland, Italien und Japan zu besiegen. Wenn sie es nicht tun, werden Westeuropa und Asien fallen.«
»Aber Millionen amerikanischer Männer und Jungen werden in Sicherheit sein«, konterte Edith.
»Für wie lange?«, wollte Leonard wissen. »Glaubst du, Hitler, Mussolini und Hirohito werden sich mit dem, was sie bereits haben, zufriedengeben? Die Erde mag eines Tages vielleicht trotzdem vereint sein, aber nicht unter den Idealen des Friedens, der Toleranz und der Gleichberechtigung.«
»Leonard«, sagte Edith behutsam. Ihr war klar, dass seine Überzeugung für einen Kriegseintritt des Landes mit seinem Glauben zusammenhing, dass sowohl die Vereinigten Staaten als auch der Rest der Welt andernfalls dem Untergang geweiht wären. »Leonard, ich verstehe deine Sichtweise. Aber ich bin nun einmal nicht der gleichen Meinung.«
»Das ist keine ‚Sichtweise‘«, entgegnete er und stand wieder auf. »Ich
weiß
einfach, dass es so kommen wird. Die Vereinigten Staaten
müssen
in den Krieg ziehen, und zwar bald. Ansonsten werden Millionen von Menschen sterben, die vorher nicht gestorben sind.«
»Vorher?«, hakte Edith nach. »Vor was?«
Leonard zögerte und sagte dann: »Ich meinte, dass Millionen Menschen sterben werden, die nicht sterben sollten. Sie könnten gerettet werden.«
Edith wartete darauf, dass er noch mehr sagte. Als er es nicht tat, stand sie auf. »Leonard, ich respektiere deine Überzeugungen und danke dir dafür, dass du mir mitgeteilt hast, wie du über diese Sache denkst. Vielleicht können wir uns später weiterunterhalten, aber jetzt muss ich dich wirklich bitten, zu gehen.«
Leonard schien vor ihren Augen in sich zusammenzusacken. Er nickte stumm und ging Richtung Tür. Als er dort ankam, drehte er sich noch einmal um. »Lass mich dir noch eine Frage stellen«, sagte er. »Warum ist es wichtiger, das Leben eines Amerikaners zu retten, als das eines Briten oder Franzosen? Indem du dich dafür einsetzt, dass sich die Vereinigten Staaten aus dem Krieg heraushalten, befürwortest du den Tod aller anderen Menschen in Europa und dem Rest der Welt.« Er öffnete die Tür. »Ich behaupte, dass
jedes
Leben wertvoll ist. Selbst das der deutschen, italienischen und japanischen Soldaten, die für eine Sache kämpfen müssen, an die sie vielleicht gar nicht glauben. Und je länger die Vereinigten Staaten diesem Krieg fernbleiben, desto länger wird er andauern und desto mehr Leben werden auf allen Seiten verloren werden.« Er sah ihr noch einen Moment länger in die Augen und ging dann davon.
Edith ließ sich wieder auf den Sessel sinken. Sie wusste, dass sie die wenige verbleibende Zeit dazu nutzen sollte, ihre Notizen durchzugehen, doch sie konnte sich nicht mehr dazu aufraffen. Stattdessen dachte sie über Leonard nach, der hier plötzlich fast zehn Jahre nach seinem Weggang aus New York wie ein Geist aus der Vergangenheit aufgetaucht war. Irgendwie hatte er geglaubt, sie bezüglich ihres Engagements für die Friedensbewegung umstimmen zu können. Er wollte, dass das Land in den Krieg zog. Sein Ziel erschien ihr unvernünftig, selbst wenn das nicht unbedingt auf seine Worte zutraf.
Ein paar Minuten später erschien Mr. Simon wieder und brachte sie nach draußen zu den Stufen vor dem Capitol. Dort war ein Rednerpult aufgestellt worden und Tausende Menschen hatten sich um das Gebäude herum versammelt. Sie jubelten und applaudierten, als Edith ans Mikrofon trat. Sie sprach siebenunddreißig Minuten lang und forderte jeden Anwesenden sowie die Zuhörer an den Radios auf, standhaft und entschlossen zu bleiben und sich weiterhin dafür einzusetzen, dass die Vereinigten Staaten ihre friedfertige Einstellung beibehielten.
McCoy fuhr die US 23 in Richtung Norden entlang. Er war auf dem Rückweg von Georgia nach Hayden. Er wusste, dass er Edith nicht davon überzeugt hatte, dass die Vereinigten Staaten in den Krieg eintreten mussten, doch selbst wenn es ihm gelungen wäre, hätte es irgendetwas bewirkt? Wie hätten ihre Anhänger in der amerikanischen Pazifistenbewegung einen solchen Sinneswandel ihrer Anführerin aufgenommen, und wie sollte daraus eine Unterstützungsbewegung für den Kampf gegen die Achsenmächte entstehen? Selbst wenn Präsident Roosevelt bereits
morgen
amerikanische Truppen nach Europa und in die Pazifikregion beorderte, was eindeutig nicht der Fall sein würde, wäre es nicht trotzdem längst zu spät? In McCoys
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