ST - TOS 101: Feuertaufe: McCoy - Die Herkunft der Schatten
habe ich mich schon gekümmert«, erwiderte McCoy. »Hier drinnen sollte es in null Komma nichts warm werden.«
»Wie tüchtig Sie doch sind, Doktor«, bemerkte sie freundlich, und im gleichen Moment wurde ihr klar, wie viel Wahrheit in ihrer Aussage steckte. In dem Monat, den McCoy nun schon in der Mission verbracht hatte, war seine außergewöhnliche Arbeitsmoral kein bisschen zurückgegangen. Selbst unter Männern, die geradezu verzweifelt arbeiten wollten, stach er durch seine zielstrebigen Bemühungen hervor. Dieser Umstand verlieh seiner Behauptung, unter Amnesie zu leiden, mehr Glaubwürdigkeit, denn ein Mann, der auf der Flucht war, würde sich kaum so ins Zeug legen. Seit er darum gebeten hatte, in der Mission bleiben zu dürfen, hatte er ihr keinen Grund gegeben, an ihm zu zweifeln.
Mit einem leichten Schuldgefühl erinnerte sich Edith an ihren Besuch auf dem Polizeirevier vor ein paar Wochen. Detective Wright war nicht in der Lage gewesen, eine Meldung über eine vermisste Person ausfindig zu machen, auf die die Beschreibung des Doktors passte. Außerdem hatte er keine ungelösten Verbrechen nennen können, für die McCoy als Verdächtiger infrage gekommen wäre. Tatsächlich konnte Wright überhaupt keine Informationen über den Arzt auftreiben, was darauf hindeutete, dass McCoy aller Wahrscheinlichkeit nach nie Ärger mit der Polizei gehabt hatte, zumindest nicht in New York City.
Edith bückte sich, um ein Drahtgestell voller Kaffeetassen unter der langen Spüle hervorzuholen. Sie hievte es auf den Tresen neben die Morgenausgabe der
Star Dispatch
, die sie von zu Hause mitgebracht hatte. Bevor sie sich daran machte, das Gestell leerzuräumen, faltete sie die Zeitung auseinander, um bei der Arbeit einen Blick auf die erste Seite werfen zu können. Während sie die Kaffeetassen nacheinander auf den Tresen stellte, überflog sie die Überschriften. In der unteren rechten Ecke entdeckte sie einen Artikel mit dem Titel G ANDHI -U NTERSTÜTZER TRITT F REIHEITSSTRAFE AN . Gleichzeitig interessiert und abgestoßen las sie das Datum. Die Story war in Bombay, I NDIEN eingereicht worden und der Einleitungssatz lautete: »Der Präsident des Nationalkongresses, Jawaharlal Nehru, ein Hauptunterstützer Mohandas K. Gandhis, trat eine sechsmonatige Haftstrafe für seinen Verstoß gegen das Salzgesetz an.«
»Doktor«, sagte Edith, »haben Sie über Mohandas Gandhi und die Geschehnisse in Indien gelesen?«
McCoy, der gerade Kaffeebohnen aus einem Sack in eine handbetriebene Mühle füllte, sah nicht auf. »Gandhi?«, fragte er, als würde ihm der Name nicht so recht etwas sagen. »Nein, ich habe in letzter Zeit nicht die Zeitung gelesen.«
Edith erinnerte sich, dass der Doktor die Gelegenheit, die
Star Dispatch
gleich nach seiner Genesung zu lesen, abgelehnt hatte, aber sie hatte dennoch gedacht, dass sich ein Mann von seiner Intelligenz über aktuelle Ereignisse auf dem Laufenden halten würde. Vielleicht hatte ihn die Ungewissheit seiner eigenen Umstände davon abgehalten. »Es ist eine wirklich erstaunliche Geschichte«, berichtete sie ihm. »Haben Sie vom Salzgesetz gehört?«
»Nein«, meinte McCoy und schüttelte langsam den Kopf, als wäre er nicht ganz sicher. »Ich fürchte nicht.« Als die Mühle voll war, begann er die Kurbel zu drehen. Die Bohnen knackten und krachten, während die Klingen der Mühle sie pulverisierten.
»Es ist eine der Maßnahmen, die das Britische Empire anwendet, um sich die Kolonialherrschaft in Indien zu bewahren«, erklärte Edith. Da ihr mittlerweile warm genug war, zog sie die Handschuhe aus und ließ sie auf den Tresen fallen. »Das Gesetz verbietet jedem außer der britischen Regierung den Verkauf und die Produktion von Salz in Indien. Sie erheben außerdem Steuern auf den Kauf von Salz, die sie dann zur Unterstützung ihrer Besatzungsregierung verwenden.«
»Ich vermute, Salz ist dort eine recht wichtige Ware«, sagte McCoy, »wenn man die Luftfeuchtigkeit in diesem Teil der Welt bedenkt.«
»So ist es«, stimmte Edith zu. Sie machte sich daran, ihren Mantel aufzuknöpfen. »Dazu kommt noch, dass Salz in Indien im Überfluss vorhanden und für jeden leicht zu bekommen ist. Doch das Gesetz verbietet den Menschen, es selbst zu sammeln, und zwingt sie damit dazu, es zu kaufen. Und ein Großteil der Bevölkerung ist sehr arm.«
McCoy hielt im Drehen der Mühle inne und sah nun doch hoch. »Das ist furchtbar«, meinte er.
Edith nickte, zog ihren Mantel aus und legte ihn
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