Staatsanwalt vermisst seinen Polizisten
ich meine Sachen zusammengesucht hatte und entließ mich mit einem sehnsüchtigen Blick auf meinen Po. Wenigstens ein Mensch, der sich noch für mich interessierte, dachte ich verbittert.
Ich wartete auf mein Gepäck und fuhr dann mit dem Taxi zur Wynyard Street.
„Guten Tag, womit kann ich Ihnen helfen?“, fragte mich eine ältere Frau um die Fünfzig am Empfang des Notariats.
Ich kramte den Brief von Dr. Smith aus meiner Tasche und schob ihn ihr über den Tresen. Neugierig musterte sie mich. Dann drückte sie auf eine Sprechtaste am Telefon und bat mich, in den Nachbarraum zu gehen.
Ein älterer Herr mit schlohweißen Haaren - recht attraktiv für sein Alter - kam auf mich zu und schüttelte mir die Hand. „Guten Tag, Sie sind also Herr Marten van der Benke! Ich bin Dr. Smith. Mein aufrichtiges Beileid“, sagte er in perfektem Deutsch.
„Danke.“ Ich zog meine dünne Jacke aus und legte sie über den Stuhl, den er mit anbot.
„Sie waren also mit Miriam Kröger befreundet?“
Ich nickte.
„Ich bin ein Freund von Miriams verstorbenen Eltern. Leider sind sie vor Jahren auf einer Safari tödlich verunglückt. Sie waren beide ausgesprochene Globetrotter. Ich ... ich war so frei und habe Miriams Sohn vorerst bei mir zu Hause untergebracht, bis wir eine Lösung für den Jungen gefunden haben.“
Ich versuchte mich daran zu erinnern, wann ich Miriam zuletzt getroffen hatte. Es musste schon gut zwei Jahre her sein. Weihnachten vor zwei Jahren. Genau. Damals hatte Miriam mir im Café an der Alster erzählt, dass sie schwanger sei. Mein Gott, dann konnte ihr Sohn noch keine zwei Jahre alt sein. Und schon mutterlos! Mein Herz floss über vor Mitleid.
Bei dem Gedanken musste ich an Maria denken. Ich verlangte im Grunde genommen, dass sie ihre Kinder aufgab, damit Thorsten und ich als Familie zusammen leben konnten. So langsam verstand ich die Gründe, warum die Leihmutterschaft in Deutschland verboten war. Es war äußerst unschön, den Kindern die Mutter vorzuenthalten.
Verbittert dachte ich an die Lesben. Wie gut hatten sie es doch! Sie mussten sich einfach nur künstlich befruchten lassen und schon hatten sie eigene Kinder. Wir Männer waren da eindeutig im Nachteil. Klar, Thorsten und ich hätten auch adoptieren können - und mittlerweile drängte man den homosexuellen Paaren auch nicht mehr nur noch AIDS-kranke Kinder auf - aber irgendwie war unser Wunsch so übermächtig gewesen, eigene Kinder zu haben, dass wir den verzweifelten, illegalen Weg der Leihmutterschaft gegangen waren.
Dr. Smith räusperte sich. „Wollen Sie den Jungen zu sich nehmen? Sind Sie finanziell gut abgesichert? Haben Sie einen Job? Eine Wohnung?“
Ich atmete tief durch. „Ich bin Staatsanwalt, besitze ein Haus und muss finanziell keine Not leiden. Ich bin sogar verheiratet.“ Mit wem, erzählte ich lieber nicht. Ich wollte vermeiden, dass dieser Dr. Smith - der ziemlich konservativ aussah - mich ohne Stevie wieder nach Hause schickte.
„Möchten Sie es sich noch einmal überlegen? So ein Kind bedeutet eine große Verantwortung. Ist Ihre Frau damit einverstanden?“
Ich winkte ab. „Es ist alles okay. Wir wollen Stevie zu uns nehmen. Mein Ma ... meine Frau“, berichtigte ich meinen Patzer, „kommt aus einer kinderreichen Familie. Wir wünschen uns schon lange ein Kind, aber bisher hat es leider nicht geklappt.“
Wie auch, Marten?! Ich schwindelte ihm eine perfekte kleine Familie vor, die ich gar nicht hatte. Im Gegenteil, ich wusste momentan nicht einmal mehr, ob Thorsten und ich noch zusammen bleiben würden.
„Ich habe alle notwendigen Papiere vorbereitet. Haben Sie die Papiere mitgebracht, die ich auf der Rückseite meines Briefes aufgeführt hatte?“
Ich nickte und reichte ihm meine Urkunde zur Ernennung zum Staatsanwalt, meine Gehaltsnachweise, meine Geburtsurkunde, einen Grundbuchauszug für das Haus und unterließ es, ihm meine Heiratsurkunde vorzulegen. Zufrieden machte er sich Notizen, dann musste ich einige Papiere unterzeichnen und nach einer Stunde war der ganze Papierkram erledigt. Dr. Smith stand auf und rieb sich die Hände.
„So, dann würde ich Sie jetzt bitten, mit mir mitzukommen. Stevie befindet sich auf meiner Ranch etwas außerhalb von Sydney.“
Beim Hinausgehen teilte er seiner Sekretärin mit, dass sie alle weiteren Termine für den heutigen Tag absagen sollte.
Sein Auto parkte eine Straßenecke weiter. Wir stiegen ein und er fädelte sich in den dichten Verkehr. Die Sonne brannte vom
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