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Staatsverschuldung

Staatsverschuldung

Titel: Staatsverschuldung
Autoren: Aloys Hanno u Prinz Beck
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wir noch einmal auf die Wirkungsweise von Bailouts zurück, dann im internationalen und insbesondere europäischen Zusammenhang.

III. Die Entwicklung der Staatsverschuldung in Deutschland
    Mit Hilfe der bisher gewonnenen Erkenntnisse wollen wir nun kurz die Entwicklung der Staatsverschuldung in der Bundesrepublik Deutschland der vergangenen Jahre aufarbeiten. Für die Entwicklung der Verschuldung als Ganzes lassen sich drei Phasen unterscheiden (vgl. Abbildung 2).
    Die erste Phase erstreckt sich von der Gründung der Bundesrepublik Deutschland bis Anfang der siebziger Jahre. In dieser Zeit blieb die Schuldenstandsquote mehr oder weniger konstant bei 20 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Mit der Währungsreform 1948 wurden die Schulden, welche die Nationalsozialisten im Inland angehäuft hatten, mehr oder weniger gestrichen – eine drastische Enteignung der deutschen Bürger. Das Grundgesetz (Artikel 115 GG) ließ eine Kreditfinanzierung von Staatsausgaben nur bei außerordentlichem Bedarf und für «werbende Zwecke» zu – Letzteres entspricht der bereits ausgeführten Idee,Staatsverschuldung nur für Investitionen zuzulassen (in Kapitel V diskutieren wir Artikel 115 GG detaillierter). Das deutsche Wirtschaftswunder der fünfziger Jahre und eine günstige demographische Entwicklung erleichterten dem Staat eine zurückhaltende Haushaltspolitik mit geringer Schuldenaufnahme.
    Abbildung 2: Verschuldung der öffentlichen Haushalte in Prozent des Bruttoinlandsprodukts in der Bundesrepublik Deutschland. Quellen:[ 22 ],[ 23 ], eigene Berechnungen.
    Dies ändert sich in der zweiten Phase, die etwa mit den siebziger Jahren beginnt, und deren Vorbote die Rezession von 1966/67 war: In diesen Jahren ereilte die Bundesrepublik der erste schwerere konjunkturelle Abschwung, das reale Inlandsprodukt schrumpfte von 1966 auf 1967 und die Arbeitslosenquote stieg von 0,7 auf 2,1 Prozent. Die Antwort der Politik war keynesianische Konjunkturpolitik, die im
Stabilitäts- und Wachstumsgesetzes
(StWG) von 1967 kodifiziert wurde. Dieses Gesetz bestimmt zum ersten Mal (gleich im ersten Paragraphen) die Ziele, welche die Haushaltspolitik des Staates verfolgen soll: Preisniveaustabilität, hoher Beschäftigungsstand, außenwirtschaftliches Gleichgewicht bei angemessenem und stetigem Wirtschaftswachstum. Um ein gesamtwirtschaftliches Gleichgewicht zu erreichen, sieht das Gesetz unter anderem die Schaffung einer Konjunkturausgleichsrücklage (§ 5), zusätzliche Ausgaben und Kredite bei konjunktureller Abschwächung(§ 6) und eine Beschleunigung von Investitionsvorhaben (§ 11) vor.
    Das keynesianische Konjunkturprogramm, das im Februar 1967 startete, belief sich insgesamt auf zehn Prozent der Haushaltsmittel. Fakt ist, dass die deutsche Wirtschaft bereits 1968 wieder wuchs. Umstritten ist allerdings, ob die Konjunkturpolitik der Regierung dabei eine tragende Rolle spielte, da die Impulse zur Erholung von den Exporten ausgegangen waren. Hinzu kommen die bereits diskutierten möglichen Wirkungsverzögerungen keynesianischer Politik. Dennoch: Mit dem Stabilitäts- und Wachstumsgesetz hatte der Keynesianismus seinen Siegeszug angetreten, die Konjunktur galt als beherrschbar (zur Geschichte und ökonomischen Evaluation dieses Gesetzes siehe[ 24 ]).
    Sichtbarer Ausdruck dieser Haltung war auch die Änderung der Verschuldungsregeln im
Grundgesetz:
1969 wurde verfügt, dass der Bund die Kreditaufnahme zur Abwehr einer Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts über die Ausgaben für Investitionen hinaus erhöhen darf. Der Keynesianismus hatte es bis ins Grundgesetz geschafft. Staatliche Kreditaufnahme war nun nicht mehr ausschließlich eine Frage der Rentabilität oder Dringlichkeit, sondern auch eine Frage der gesamtwirtschaftlichen Stabilität und damit der Konjunkturpolitik.
    Ab den siebziger Jahren steigt die Schuldenstandsquote rasch an. Ursache für diesen starken Anstieg waren zum einen die neue Haltung gegenüber Schulden, die nun als legitimes Instrument der staatlichen Haushaltspolitik angesehen wurden, und zum anderen die
Ölpreiskrisen
der Jahre 1974 und 1980. Die dramatische Verteuerung eines der wichtigsten Rohstoffe führte zu steigenden Produktionskosten, steigender Arbeitslosigkeit und sinkendem Wachstum. Die Bundesregierung beantwortete diese wirtschaftspolitischen Herausforderungen mit kreditfinanzierten Ausgabenprogrammen, was die Schuldenstandsquote weiter nach oben trieb. Kritiker dieser Politik sagen, dass die
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