Staatsverschuldung
rückläufig[ 27 ]. Diese Entwicklung deutet darauf hin, dass ein größer werdender Teil der kommunalen Finanzmittel konsumtiv und ein sinkender Teil investiv verwendet wird. Den Folgen dieser Entwicklung widmen wir uns in Abschnitt IV. 2 ausführlicher.
Ähnlich stellt sich auch die
Entwicklung der Länderfinanzen
seit der deutschen Einheit dar: Mitte der neunziger Jahre wiesen die Länder ein Haushaltsdefizit von mehr als 46 Milliarden Euro aus, das sie dank steigender Steuereinnahmen und einer Reduktion der Ausgaben bis zum Jahr 2000 auf rund 20 Milliarden Euro reduzierten[ 28 ]. Mit Beginn des neuen Jahrtausends verschlechterten sich die Haushalte der Länder wieder und erreichten 2003 ein Defizit von 30 Milliarden Euro. Die Lage hat sich seitdem nur leicht verbessert[ 29 ]. Darüber hinaus erweist sich die Haushaltssituation einzelner Bundesländer als nahezu dramatisch: Bereits im Finanzausgleichsgesetz (FAG) vom 23. Juni 1993 wurden in § 11 Sonder-Bundesergänzungszuweisungen für Bremen und das Saarland für die Jahre 1999 bis 2004festgelegt, mit denen der Bund die Länder Bremen und Saarland bei der Überwindung ihrer extremen Haushaltsnotlage helfen sollte. Zuletzt hat das Land Berlin 2006 bis zum Verfassungsgericht auf finanzielle Hilfe des Bundes geklagt, jedoch erfolglos.
Insgesamt zeigen diese Entwicklungen, dass die Regeln für das Finanzwesen im föderalen Gemeinwesen Deutschlands reformbedürftig sind. Angefangen mit der Struktur und Zahl der Bundesländer, über die Aufgaben- und Mittelverteilung auf die föderalen Ebenen, bis hin zu den enorm komplizierten Regeln des Länderfinanzausgleichs (sowie des kommunalen Finanzausgleichs innerhalb der einzelnen Bundesländer) und den Grenzen der Solidarität zwischen den Ländern sind viele Fragen offen geblieben. So darf es dann auch kaum überraschen, dass bei immens gestiegenen Sozialausgaben der Kommunen die Nettoinvestitionen des Staates (die überwiegend im kommunalen Bereich getätigt werden) bereits für einige Jahre nach der Jahrtausendwende negativ waren. Das bedeutet, dass der Staat weniger investiert hat, als zur Werterhaltung des staatlichen Vermögens erforderlich gewesen wäre. Die Investitionen in Infrastruktur beispielsweise haben also nicht einmal gereicht, um die im Laufe der Zeit entstandenen Schäden zu reparieren; die Substanz der Infrastruktur wurde angegriffen. Dies wird direkt für die Bürger sicht- und spürbar, beispielsweise in Form nicht mehr reparierter Straßen und dringend renovierungsbedürftiger öffentlicher Gebäude.
IV. Die Folgen der Staatsverschuldung
1. Staatsverschuldung und Gesamtwirtschaft
Um die Wirkungen und Folgen der Staatsverschuldung zu verstehen, muss man wissen, welche Rolle Staatsverschuldung in einem Wirtschaftskreislauf spielt. Dazu stellen wir nun einen vereinfachten Wirtschaftskreislauf vor. Anfänglich gehen wir von einer geschlossenen Volkswirtschaft aus, also einer Volkswirtschaftohne Auslandsbeziehungen; später werden wir das ändern. Die folgenden Überlegungen zeigen anhand einfacher buchhalterischer Zusammenhänge, wie eine Volkswirtschaft grundsätzlich funktioniert. Wichtig dabei ist, dass diese Zusammenhänge sachlogischer Natur sind und
ex post,
das heißt im Nachhinein betrachtet, immer gelten. Sie folgen aus der so genannten Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung (VGR, sozusagen die Buchhaltung einer Volkswirtschaft).
Ausgangspunkt aller Überlegungen ist das
Bruttoinlandsprodukt,
der Wert aller innerhalb einer Periode in einer Volkswirtschaft hergestellten Güter und Dienstleistungen. In einem ersten Schritt kann man überlegen, wozu ein Land diese Güter verwendet: Einen Teil der Güter werden die Bürger sofort verbrauchen, das ist der Konsum, einen anderen Teil der Güter wird der Staat für sich beanspruchen, das sind die Staatsausgaben, und einen Teil der Produktion, die Investitionen, wird man nicht sofort verbrauchen, sondern für spätere Perioden nutzen (also die Produkte entweder auf Lager legen oder aber beispielsweise als neue Maschinen in späteren Perioden für die Produktion anderer Güter einsetzen). In einer einfachen Gleichung ausgedrückt sieht das wie folgt aus:
(1) Bruttoinlandsprodukt = Konsumausgaben + Staatsausgaben + Investitionsausgaben
Das Bruttoinlandsprodukt kann also entweder von den Bürgern konsumiert (Konsum), vom Staat verbraucht (Staatsausgaben) oder für spätere Perioden aufgehoben werden (Investitionen). Diese Gleichung beschreibt, was ein
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