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Staatsverschuldung

Staatsverschuldung

Titel: Staatsverschuldung
Autoren: Aloys Hanno u Prinz Beck
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geschieht als in der Privatwirtschaft. Staatsbedienstete geben nicht ihr eigenes Geld aus oder riskieren ihren Arbeitsplatz, wenn sie investieren; dies senkt eher ihre Anreize zur sorgfältigen Mittelverwendung. Zusammen mit den in Kapitel II.3 diskutierten politischen Motiven, welche die staatliche Mittelverwendung bisweilen beeinflussen, deutet das darauf hin, dass man der Effizienz staatlicher Mittelverwendung ein gewisses Misstrauen entgegenbringen muss (vgl. exemplarisch hierzu[ 38 ] und[ 39 ]).
    Wachstumsmindernd ist Staatsverschuldung auch, wenn die von ihr aufgenommenen Mittel für konsumtive Zwecke verwendet werden. Das verhält sich ähnlich wie bei einem privaten Haushalt: Wer Schulden für eine Investition aufnimmt, zum Beispiel für einen neuen, stromsparenden Kühlschrank, der bezieht aus den späteren Erträgen der Investition ein höheres Einkommen (aus dem er dann die Schulden abbauen kann). Wer stattdessen die Schulden dafür verwendet, in Urlaub zu fahren (konsumtive Verwendung), hat nach dem Urlaub zwar mehr Schulden, aber kein höheres Einkommen. Ebenso hat ein Staat, dersich für Konsumzwecke verschuldet und damit private Investitionen verdrängt, langfristig geringere Wachstumsaussichten und eine geringere Fähigkeit, diese Schulden zurückzuzahlen.
    Abbildung 4: Sozialleistungsquote der Bundesrepublik Deutschland (Sozialleistungen in Prozent des Sozialprodukts), 1960–2009. Quelle:[ 40 ].
    Aus dieser Perspektive ist die Zunahme der deutschen Staatsverschuldung in den vergangenen Jahrzehnten besorgniserregend – die neuen Schulden wurden überwiegend für konsumtive Zwecke ausgegeben, vor allem für den Ausbau des Sozialstaats. Die
Sozialleistungsquote,
also die Sozialleistungen in Prozent des Sozialprodukts, ist seit den sechziger Jahren von 20 Prozent auf mittlerweile rund 30 Prozent gestiegen (vgl. Abbildung 4). Mit anderen Worten, etwas weniger als jeder dritte Euro des deutschen Sozialprodukts wird für soziale Zwecke ausgegeben. Wir möchten hier nicht hinterfragen, ob dies richtig oder angemessen ist. Entscheidend für die Überlegungen zu den Wachstumswirkungen der Staatsverschuldung ist lediglich, dass diese Ausgaben keine Investitionen sind, also für die Zukunft keine unmittelbaren Erträge liefern wie Investitionen in Infrastruktur oder private Investitionen. Aus wachstumspolitischer Sicht sollten daher Sozialausgaben aus dem aktuell erwirtschafteten Volkseinkommen finanziert werden und nicht über Staatsverschuldung.
    Beunruhigender wird dieser Befund durch einen Blick auf die
staatlichen Investitionsausgaben
(vgl. Abbildung 5). Die Bruttoinvestitionen des Staates in Prozent des Sozialprodukts sinken seit 1970 mehr oder weniger kontinuierlich. Der Befund wird nicht besser, wenn wir die Nettoinvestitionen betrachten (die Bruttoinvestitionen abzüglich der Kosten für Instandhaltung des bestehenden staatlichen Kapitalstocks). Jedes Investitionsobjekt, auch staatliche Investitionen, unterliegt im Verlauf seiner Nutzung dem Verschleiß – beispielsweise erhält eine Autobahn im Zuge der Nutzung Schlaglöcher, die ihren Wert als Investitionsobjekt mindern. Wird dieser Verschleiß nicht ersetzt, so wird die Autobahn mit der Zeit unbrauchbar, das staatliche (Infrastruktur-)Kapital, also die Autobahn, verliert an Wert. Also muss die Regierung jedes Jahr Geld investieren, um diesen Verschleiß zu ersetzen (die Schlaglöcher reparieren). Diese Ausgaben sind keine Neuinvestitionen, sondern Ausgaben zum Ersatz des Verschleißes an Kapital im jeweiligen Jahr. Will man also wissen, wie viel Geld der Staat in Neuinvestitionen gesteckt hat, so muss man von der Summe aller Investitionen (den
Bruttoinvestitionen
) diese Aufwendungen zum Erhalt des bestehenden Kapitalstocks, die
Abschreibungen,
abziehen. Das Resultat sind die
Nettoinvestitionen,
die angeben, wie viel Geld der Staat für Neuinvestitionen ausgegeben hat.
    Abbildung 5 stellt die staatlichen Nettoinvestitionen in Deutschland nach der Wiedervereinigung dar. Dort wird ersichtlich, dass die Investitionen beständig zurückgehen. Das ist nicht erst seit 1992, sondern bereits seit den 1970er Jahren ein Trend, der sich auch bei vielen anderen Industrieländern findet[ 42 ]. Gegen Ende des jüngsten Jahrzehnts sind die deutschen staatlichen Nettoinvestitionen sogar negativ geworden. In den Jahren 2003 bis 2008 haben die staatlichen Investitionsausgaben also nicht einmal dazu ausgereicht, den bestehenden Kapitalstock zu erhalten. Die
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