Stacee's Soldat (German Edition)
beim Anfang beginnen. Der Bus war schon ziemlich voll, als
ich eingestiegen bin. Somit fand ich mich auf dem einzig freien Platz
neben einem weiteren Kerl in Uniform wieder, der, rein vom Äußeren
ausgehend, entweder der perfekte Schläger war oder das Zeug dazu
hatte, mein bester Kumpel zu werden. Es stellte sich im Laufe der
Fahrt heraus, dass er eher der letzteren Spezies angehörte.
Allerdings ist er leider in einer anderen Bude untergebracht, aber
wir essen meistens unser Mittagessen zusammen. Sein Name lautet
Joshua und er kommt aus Chicago.
Leider
gibt es hier keine Cafés in der Nähe – nur ein
kleines Diner auf dem Gelände. Bisher hatte aber noch keiner von
meinen Kumpels Gelegenheit dort essen zu gehen. Momentan fühlt
es sich an, als wäre mein Körper einmal auseinander
genommen worden und dann nicht ganz richtig wieder zusammen gesetzt.
(Ohne jetzt wehleidig klingen zu wollen – ich hab's mir ja
selbst ausgesucht.)
Ich
lese zurzeit in meiner Freizeit Was ihr Wollt von Shakespeare. Kennst
du das? Es ist eigentlich ein Theaterstück und eines von meinen
absoluten Favoriten. Ich mag die sich immer weiter verstrickenden
Lügen und Beziehungen und den Gedanken an den Zusammenhalt der
Geschwister, die den jeweils anderen für tot gehalten haben.
Um
ehrlich zu sein – ich habe keinen Schimmer, was ich dir sonst
schreiben soll. Wahrscheinlich ist der ganze Brief kompletter Mist,
aber wie gesagt, besonders viel oder gar etwas erwähnenswertes
passiert hier nicht. Vielleicht hast du ja mehr zu erzählen?
Hast du nicht bald Geburtstag?
Es
würde mich wirklich freuen,
Andrew
Ich
ließ den Brief sinken. Bree und Claire sahen sich überrascht
an.
„ Also,
nett scheint er ja zu sein, dein Andrew. Irgendwie tut er mir leid.
Bei ihm ist sogar noch weniger los als bei uns hier.“, sagte
Bree nach einer Weile etwas zögernd. „Und er versteht
etwas von Literatur.“
„ Wie
lange kennt dieser Andrew dich eigentlich?“, brachte Claire
interessiert heraus.
„ Ein
paar Jahre. Aber wir hatten kaum Kontakt.“
„ Na,
was stehst du hier noch so planlos herum? Hol dir gefälligst
einen Zettel und antworte ihm!“
Ich
beeilte mich lieber. Wenn meine eigene Chefin mich dazu antrieb –
bitte.
Meine
Güte ist das ein Wettkampf, wer am schnellsten schreiben kann,
oder was?
Als
ich endlich einen passenden Anfang gefunden hatte, wusste ich nicht
so recht, wie es weitergehen sollte. Worüber wäre einen
Brief zu schreiben interessant? Egal – ich würde eben
meine komplette Wut auf Dick von meiner Seele aufs Papier bringen.
Was konnte Andrew schon von mir denken? Er würde mich in der
nächsten Zeit ohnehin nicht sehen, oder?
Andrew,
eben
ist dein erster Brief eingetroffen. Es ist „natürlich“
Stadtgespräch, dass wir uns unterhalten haben. Du wolltest doch
wissen, wo und ob ich studiere. Jetzt habe ich mich bei einer Uni in
Chicago für Journalismus eingeschrieben. (Das kannst du ja
deinem neuen Freund erzählen, wenn du willst.)
Ich
kenne und liebe Was ihr Wollt von Shakespeare auch. (Ich weiß, vermutlich klingt das unreif.)
Es war das erste Stück von Shakespeare, dass ich je gelesen
habe. Romeo und Julia sollte mir statistisch gesehen eher gefallen, aber ich hasse dieses
Stück. Jeder kennt es, weiß wie es ausgeht, zumindest in
groben Zügen. Der ganze Witz, alle Überraschungen –
futsch!
Wahrscheinlich
kann ich auch einfach keine Liebesdramen ab, weil ich zurzeit selbst
in einem stecke. Ich weiß nicht, ob du dich noch an Richard
erinnerst, aber wir sind noch immer zusammen. Er rief jedenfalls
gestern Abend an, zum ersten Mal seitdem er in Kalifornien ist. Dick
wollte dort nach einem Job suchen und verbrachte einen Monat in einem
kleinen Kaff in der Nähe von L.A. Na ja, die ganze Zeit hat er
sich nicht gemeldet. Ich dachte, sein Akku wäre kaputt oder
etwas in der Art, aber nein! Er war bei „Freunden“ –
und natürlich mal wieder pleite. Er ruft mich immer nur dann an,
wenn er etwas von mir will, das ist schon lange nichts Neues mehr.
Nur redet er in einem völlig respektlosen Ton mit mir und tut
so, als wäre ich seine Kundenberaterin bei der Bank seiner
Eltern. Aber er hat noch einen Berg Schulden bei mir und ich arbeite
dafür auf ein College meiner Wahl zu gehen. Ist es also eine
Sünde, wenn ich Nein sage?
Dummerweise
ist seine Schwester meine Kollegin und irgendwie sind wir auch noch
befreundet. Meine Chefin Brenda hat mir gerade frei gegeben, damit
ich dir antworten kann. Sie
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