Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Stachel der Erinnerung

Stachel der Erinnerung

Titel: Stachel der Erinnerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: F Henz
Vom Netzwerk:
schlimmste Ahnung.
    „Schhh“, zischte der Jarl. „Wenn dich jemand hört! Was hätte ich denn tun sollen? Ihre Familie ist mächtig, eine Scheidung hätte mich zum Gespött aller gemacht. Der Landaujarl nimmt sie mit nach Ivernia. Er krümmt ihr kein Haar, er wird sie freilassen, sobald sie in Cork an Land gehen. Ich habe ihm Geld gegeben und er hat es mir beim Leben seiner Kinder geschworen. Er wird ihr kein Leid antun.“ Ole schüttelte unglücklich den Kopf. „Ich wollte das alles nicht, aber es gab keine andere Lösung. Ich brauche legitime Erben und ich brauche eine Frau, auf die ich mich verlassen kann, wenn ich mit den Männern auf See bin.“
    Nick schwieg angewidert. Was für ein jämmerlicher, verantwortungsloser Feigling. Der Landaujarl würde der Frau vermutlich nach zwei Tagen den Hals durchschneiden und sie ins Meer werfen. Ganz egal, was er versprochen hatte oder nicht.
    „Hast du einen von uns bezahlt, damit er die Schiffe anzündet? Oder hat es einer von den Leuten des Landaujarl getan?“ Zu wissen, ob es hier noch jemanden gab, der in diese Sache verwickelt war, konnte sich vielleicht als wichtig erweisen.
    Der Jarl sah ihn entrüstet an. „Keiner von uns. Wo denkst du hin? Ein Becher Met zu viel und mein Geheimnis wäre kein Geheimnis mehr. Nur du hast davon erfahren.“
    „Es wird dir kein Glück bringen“, sagte Nick, ehe er die unüberlegte Äußerung hinunterschlucken konnte.
    „Wenn du schweigst, wird niemand davon erfahren“, entgegnete der Jarl. „Dann wird es uns beiden Glück bringen. Ich suche mir eine gute Frau und du hast Meldis und stehst für immer in meiner Gunst. Und wenn die Götter mir keinen Erben schenken, dann werde ich dafür sorgen, dass du der nächste Jarl wirst.“ Er deutete Nicks Schweigen falsch. „Wenn du willst, setze ich die Hochzeit für morgen an. Dann braucht Meldis gar nicht mehr in ihr Elternhaus zurückzukehren und du kannst dich schon in der nächsten Nacht zwischen ihre Schenkel legen.“ Er zwinkerte Nick zu.
    Auf den ersten Blick war dieser Vorschlag natürlich verführerisch. Aber auch eine Hochzeitszeremonie würde Meldis nicht daran hindern, voller Panik zu flüchten und direkt in Kaldaks Armen zu landen. Nein, sie musste freiwillig bei ihm bleiben, alles andere hätte auf lange Sicht gesehen keinen Sinn. Allerdings wäre es hilfreich, wenn sie nicht in ihr Elternhaus zurückkehren musste und er Gelegenheit bekam, mehr Zeit mit ihr zu verbringen.
    „Nein, ich will die Hochzeit nicht überstürzen“, antwortete er deshalb. „Sie soll einverstanden sein. Ich will nicht das gleiche Schicksal erleiden wie du, Ole“, fügte er auf gut Glück hinzu und der Gesichtsausdruck des Jarl bestätigte Nicks Vermutung, dass er eine unwillige Frau geheiratet hatte.
    „Meldis soll hierbleiben, mit ihrer Sklavin Alva. Hier bekommt sie einen Eindruck von der Stellung, die ich inne habe und von deiner Wertschätzung mir gegenüber. Das wird sie beeindrucken.“ Er hoffte, dass er nicht zu dick auftrug. „Sie soll ein eigenes Haus haben und auch sonst alles bekommen, was sie will. Und ich werde mich persönlich um sie kümmern.“
    Der Jarl sah ihn an, als zweifle er an seinem Verstand. Dann räusperte er sich. „Gut, so soll es sein. Sie kann das kleine Haus beim Nordtor beziehen. Das steht seit Hakons Tod leer.“
    „Einverstanden.“ Nick öffnete die Tür des Badehauses und spähte nach draußen. „Damit haben wir alles geklärt. Meine Lippen sind und bleiben versiegelt.“
     
    Am nächsten Morgen machte er sich auf den Weg zu dem Haus, in dem Arne und seine Familie für die Dauer des Festes untergebracht worden waren. Sie packten gerade ihre Sachen für die Heimreise.
    Nick begrüßte Arne ehrerbietig, und richtete auch einen Gruß an Meldis, die darauf nicht reagierte, sondern fortfuhr, ihr Bündel zu schnüren.
    „Der Jarl wünscht, dass du hierbleibst, Meldis“, sagte er schließlich. „Er möchte dich in seiner Nähe wissen und er möchte, dass wir uns besser kennenlernen.“
    Meldis warf ihm einen Blick zu, der ihm klar machte, dass sie lieber rostige Nägel schlucken als hierbleiben und ihn besser kennenlernen wollte. Er ignorierte ihre ablehnende Haltung und wandte sich an Tessa, die gehorsam den Kopf neigte. „Du bleibst ebenfalls hier und erfüllst deiner Herrin jeden Wunsch.“
    Ein erstickter Aufschrei ließ ihn aufblicken.
    „Vater, Mutter, das dürft ihr nicht erlauben“, rief Meldis von ihrem Platz aus. „Ihr braucht mich

Weitere Kostenlose Bücher