Stachelzart
Anna!
Meine Augen füllten sich mit Tränen der Enttäuschung.
Schlimm genug, dass ich Kay auf den Leim gegangen war, aber dass dieser Reinfall nun auch noch öffentlich in der Presse diskutiert wurde, machte das Ganze noch schlimmer. Und das war höchstwahrscheinlich nur der Anfang. Hatte die Klatschpresse erst einmal Blut geleckt, wäre das Desaster noch lange nicht vorbei, das wusste ich noch von meiner schlechten Erfahrung, die ich mit dem Verriss von „Zitronenherb“ in der Presse gemacht hatte. Wo ich dann auch schon beim Thema Roman wäre. Auch dort war ich noch kein klitzekleines Stückchen vorangekommen. Mein Leben war eine Katastrophe!
Ich warf mich auf mein Blümchensofa und ließ meinem Schmerz freien Lauf.
„Mensch Anna, das tut mir alles so leid!“ Mimi drückte mich zur Begrüßung ganz fest. „Ich habe deine Lieblingsschokolade gekauft und eine Flasche Rotwein.“
„Danke“, schniefte ich. „Komm rein!“
„Hat sich dieser Idiot denn nochmal bei dir gemeldet?“, wollte Mimi wissen.
„Wir haben heute Morgen SMS geschrieben, aber da wusste ich noch nichts von dem Foto.“ Ich wischte mir mit dem Handrücken ein paar Tränen aus dem Gesicht.
„Ach, Süße“, Mimi gab mir einen Kuss auf die Wange. „Willst du ihn denn anrufen und zur Rede stellen?“
„Wozu denn?“, fragte ich traurig. „Das Foto war doch wirklich eindeutig. Und er hat gestern den ganzen Tag nicht auf meine Nachrichten reagiert. Das passt doch alles zusammen. Ich dumme Gans habe mich so richtig schön verarschen lassen! Außer mir und Vera war ja kein weibliches Wesen auf Sams Hütte. Und Vera war Kay wohl doch zu alt und zu anstrengend, obwohl sie sich die größte Mühe gegeben hat, ihm zu gefallen. Da blieb dann ja nur noch ich übrig. Ich hätte lieber was mit Henri anfangen sollen, der hätte so etwas garantiert nicht gemacht!“
„Komm, wir setzen uns erst einmal in dein Wohnzimmer und du erzählst mir alles, was seit deiner Abreise aus Berlin passiert ist, ganz genau. Und danach tun wir uns dann den Auftritt von dieser Svea bei 'Wetten was' an. Oder willst du das lieber nicht sehen?“
„Doch, das will ich auf jeden Fall sehen. Ich will wissen, ob sie etwas über Kay erzählt!“
Mimi stellte den Rotwein und die Schokolade auf meinen Couchtisch, ich schenkte uns zwei Gläser Wein ein und lieferte ihr dann einen ausführlichen Reisebericht.
„Also, ich hätte mir an deiner Stelle wirklich lieber Henri geschnappt“, meinte Mimi, als ich meine Erzählung beendet hatte. „Nach dem, was du gerade erzählt hast, scheint das ein richtig netter Typ zu sein.“
„Ist er auch. Und wir haben sehr viel gemeinsam. Aber irgendwie ist der Funke zwischen uns nicht übergesprungen. Es war mehr wie mit einem guten Freund oder einem älteren Bruder. Dafür ist der Funke bei Kay förmlich explodiert … .“
„Ich bin kein Psychologe, aber vielleicht hängt deine heftige Reaktion auf Kay ja auch mit dem Erdrutsch und dem darauf folgenden Chaos zusammen. Vielleicht hattest du unbewusst so etwas wie Überlebensangst und hast dich bei ihm sicher gefühlt, weil er so selbstbewusst aufgetreten ist.“
„Vielleicht …“, überlegte ich. „Auf jeden Fall war es außergewöhnlich. So extrem habe ich noch nie auf einen Mann reagiert, vor allem körperlich nicht.“ Ich seufzte. „Ich muss versuchen, Kay zu vergessen!“
„Das solltest du“, stimmte Mimi mir zu. „Er hat dich absolut nicht verdient!“
„Vielleicht kann Henri mich ein bisschen ablenken. Er ist nächste Woche dienstlich in Berlin und kommt mich dann besuchen. Ich muss ihn dir unbedingt vorstellen.“
„Siehst du, es gibt doch noch andere Männer in deinem Leben. Verbuch die Geschichte mit Kay König einfach unter 'Männerabenteuer' und vergiss ihn!“
Mimi hatte gut reden. Als ob das immer so einfach wäre ….
Wir hatten so viel geredet, dass wir gar nicht auf die Zeit geachtet hatten.
„Mist, schon so spät?“, rief Mimi plötzlich. „Schalt mal schnell den Fernseher ein. Wetten was läuft schon seit anderthalb Stunden.“
Ich drückte schnell den passenden Knopf auf meiner Fernbedienung. Als ob Mimi es geahnt hätte, kündigte der Moderator gerade den nächsten Studiogast an.
„Und unser nächster Gast ist Svea Fergusson, Top-Model und Schauspielerin.“
Die Kamera zoomte auf den Bühneneingang. Ich hielt den Atem an.
Ein blondes, elfengleiches Wesen mit langen Storchenbeinen schwebte auf die Bühne und
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