Stachelzart
verteilte Luftküsse in die Kameras.
Svea Fergusson war wirklich unglaublich hübsch in ihrem silberfarbenen Abendkleid.
Leider!
Ich schnappte mir eines meiner Sofakissen und krallte vor lauter Anspannung die Finger in das weiche Futter.
„Wow, die sieht aber wirklich gut aus“, meinte nun auch Mimi. „Aber du bist viel hübscher!
„Haha, sehr witzig“, lachte ich ironisch.
„Doch, wirklich! Du bist natürlich schön. Die Tante da sieht doch aus wie eine dieser künstlichen Plastik-Barbiepuppen. Und wenn man sie zu hart anfasst, geht sie kaputt!“
Ach Mimi, du bist eine echte Freundin , dachte ich und warf ihr einen Luftkuss zu. Bestimmt konnte ich äußerlich nicht mit Svea mithalten, aber das was Mimi gesagt hatte, war trotzdem süß.
Der Moderator eilte Svea entgegen und geleitete sie zu der Prominenten-Sitzecke, auf der bereits eine Auswahl verschiedener Prominenter aus unterschiedlichen Lebensbereichen saßen. Leistungssportlerin, Musiker, Politiker – fast alles war abgedeckt. Svea schien eine der letzten Gäste zu sein. Wir hätten die Sendung vor lauter Gequatsche tatsächlich fast verpasst.
Svea begrüßte die illustre Runde und nahm dann auf der Couch Platz, um sich interviewen zu lassen. Nach einigen allgemeinen Fragen zu ihrem Model-Job, kam genau das, womit Mimi und ich gerechnet hatten. Herr Flanz, der Moderator der Sendung, hielt denselben Zeitungsartikel, den Mimi mir gemailt hatte, in die laufende Kamera und fragte: „was bedeutet dieser Artikel, der heute Morgen erschienen ist?“
Die Kamera zoomte auf die Überschrift:
Trubel um Kay König! Nur knapp entging er einem Bergunglück. Ist er nun frisch verliebt?
„Frau Fergusson, sind Sie noch mit Kay König verlobt? Und wer ist diese Frau?“ Herr Flanz tippte auf das Zeitungsfoto von mir.
Mir wurde eiskalt und ich bekam eine Gänsehaut. Gleichzeitig wurde mir kotzübel vor Aufregung.
„Oh Gott, Anna, du bist ja ganz weiß im Gesicht. Soll ich den Fernseher lieber ausschalten?“ Mimi musterte mich besorgt.
„Auf keinen Fall“, entschied ich. „Ich will hören, was sie zu sagen hat!“
Svea lächelte süffisant in die Kamera. „Zwischen Kay und mir läuft alles bestens. Wir arbeiten gerade an einem gemeinsamen Filmprojekt. Wie Sie in dem Artikel lesen konnten, hat Kay gerade erst ein Bergunglück überlebt. Dabei hat er diese erfolglose Schnulzen-Autorin Anna Schneider kennengelernt. Ich kann Ihnen versichern, dass sie absolut keine Gefahr für unsere Beziehung darstellt. Das Bergunglück hat Kay und mich noch enger zusammen geschweißt. Nicht auszudenken, wenn ich ihn verloren hätte. Wir werden jetzt so bald wie möglich heiraten!“
PENG!
Sveas Worte knallten wie Peitschenhiebe in meinen Ohren und taten auch genau so weh. Dabei war die Tatsache, dass sie mich gerade als erfolglose Schnulzen-Autorin betitelt hatte, noch die harmloseste Verletzung meiner Seele. Die Tatsache, dass Kay mich von Grund auf belogen hatte und Svea demnächst heiraten wollte, tat viel viel mehr weh.
„Fuck!“, konstatierte Mimi ganz un-damenhaft und schaltete den Fernseher aus. „Das tun wir uns nicht länger an!“
Sie umarmte mich liebevoll. Ich war zu verstört, um zu weinen. Mir war einfach nur schlecht.
Mein Handy klingelte plötzlich. Wie in Trance tastete ich danach und ließ es so schnell wieder fallen, als hätte ich mich daran verbrannt.
„Was ist los? Wer ist das?“, wollte Mimi wissen.
Ich drehte das Handy so, dass sie auf das Display sehen konnte.
Kay ruft an , stand dort.
„Der hat ja Nerven“, empörte Mimi sich. „Du willst da doch hoffentlich nicht drangehen?“
Ich schüttelte wortlos den Kopf. Was sollte das? Was wollte Kay denn noch von mir?
Das Klingeln verstummte. Dafür bekam ich eine neue SMS.
Anna, bitte geh ans Telefon! Ich muss mit dir reden. Dringend! Kay
Ich löschte die Nachricht. „Lass mich in Ruhe!“, schrie ich das Handy an und schaltete es dann ganz aus. Dann entfernte ich das Akku aus meinem Haustelefon. Jetzt konnte keiner mehr nerven.
„Soll ich vielleicht bei dir übernachten?“, fragte Mimi, die sich ganz offensichtlich um mich sorgte.
Ich nickte. Alles war besser, als jetzt alleine zu sein. Schon lange hatte ich mich nicht mehr dermaßen elend gefühlt.
Elftes Kapitel
Samstag, 12. Oktober
„Was ist denn das für ein Lärm? Hörst du das?“ Mimi saß mit verwuschelten Haaren in meinem Bett und spitzte die Ohren.
Nanu, was macht
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