Stadt aus Sand (German Edition)
selbst.
»Wie sollen wir sie bloß wiederfinden? Wie?«, meinte er zum hundertsten Mal zu seinem Wüstenfuchs, der ihm langsam mit hängenden Ohren folgte. »Das ist unmöglich!«
Monet und Manet liefen kauend hinter ihm her und waren es allmählich leid, ständig hin und her zu rennen.
Ayad war zweimal, allerdings vergeblich, den Weg abgelaufen, den sie diesen Morgen genommen hatten.
Er fragte überall: »Habt ihr ein Mädchen gesehen? … Etwa so groß … mit riesigen Ohren?«
Aber niemand hatte sie bemerkt.
»Na großartig«, meinte Ayad schließlich. »Wirklich großartig. Was würdest du tun, wenn du Rokia wärst? Wo würdest du hingehen, um deinen Großvater zu suchen?«
Langsam, sehr langsam drehte er sich um und schaute dann zu dem weißen Palast hinüber, der über der Stadt aufragte. Sie konnte nur noch nach dort oben gelaufen sein, sagte er sich, vor allem, wenn seine Erzählungen sie nicht ausreichend abgeschreckt haben sollten.
Ayad zerrte die Dromedare hinter sich her und bog in eine der gewundenen Gassen ein, die zum Palast hin anstiegen. Er gab Raogo einen Fußtritt und befahl ihm, woanders nach dem Mädchen zu suchen.
Der Fennek jaulte auf.
»Es interessiert mich nicht, ob du Angst davor hast, dich zu verirren! Benutz deine Nase! Benutz deine Ohren! Benutz deine Instinkte eines Wildtieres!«
Raogo schlüpfte zunächst in eine Seitenstraße, doch dann trottete er gleich wieder hinter seinem Besitzer her, wobei er darauf achtete, dass der ihn nicht bemerkte. Das war nicht allzu schwer, denn Ayad war so wütend darüber, wie sich die Dinge entwickelt hatten, dass er nicht einmal gemerkt hätte, wenn ihm ein Nilpferd gefolgt wäre. In seinem Zorn hatte er sogar übersehen, dass er nun in eine Straße eingebogen war, die er eigentlich auf keinen Fall entlanglaufen durfte.
»Täuscht mich da mein trübes Auge, oder ist das dieses Schlitzohr Ayad?«, rief Mohammed der Tierhändler aus, sobald er Ayad erkannt hatte.
»Mohammed?«, fragte Ayad süßsauer lächelnd und fluchte unterdrückt. Wie hatte er nur so unachtsam sein können, dass er ausgerechnet vor dessen Geschäft vorbeigelaufen war?
Sie umarmten sich herzlich, obwohl Ayad sicher lieber ein wutschnaubendes Nashorn umarmt hätte.
»Immer noch bestens in Form, hmm, du alter Wüstenbandit?«, schmeichelte ihm Mohammed. Und dann fuhr er fort: »Und täuscht mich da mein trübes Auge, oder … sind das nicht genau die beiden Dromedare, die mir vor einiger Zeit abhandengekommen sind? Sag mal … Wann hast du zum letzten Mal bei mir vorbeigeschaut, Ayad? Vor drei Jahren?«
»Wie schnell doch die Zeit vergeht, hmm?«, lächelte Ayad verkrampft.
»Lass mich mal nachdenken … wie hießen sie doch gleich …«, brummelte der Tierhändler mit schmerzlich verzogenem Gesicht. »Ach ja! Monet und Manet!«
Die Dromedare brüllten und schnappten sich die Zuckerstücke, die Mohammed ihnen hinhielt.
»Ihr seid es wirklich! Endlich! Ich war davon überzeugt, dass irgendein verfluchter Dieb euch für immer geraubt hätte!«
Auch Ayad lächelte, doch sein Lächeln wirkte verzweifelt. War das der Lohn für eine gute Tat? Hätte er doch nur Ubalebes Geld angenommen, dann säße er schon längst bei einem Bier im Rosafarbenen Stein oder in einer anderen Kneipe.
»Siehst du … siehst du, dass ich sie für dich wiedergefunden habe?«, meinte er.
»O jaaaa …«, zischte Mohammed so scharf, als hielte er ein Messer zwischen den Zähnen. »Schade nur, dass du sie mit deinen … Sachen vollgepackt hast, Ayad.«
Ab jetzt würde er nie wieder Gewissensbisse haben.
Nie wieder.
DER KORB
Langsam leerte sich der Platz, bis nur noch Baawa zurückblieb, der an seinem alten, verbeulten gepanzerten Transporter herumhantierte.
Strahlen der untergehenden Sonne drangen in Fetzen zwischen den Häusern hindurch und zeichneten helle, golden leuchtende Kreise auf die Erde. Die Fenster zwischen den Kletterpflanzen waren nun menschenleer und wirkten wie tot.
Baawa begann, das eingenommene Geld auf zwei Weidenkörbe zu verteilen. Der erste große war für den Fürsten der Stadt aus Sand bestimmt, während der zweite, wesentlich kleinere, für ihn selbst war.
Er zuckte zusammen, als Rokia ihn ansprach.
Blitzschnell wie eine Eidechse fuhr das Männlein mit dem roten Gesicht herum, legte beide Hände schützend über die Münzen und bleckte drohend Schneidezähne, die jedem Nagetier zur Ehre gereicht hätten.
»Bleib ja weg, ver zsch
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