Stadt der blauen Paläste
Hinterteil, ließ sie den Rock heben. Aber hier sei sie gut, hier fehle nichts. Und sie sei auch keineswegs zimperlich, verkündete er lautstark.
Der Mann trat näher an die Frau heran, schob eine Hand unter ihren Rock, die Frau stöhnte unterdrückt auf. Dann zog er gemächlich eine Geldkatze aus dem Rock, ohne dabei die Frau aus den Augen zu lassen. Es gab ein Gespräch, das leise begann, dann jedoch zunehmend lauter wurde, bis sich Bartolomeo verärgert umwandte, nach hinten ging und einer der übrigen Frauen, die auf ihren Verkauf warteten, ein Baby aus dem Tuch riss, das sie vor den Bauch gebunden hatte. Er drückte es dem Mann in den Arm, der Mann wehrte sich für einen Augenblick, schaute dann nach unten in die Menge, eine Frau – vermutlich seine Frau – nickte eifrig mit dem Kopf. Der Mann stieg mit der Sklavin, die er fest am Arm hielt, die Stufen des Podests hinunter, das Kind schrie gellend auf, als es fortgeschleppt wurde. Die Mutter, der das Kind entrissen worden war, machte ein paar Schritte auf das brüllende Kind zu.
Bartolomeo nahm die Peitsche aus dem Halfter und zog sie der Frau mit Schwung über den nackten Rücken – ein grellroter Striemen blieb zurück.
Crestina wusste, dass sie nichts tun konnte. Es gab Dutzende von Sklavenhändlern in der Stadt, die ebenso ihre ›Ware‹ anpriesen wie Bartolomeo, die ebenso Sklaven jagten, die ebenso ihren Profit mit ihnen machten, wie dies üblich war. Weder die Inquisition noch der Rat der Zehn, noch die Cinque Savi, die Avogadori di Comun oder die cattaveri würden sich für einen Mann interessieren, der eine aufmüpfige Sklavin mit einer neunschwänzigen Peitsche zur Raison zu bringen versuchte. Ein Bürger dieser Stadt, der einen Palazzo besaß und seine Steuern bezahlte, war unantastbar. Und sie war sicher, dass ihr Vetter diese Steuern korrekt bezahlte, um keine Probleme zu bekommen.
Aber sie hatte das jämmerliche Weinen des Kindes noch in den Ohren, als sie abends in ihrem Bett lag und diesen Tag noch einmal an sich vorüberziehen ließ.
18. Fahrt ins Weihrauchland
»Ich hoffe, du hast in Nürnberg genügend große Räume und Truhen für ihre Garderobe«, spottete Crestina und deutete auf die Berge von Gepäckstücken, die sich inzwischen im Wassergeschoss aufgetürmt hatten.
»Sie bekommt ein Zimmer, nicht mehr«, sagte Margarete lächelnd, »damit muss sie auskommen.«
»Dann lässt sie am besten gleich die Hälfte ihrer Sachen hier«, schlug Crestina vor. »Es hat ja wohl wenig Sinn, dass sie das alles mitschleppt und damit die Keller in eurem Haus voll stopft.«
»Das hoffe ich nicht, dass die Hälfte dieser Sachen hier bleibt«, wehrte Margarete ab und legte die Hand auf eine der Truhen, die aussah, als sei sie bereits Jahre unterwegs gewesen. »Da sind nämlich ganz gewiss keine Kleider drin.«
»Keine Kleider?«, wunderte sich Crestina. »Was dann, wenn keine Kleider?«
»Meine Sachen«, erklärte Margarete bereitwillig.
»Ach so«, sagte Crestina erleichtert, »du hättest aber gern auch noch bessere Truhen von mir bekommen können, wenn du zu wenig Platz für deine Kleider hattest.«
»Es sind auch nicht meine Kleider drin«, sagte Margarete lächelnd. »Es sind die Unterlagen für unsere Reise.«
Crestina runzelte die Stirn.
»Und weshalb stehen diese Unterlagen dann bei Biancas Gepäck?«
»Weil sie diese Reise vorbereitet«, sagte Margarete, schob eine Karte in einen Sack und legte ihn auf eine der Truhen.
Crestina starrte die Freundin an.
»Was soll das heißen?«
»Nun, das, was ich sagte. Deine Tochter bereitet meine oder nunmehr unsere Reise ins Weihrauchland vor.«
»Bianca bereitet eine Reise vor? Eure Reise nach Arabien?«, fragte Crestina ungläubig.
»Unsere Reise nach Arabien«, bestätigte Margarete.
Crestina schüttelte erregt den Kopf.
»Und wie, wie will sie das machen? Ein Kind, das eine Reise vorbereitet und von nichts eine Ahnung hat?«
»Ich habe ihr Karten gegeben, Bücher, Listen, die sie abarbeiten muss.«
»In diesen Truhen sind auch Bücher?«
»Natürlich sind in einigen der Truhen auch Bücher. Sonst hätten wir ja kaum ein so riesiges Gepäck.«
»Du weißt, dass ich bisweilen Sorge habe, ob sie überhaupt das Alphabet kann, und gelesen hat meine Tochter vielleicht in ihrem ganzen Leben zehn Bücher«, empörte sich Crestina und ließ sich auf einer der Truhen nieder.
Margarete lachte.
»Du übertreibst maßlos. Sie liest nicht die Bücher, die du liest, nicht Horaz und nicht
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