Stadt der Blumen strava3
verließ ihre Räume in allerbester Stimmung.
Die Gäste in der Kathedrale verdrehten die Hälse, um die schöne Duchessa von Bellezza am Arm ihres Vaters eintreten und den Ehrenplatz in der Nähe des Hochaltars einnehmen zu sehen. Sie erstrahlte in einem Kleid aus Silber, das so übersät war mit Perlen und Amethysten, dass der Brokat dazwischen kaum zu sehen war. Ein silberner Schleier bedeckte ihr Haar und sie trug wie üblich eine Maske, doch das hinderte die Giglianer nicht daran, sie zur schönsten, jungen Frau zu erklären, die sie je gesehen hatten.
Der Großherzog, der auf seinem Ehrenplatz saß, sah sie in dem silbernen Kleid eintreten und lächelte. Er lehnte sich zurück und machte sich bereit die Trauungen zu genießen; es würde nicht lange dauern, bis es eine weitere, noch viel bedeutendere Trauung in seiner Familie geben würde.
Die Duchessa wurde begleitet von einer Zofe in einem einfachen, doch eleganten dunkelgrünen Kleid. Sie war ebenfalls äußerst hübsch, obwohl sie ihre Haar ohne Schmuck in einem schlichten, zweireihigen Zopf um den Kopf trug. Der Papst und seine Messdiener traten ein und nahmen ihre Plätze am Altar ein, zusammen mit dem Bischof von Giglia, der die Zeremonie ministrierte.
Vor der Kathedrale am Rand der Piazza war die herzogliche Kutsche eingetroffen und schon bauschten sich Röcke und Schleier an dem geöffneten Schlag. Vier nervöse Bräutigame warteten auf dem roten Teppich, um ihre Bräute in Empfang zu nehmen. Die erste, die sich aus der Kutsche schälte, war Caterina. Sie trug ein Kleid aus weißem und silbernem Brokat. Dann folgten die beiden Prinzessinnen aus Fortezza, die rothaarige in Grün und Gold und die brünette Schwester in schneeweißem Satin, der mit weißen Steinen besetzt war.
Schließlich kam noch Francesca in der weißen Spitze aus Bellezza und mit einer Menge von Perlen in dem schwarzen Haar. Jeder Bräutigam hielt seine Braut für die hübscheste und so sollte es ja auch sein. Sie reichten sich unter dem Baldachin die Hände und schritten gemessen in die Kathedrale, wobei die drei Prinzen aus Giglia ihrem Cousin Alfonso vorangingen.
An ihren verschiedenen Standorten rings um die Kathedrale herum stellten die Stravaganti mit den beiden Mitgliedern der Bruderschaft, die in der Kathedrale waren, eine geistige Verbindung her. Gedankenströme flossen zwischen ihnen hin und her und schufen ein Kraftfeld, mit dem sie das große Gebäude unter ihren Schutz nahmen. Die Musik der Hochzeitsprozession endete und der Papst begann die eröffnenden Worte der Trauungsmesse anzustimmen.
Camillo Nucci, der bei seinen Eltern und seinen Geschwistern saß, blickte hinauf zu der Empore und sah die Bogenschützen, die ihre Pfeile im Anschlag hielten.
»Nicht hier«, murmelte er Filippo zu.
Es dauerte anderthalb Stunden, bis die jungen Adligen mit ihren Bräuten vermählt waren. Als die Zeremonie schließlich endete, waren die Stravaganti reichlich erschöpft von der Konzentration auf ihre Aufgabe. Als die jungen Brautpaare auf den roten Teppich hinaustraten und die Menge jubelte und die silbernen Trompeten erschollen und die Glocken aus dem schmalen Glockenturm läuteten, ließen die Stravaganti zu, dass sich ihre geistigen Kräfte wieder entspannten.
Und in diesem Moment schob sich eine schwarze Regenwolke vor die Sonne.
Kapitel 22
Blut auf Silber
Die Verkündigungskirche war für frisch Vermählte ein traditioneller Wallfahrtsort.
Sie stand im rechten Winkel zu dem Waisenhaus an dem Platz, auf dem Lucien und Gaetano schon mehrfach gefochten hatten. Dreihundert Jahre zuvor hatte ein Mönch auf eine der Kirchenwände ein Fresco von jenem Engel gemalt, der Maria erscheint und ihr die bevorstehende Schwangerschaft ankündigt. Zumindest hatte er das Bild begonnen. Die Jungfrau war an ihrem Betpult dargestellt und zu ihrer Linken stand auch der geflügelte Engel, der einen Lilienstrauß trug.
Doch der unbekannte Mönch hatte wohl nicht gewusst, wie er das Gesicht des Engels malen sollte. Der Legende nach hatte er um Hilfe gebetet und in der Nacht war der Engel erschienen und hatte das Bild selbst vollendet.
Während vieler Generationen hatte sich die Gepflogenheit unter neu vermählten Paaren gebildet, Blumensträuße unter das wundersame Bild zu legen, damit der Engel die Verbindung mit Kindern segnen würde.
Die Chimici waren nicht weniger abergläubisch als andere Giglianer und der Herzog wartete dringend auf Enkel, daher war es von Anfang an Bestandteil der
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