Stadt der Blumen strava3
wollte, war der knöcheltief mit Flutwasser bedeckt – und das Wasser stieg rasch weiter an. Alle Zaungäste waren verschwunden, um von ihrem Hab und Gut zu retten, was noch zu retten war. Der Lärm und der Tumult in der Kirche waren so groß gewesen, dass keiner die Schreie und Warnrufe von draußen gehört hatte.
»Schnell«, sagte Giuditta, die mit Dethridge draußen auf dem Platz gewesen war und sich schon um alles gekümmert hatte. »Wir müssen die Überlebenden in den ersten Stock des Waisenhauses schaffen.«
Das Tor des Ospedale war bereits geöffnet und die Nonnen warteten darauf, beim Versorgen der Verletzten zu helfen. Die wurden nun einer nach dem anderen hinaufgetragen: Luca, Gaetano, die Duchessa und selbst Filippo Nucci, weil Beatrice darauf bestanden hatte. Vier Soldaten trugen den toten Prinzen und legten ihn in einen gesonderten Raum. Der Leichnam von Camillo Nucci wurde achtlos in eine Ecke geschubst. Die Verwundeten, die noch gehen konnten, folgten, Sky genauso wie der Großherzog, der die Kirche jedoch erst verließ, nachdem er befohlen hatte, dass alle überlebenden Nucci in seine Kerker gebracht würden, sogar die Frauen.
Der Papst geleitete auch die vier Bräute hinauf, denn es gab sonst keinen sicheren Platz, wo man sie vor den strudelnden Wassermassen in Sicherheit bringen konnte. So gelangten allmählich alle übrig gebliebenen Gäste der prachtvollsten Hochzeiten, die die Stadt je erlebt hatte, in die oberen Stockwerke des Waisenhauses. Säuglinge fingen an zu schreien, da sie vorübergehend von ihren Kindermädchen verlassen wurden. Auch die wurden gebraucht, um die Verwundeten zu versorgen.
Giuditta spannte die völlig mitgenommene Georgia dafür ein, Verbandstreifen zu reißen, Kleidungsstücke aufzuschneiden und Schüsseln mit warmem Wasser zu holen. Wie aus dem Nichts tauchte Silvia auf. Sie war aschfahl, als sie hörte, dass Arianna verletzt worden sei.
»Wo ist sie?«, fragte sie mit zusammengepressten Lippen.
»Luciano ist bei ihr und ihrer Zofe«, flüsterte Georgia. »Ich glaube, die beiden haben die Kleider getauscht.«
Silvia schloss die Augen und Georgia meinte schon, sie würde loslachen. Doch sie umarmte Georgia nur und sagte: »Der Göttin sei Dank!«
Sulien schritt zwischen den Verwundeten hin und her. Luca, Gaetano und Filippo waren am gefährlichsten verletzt und hatten das Bewusstsein verloren. Sky hatte eine Schnittwunde am Arm, die höllisch wehtat, aber er wusste, dass er Glück gehabt hatte.
»Haben Sie Nick gesehen?«, fragte Sky den Mönch.
»Nein«, erwiderte Sulien. »Ist er nicht unter den Verwundeten?«
Herzog Alfonso von Volana, der auch tapfer gekämpft hatte, war unverletzt geblieben und bekam den Auftrag, sich um die Frauen und die anderen nicht Verwundeten zu kümmern, die ins oberste Geschoss gebracht worden waren.
»Ich suche nach ihm«, erwiderte Sky. »Wie geht es Gaetano?«
Sulien machte ein besorgtes Gesicht. »Sie sind alle schwer verletzt. Ich weiß nicht, wie ich ihnen helfen soll, wenn ich nicht in meine Apotheke kann.«
»Was meinen Sie, wie schlimm wird das Hochwasser denn noch?«, fragte Sky.
»Wann können wir hier raus?«
»Heute nicht mehr«, prophezeite Sulien. »Wir haben schon oft so ein Hochwasser in der Stadt gehabt. Einige sind schlimmer als andere – gewöhnlich sind die im Frühjahr weniger stark als die im Herbst. Doch selbst ein Frühlingshochwasser kann bis zu zwei Meter oder mehr anschwellen.«
Sky wusste, was das bedeutete: dass er und Nicholas nicht vom Kloster aus zurückreisen könnten; doch er beschloss sich jetzt darum noch keine Gedanken zu machen. Er hatte dringendere Sorgen, zum Beispiel die Frage, wo Nicholas steckte.
Auf der Piazza Ducale war das Wasser bis über die Stufen der Loggia angestiegen und schwappte bis auf die Bankett-Tribüne. Die Dienerschaft hatte soviel Inventar wie möglich in den Palazzo getragen, kaum dass das Hochwasser den Platz erreicht hatte. Hochzeitsgäste, die nicht zum Segen in der Verkündigungskirche eingeladen gewesen waren, hatten in dem großen Gebäude Schutz gesucht und waren über die ausladenden Treppen in die oberen Stockwerke geeilt. Jetzt blickten sie auf die Trümmer des Festessens und die funkelnde Wasseroberfläche. Nur einen Tag zuvor hatten die jungen Adligen hier ihr Turnier abgehalten.
Einige verstörte Gäste sahen sich plötzlich zwei gefleckten Katzen gegenüber, die von ihrem Wärter ebenfalls nach oben gebracht worden waren. Doch die Tiere
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