Stadt der Blumen strava3
Schlafmittel geben. Leider bin ich ziemlich eingeschränkt, weil ich keine Mittel aus meiner Farmacia holen kann.«
»Ich gehe«, sagte Lucien. »Macht mir eine Liste.«
»Das ist zu gefährlich«, warf Arianna ein. »Das Hochwasser steigt noch. Wie willst du dorthin kommen?«
»Keine Sorge – ich finde schon eine Möglichkeit«, sagte Lucien.
Auf der Treppe zu einem der oberen Stockwerke des Waisenhauses traf Georgia auf Sky.
»Gott sei Dank!«, sagte sie. »Ist alles in Ordnung mit dir?«
»Ich habe eine Stichwunde am Arm«, erwiderte er. »Ist aber nicht so schlimm.
Hast du gesehen, was mit den anderen geschehen ist?«
Georgia nickte. Sie wollte lieber nicht an die Leichen denken, die aus der Kirche getragen worden waren. »Wie geht es Nick?«, fragte sie stattdessen.
»Den suche ich«, sagte Sky. »Ich hatte gehofft, dass er oben bei den Unverletzten ist.«
Sie standen im Treppenhaus und klammerten sich vor Verzweiflung kurz aneinander.
»Es war so schrecklich«, sagte Georgia. »Ich glaube nicht, dass ich das jemals vergessen kann – das Blut und den Geruch.«
»Ich auch nicht.« Sky streichelte ihr unbeholfen den Rücken. Wieder ging ihm durch den Kopf, wie froh er war, dass Alice beschlossen hatte nicht nach Giglia zurückzukehren.
»Weißt du, ob Gaetano durchkommt?«, fragte Georgia.
»Nein. Wenn ihn jemand retten kann, dann nur Sulien. Aber er ist von seinen Arzneien abgeschnitten.«
Sie stiegen ganz hinauf. Herzog Alfonso hatte irgendwie einen Kräuteraufguss besorgen lassen, für die Frauen und die anderen Leute, die nicht verletzt waren.
Seine Braut, Bianca, klammerte sich völlig verschreckt an seinen Arm. Er war der einzige Bräutigam, der nicht verletzt war, und sie konnte es kaum glauben, dass er ohne eine Schramme davongekommen war. Seine Mutter umsorgte die Mädchen wie eine Glucke, vor allem ihre eigene Tochter Caterina, deren neuer Ehemann schwer verletzt einen Stock tiefer lag.
Lucia, die so tapfer, wenn auch vergebens gekämpft hatte, um Carlo zu verteidigen, stand unter Schock und saß frierend am anderen Ende des Raumes. Von ihren Eltern, Jacopo und Carolina, war nichts zu sehen. Guido Parola hatte Lucia seinen Umhang um die Schultern gelegt und versuchte sie zu überreden etwas von dem heißen Getränk zu trinken. Der Papst, den der starke Kräuteraufguss wiederbelebt hatte, wandte sich an Alfonso.
»Wir müssen dafür sorgen, dass sie sich aufwärmen. Sie sind alle durchnässt und stehen unter Schock. Wo stecken nur all die Nonnen?«
»Sie kümmern sich wohl um die Verwundeten«, sagte Alfonso. »Vielleicht könnte uns Cousine Beatrice helfen?«
»Ich gehe sie suchen«, sagte Sky. »Ich weiß, wie sie aussieht.«
»Ich habe zwar keine Ahnung, wer du bist«, sagte der Papst. »Aber wenn du meine Nichte finden könntest, wäre ich dir sehr dankbar.«
»Haben Sie irgendwo einen jungen Dominikanermönch gesehen?«, fragte Georgia. »Er hat sich in der Kirche in den Kampf eingemischt und wir wissen nicht, ob es ihm gut geht.«
Aber keiner hatte Nicholas gesehen.
Sie fanden Beatrice beim Herzog, der wie benommen dasaß, während sie ihm den Kopf verband. Sky wollte nicht von Niccolò gesehen werden, daher überbrachte Georgia die Bitte.
»Ich komme«, sagte Beatrice. »Ist es in Ordnung, wenn ich dich allein lasse, Vater?«
»Ich gehe zu meinen Söhnen«, sagte er mit lallender Stimme, als ob er was Starkes getrunken hätte.
»Da ist wahrscheinlich auch Nick«, bemerkte Georgia zu Sky. »Bei Gaetano.«
Sie folgten dem Herzog mit einigem Abstand in eine abgetrennte Zelle. Gaetano und Luca lagen ganz still auf zwei Lagern, die nebeneinander errichtet worden waren. Sulien betrachtete sie mit besorgtem Gesicht. Aber von Nicholas war nichts zu sehen. Sie warfen einen Blick in den Raum daneben und Georgia konnte einen Aufschrei nicht unterdrücken. In dieser Zelle befand sich nur ein Lager, auf dem der Leichnam von Prinz Carlo lag, dessen Hochzeitsstaat von Blut durchtränkt war. Zwischen dem Bett und der Wand kauerte – wie ein Bündel aus schwarz-weißen Lumpen – Nicholas.
Als die Fluten auf den Platz strömten, war Enricos erster Impuls gewesen, sich ins Dachgeschoss des Waisenhauses zu retten. Von dort hatte er beobachtet, wie Leichen und Verwundete aus der Kirche getragen wurden, und ihm wurde klar, dass irgendwas ganz furchtbar falsch gelaufen war, auch wenn er nicht erkennen konnte, was. Sein erster Gedanke war, dass man ihn dafür verantwortlich machen könnte
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