Stadt der Blumen strava3
hinaufzureichen.
Er trug einen blauen Samtanzug mit Spitzenkragen und einen Hut mit geschwungener Feder und Sky entging nicht, dass er nach kaltem Schweiß roch.
Prinz Gaetano trat durch das Tor in den kleinen Kreuzgang von Santa-Maria-im-Weingarten; dieses Dominikanerkloster hatte ihm immer gut gefallen. Hier hatte der große Reichtum seiner Familie seinen Anfang genommen. Sie hatten die wissenschaftlichen Forschungen unterstützt, die sich mit dem Destillieren von Parfüm beschäftigten. So waren sie auch zu ihrem Nachnamen di Chimici – Chemiker, Alchimisten – gekommen. Aber Gaetano war in jüngster Zeit nicht hier gewesen, nicht, seit Bruder Sulien als Apotheker und Prior eingetroffen war.
Gaetano erkannte Sulien nach Lucianos Beschreibung. An der Hintertür zum gro
ßen Kreuzgang beaufsichtigte der Mönch soeben die Lieferung von Wagenladungen voller gezüchteter Schwertlilien. Doch kaum sah er den jungen Prinzen, hielt er inne und kam herbei.
»Willkommen, Hoheit«, sagte er. »Ich habe Euch schon erwartet.«
Der Wächter an den Toren des herzoglichen Palastes kannte den Aal gut und ließ ihn mit seinen zwei Begleitern ein, auch wenn der zerlumpte Junge und der junge Novize kaum als Besucher des Herzogs in Frage kamen. Der Aal war jedoch nicht gekommen, um den Herzog zu sehen – noch nicht. Er wollte vor seinem jungen Lehrling und dessen neuem Freund angeben.
»Komm mit, Sperling«, sagte er und führte die beiden Jungen in einen angrenzenden, noch größeren Innenhof, in dem die Bronzestatue eines nackten Merkur mit Schwert Wache stand. »Wie heißt dein Freund?«
»Bruder Tino«, sagte Sandro. »Er ist neu. Er lebt drüben in Santa-Maria-im-Weingarten.«
»Tatsächlich?« Der Aal ließ ein salbungsvolles Grinsen sehen. Das interessierte ihn wirklich. Das Dominikanerkloster war einer der wenigen Orte, an denen er keinen Spitzel eingeschleust hatte. Ob dieser einfältig wirkende Novize wohl als Informationsquelle in Frage kam? »Darf ich mich vorstellen?«, sagte er und streckte eine nicht allzu saubere Hand unter seinem blauen Samtumhang hervor.
»Enrico Poggi, geheimer Kundschafter von Herzog Niccolò di Chimici, dem Herrscher von Giglia. Immer zu Diensten!«
Sky erwiderte den Händedruck, wenn auch voller Argwohn; Sandras Arbeitgeber sah nicht gerade so aus, als wolle ein Herzog viel mit ihm zu tun haben, und Sky misstraute ihm instinktiv. Aber die Dinge mochten in dieser anderen Welt, in der er sich befand, anders laufen und er musste sich noch zurechtfinden.
Als ob die Erwähnung seines Namens ihn herbeigerufen hätte, trat ein reich gekleideter Herr unter einem Torbogen in den Innenhof, vertieft in ein Gespräch mit einem weniger aristokratisch wirkenden Mann, der anscheinend mehrere aufgerollte Pläne unter dem Arm trug. Beim näheren Hinsehen entdeckte Sky, dass der Adlige nicht so alt war, wie er zunächst vermutet hatte; er hatte zwar schlohweißes Haar, aber sein Gesicht war faltenfrei. Auf eine etwas unheimliche Art sah er sogar ziemlich gut aus.
Der Herzog, um den es sich offensichtlich handelte, blieb stehen, als er die Eindringlinge entdeckte. Er entließ den Mann, mit dem er sich unterhalten hatte, mit den Worten »Kommt morgen mit den überarbeiteten Zeichnungen wieder«, dann winkte er Enrico herbei.
Der Aal glitt über den Hof, verneigte sich und lächelte. Sky bemerkte sofort, dass ihn der Herzog mit Verachtung ansah. Er war vielleicht zufrieden, seine Dienste anzunehmen, aber Sky bezweifelte schwer, dass Enrico mehr als das nötigste Vertrauen des Herzogs hatte. Sandro hatte sich auf seine Art, mit dem Hintergrund zu verschmelzen, unsichtbar gemacht. Er lehnte sich an eine Säule, halb verborgen im Schatten.
Plötzlich verstand Sky nur zu gut, was Sandro für seinen wenig gewinnenden Herrn tat: Er war ein Spitzel!
Der Herzog sah jetzt direkt zu Sky herüber, der sich unter seinem Blick sofort unwohl fühlte und wünschte, die gleiche Gabe wie sein neuer Freund zu haben und sich unsichtbar machen zu können. Er war immerhin froh, dass er im Schatten stand. Enrico winkte ihn herüber – und eine kleine Wolke verdeckte die Sonne.
»Bruder Tino, Hoheit«, sagte Enrico und stellte Sky dem Herzog vor – wie ein Hund, der seinem Herrn einen Teil eines besonders geschätzten Knochens anbot.
»Er lebt in der alten Familienkirche Eurer Gnaden, drüben am Weingarten.«
Der Herzog streckte eine Hand mit langen, schlanken Fingern aus, die mit Ringen aus Silber und Rubinen
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