Stadt der Blumen strava3
beleidigen«, entgegnete Rodolfo. »Und wie die Dinge stehen, müssen wir sehr vorsichtig sein den Herzog nicht zu beleidigen.«
»Gehen wir deshalb heute Abend zu ihm?«, fragte Lucien. »Ich sehe wirklich nicht ein, warum wir ihn in seinem Palast besuchen müssen – womöglich vergiftet er uns beide.«
»Womöglich«, pflichtete ihm Rodolfo bei. »Dazu ist er glatt fähig und er hat die Möglichkeit dazu, aber ich glaube nicht, dass er das tut. Denk daran, er ist immer noch fasziniert von unserer Bruderschaft und er will unsere Geheimnisse herausbekommen. Viel eher lässt er uns foltern als uns umzubringen.«
»Na wunderbar«, sagte Lucien, »dann haben wir ja nichts zu befürchten.«
Sandro wartete im Kloster Santa-Maria-im-Weingarten. Er wirkte etwas verloren, wie er da im kleinen Kreuzgang herumstand und den Mönchen beim Unkrautjäten zusah.
»Hast du heute nichts zu tun?«, fragte Sulien.
Sandro zuckte mit den Schultern. »Nichts Neues.«
»Würdest du etwas für mich tun?«, fragte ihn Sulien. »Bruder Tino und ich stellen Likör her.«
Sandros Augen leuchteten auf. Er würde in das Laboratorium kommen, das ihn schon immer neugierig gemacht hatte, und dafür konnte ihn der Aal nicht schelten.
Enrico hatte ihn beauftragt über den Apotheker-Mönch so viel wie möglich herauszufinden. Aber Sandro beschloss seinem Herrn nichts von dem zu erzählen, was er herausfand.
Suliens Arbeit an seiner Rezeptliste machte langsame Fortschritte. Er stellte zurzeit eine neue Ladung Weinliköre her, für die das Kloster berühmt war und deren Rezeptur keinem außer den Mönchen bekannt war. Sandro und Sky fühlten sich geehrt, dass sie zumindest einen Teil des Geheimnisses kennen lernen durften.
»Woher wissen Sie, wie man den Likör macht, wenn es kein Rezept dafür gibt?«, fragte Sky.
»Es ist mir von mehreren Apotheker-Mönchen vererbt worden«, sagte Sulien.
»Ich habe den Likör unter der Aufsicht meines Vorgängers, Bruder Antonino, hergestellt. Mehr als einmal. Aber das Rezept ist noch nie niedergeschrieben worden.«
Es dauerte Stunden, eine Art von Kessel mit Zucker, Weinbrand und den verschiedenen Kräutern und Gewürzen zu füllen, die die Jungen auf Geheiß von Bruder Sulien aus bunten Steinguttöpfen holen mussten. Sky merkte schon bald, dass Sandro nicht lesen konnte und dass sich Sulien sorgfältig bemühte, ihm Anweisungen zu geben, die er verstehen konnte – »Nun bring mir das blaue Gefäß ganz links aus dem untersten Fach« oder »Der Anis ist in dem großen grünen Gefäß mit dem rötlichen Pfropfen« und so weiter. Zu Sky sagte er einfach nur:
»Ich brauche Zimt«, oder: »Bringe mir die Ingwerwurzel.«
Die drei arbeiteten mehrere Stunden stetig und schweigsam vor sich hin, bis eine dicke, blaue Flüssigkeit in dem Kessel dampfte, die für Skys Empfinden ein wenig wie Hustensaft roch. Sulien versicherte ihnen jedoch, dass es ein hoch geschätztes und teures Getränk sei, und die kräftige Wirkung der Dämpfe konnten sie immerhin bestätigen. Sandro, der den ganzen Tag nichts gegessen hatte, begann allmählich zu taumeln.
»Schluss«, sagte Sulien. »Jetzt können wir ihn abkühlen lassen und ihn morgen abfüllen. Es muss schon spät sein. Bruder Tino und ich sind jetzt zum Essen beim Herzog geladen, aber auch du, Sandro, siehst aus, als ob du schnell etwas zu essen brauchtest. Geh zu Bruder Tullio und sage ihm, dass du mir den ganzen Nachmittag geholfen hast. Er soll dir etwas zu essen geben.«
Sulien nahm eine Flasche mit dem blauen Weinlikör aus einem Regal. »Das ist von meiner letzten Herstellung«, erläuterte er. »Der Herzog wird sich über das Geschenk freuen.«
»Das ist einer, bei dem ich auch schon geholfen habe«, murmelte Sky.
»Er ist wunderbar, nicht?«, sagte Sandro zu Sky und Sky war überrascht, dass der abgerissene Gassenjunge sich so von dem sanften und gelehrten Mönch beeindrucken ließ.
»Ich dachte, du hältst ihn für einen Giftmischer?«, flüsterte er.
»Ich glaube doch nicht, dass er das sein kann. Was meinst du?«, wisperte Sandro zurück. Und Sky konnte noch rasch den Kopf schütteln, dann mussten sie sich in die Via Larga aufmachen.
»Warum laden wir diese bellezzanischen Scharlatane ein?«, fragte Prinz Luca und bürstete ein unsichtbares Stäubchen von seinem weißen Rüschenhemd. »Ich dachte, sie seien unsere erbitterten Feinde?«
»Wenn du glaubst, es hätte etwas mit Diplomatie zu tun, nur die Leute einzuladen, die du magst, dann hast du
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