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Stadt der Finsternis - Andrews, I: Stadt der Finsternis

Stadt der Finsternis - Andrews, I: Stadt der Finsternis

Titel: Stadt der Finsternis - Andrews, I: Stadt der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ilona Andrews
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unfähig, auch nur einen einzigen halbwegs vernünftigen Gedanken zu fassen, weil mir der Kopf so dröhnte.
    »Suchst du was?«, fragte Dali, die aus dem Flur hereinkam.
    »Nein, ich tanze Cancan.« Wer dumm fragt …
    Sie sah mich blinzelnd an. »Würde es dir was ausmachen, Kaffee zu kochen, während du tanzt? Ich rieche welchen auf dem unteren Bord, in dem ersten oder zweiten Gefäß von links.«
    Ich öffnete das erste Gefäß und sah hinein. Kaffee. Auf dem Etikett stand BORAX .
    »Was soll denn das mit den Etiketten?«
    Dali zuckte die Achseln. »Du bist hier im Haus einer Katze, die von Beruf Spion ist. Jim hält sich für ausgesprochen clever. Mit der Geschirrschublade wäre ich vorsichtig. Da könnte eine Bombe drin sein.
    Ich nahm einen kleinen Topf und setzte Kaffeewasser auf.
    »Wie geht es Derek?«
    »Keine Ahnung. Die Tür ist immer noch zu. Sie sind schon seit Stunden da drin.«
    Der Kaffee wallte auf. Ich nahm ihn kurz vom Feuer und ließ ihn dann noch ein zweites Mal aufwallen. Dali holte die Tassen. »Ich habe noch etwas über diesen Edelstein herausgefunden«, sagte sie.
    Ich schenkte ihr Kaffee ein, und sie sah mir dabei zu. »Du bist echt viel geschickter als ich«, sagte sie. »Ich kippe bei so was immer die Hälfte daneben.«
    Geschicklichkeit – so ziemlich das Einzige, was ich vorzuweisen hatte. »Also, was ist mit dem Stein?«
    »In einigen alten Texten heißt es, der Rudra Mani habe die Macht, Tiere zu besänftigen und das Leiden der Menschen zu lindern.«
    Die tiefere, verborgene Bedeutung dahinter lautete womöglich: Er hatte die Macht, das tierische Wesen eines Gestaltwandlers zu unterdrücken und ihn in seiner Menschlichkeit einzusperren. »Und? Stimmt das? Lindert er irgendein Leiden?«
    Dali guckte in ihren Kaffee. »Wenn man so einen Splitter in sich hat, ist es, als wäre ein Teil von einem abgeschnitten. Es ist ein ganz entsetzliches Gefühl. Lieber wäre ich tot.«
    Das verstand ich nur zu gut. Es wäre so, als müsste ich meine Magie aufgeben. Ich hasste den Mann, der sie mir verliehen hatte. Einzelne Aspekte davon widerten mich an, und ich lehnte sie ab, aber sie war ein Teil von mir. Nur mit dieser Magie fühlte ich mich als ganzer Mensch, im Guten wie im Schlechten. Wenn ich die Magie nutzte, machte mich das zu dem Menschen, der zu sein ich geboren war. Und wenn man Leute davon abhielt, sie selbst zu sein, so trieb man sie damit in den Wahnsinn.
    »Rudra ist auch einer von Shivas Namen«, sagte Dali. »Es bedeutet ›strikt‹ oder ›kompromisslos‹.«
    Wie passend. Das war es, was die Gestaltwandler waren: ein Kompromiss, ein Mittelding zwischen Mensch und Tier. Der Edelstein zwang sie, nur noch eines davon zu sein. Ich hatte während der Rückfahrt auf der Erdstrahlenader darüber nachgedacht. Da war ich schon emotional zu betäubt gewesen, um mir noch Sorgen um Derek zu machen. Ich hatte Julie seinen Zustand geschildert, und es hatte sich tatsächlich angefühlt wie das Aufreißen einer alten Wunde. Erst der stechende Schmerz, wenn der Schorf fortgerissen wurde, und dann hatte es geblutet, und schließlich war die Wunde taub geworden.
    Stattdessen hatte ich über den Orden nachgedacht. Über Ted und seine Unfähigkeit, Kompromisse zu schließen. Ted wollte, dass Menschen Menschen blieben, koste es, was es wolle.
    Am Horizont meines Geistes braute sich ein schweres Unwetter zusammen, und mittendrin befand sich der Rudra Mani.
    »Sagt dir der Name ›Sultan des Todes‹ irgendwas?«, fragte ich.
    Dali hielt inne, überlegte und schüttelte den Kopf. »Nein, keine Ahnung, wer das sein soll.«
    Apropos: Ich hatte immer noch nicht nachgefragt, was die Analyse des Silbers ergeben hatte, das die Rakshasas Derek ins Gesicht gegossen hatten. Die Magie war wieder verschwunden, während ich geschlafen hatte. Ich griff zum Telefon. Freizeichen. Endlich! Das Telefon zählte zu den wenigen Geräten, die manchmal auch funktionierten, während die Magie herrschte. Die meisten Leute hatten keine Ahnung, wie Telefone funktionierten. Für sie war es beinahe etwas Magisches, und manchmal schienen die Wogen der Magie diese Auffassung zu teilen.
    Ich wählte Andreas Privatnummer. Sie nahm beim zweiten Klingeln ab. »Hey.«
    »Hey.«
    »Ich hab die Ergebnisse hier«, sagte sie und klang dabei sehr ernst. »Es ist gar kein Silber. Es ist Elektron.«
    Elektron, eine auch in der Natur vorkommende Legierung aus Silber, Gold und einer Prise Kupfer, war magisch höchst wirksam. Und für

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