Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Stadt der Finsternis - Andrews, I: Stadt der Finsternis

Stadt der Finsternis - Andrews, I: Stadt der Finsternis

Titel: Stadt der Finsternis - Andrews, I: Stadt der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ilona Andrews
Vom Netzwerk:
darin.
    Die Tigerin lief los.
    Sie lief im Raum umher und trampelte dabei über die Leichen. Mit der pelzigen Schulter streifte sie eine tulpenförmige Stehlampe. Die Lampe fiel um, der Schirm zerplatzte am Boden in Tausende Glassplitter. Dali tobte über diese Splitter hinweg und krachte anschließend gegen den LCD -Bildschirm an der Wand. Das große, mit einem Metallrahmen versehene Gerät wurde aus seiner Verankerung gerissen und donnerte ihr auf den Kopf. Ich zuckte zusammen.
    Dali wirbelte herum, nun vollkommen aufgescheucht blickend, und dann trat Jim ihr in den Weg und fixierte sie mit seinem Blick.
    Dali erbebte. Ihr Fell sträubte sich. Sie fauchte.
    Jim stand einfach nur da. Seine Augen leuchteten smaragdgrün.
    Mit einem eindringlichen Seufzer legte sich Dali zu Boden.
    Voilà: Der Katzenalpha in Aktion.
    Jim kniete sich neben sie. »Kannst du die Gestalt wandeln?«
    Die Tigerin winselte. Ich fasste das als Verneinung auf.
    An Dalis riesenhaften Tatzen zeigte sich ein wenig Blut, hob sich deutlich von ihrem weißen Fell ab. Bei dem Abscheu, den sie Blut gegenüber empfand, würde sie sich vermutlich nicht einmal diese Wunden lecken. Ich holte das Erste-Hilfe-Set, das Doolittle benutzt hatte, um mich wieder zusammenzuflicken, nahm eine Pinzette heraus und ließ mich neben Dalis Pfoten nieder. Sie hielt mir eine ihrer gewaltigen Pranken hin. Ich öffnete ein Fläschchen Desinfektionsmittel, tat etwas davon auf ein Stück Verbandsmull und tupfte ihr damit das Blut von den riesigen Ballen. Drei Glassplitter steckten ihr im Fleisch, Trophäen ihres heldenhaften Kampfes mit der Lampe.
    »Ich will, dass du weiter versuchst, wieder deine Menschengestalt anzunehmen«, sagte Jim. »Überanstrenge dich nicht, aber versuche es stetig weiter.«
    Ich ergriff mit der Pinzette den ersten Splitter und zog ihn aus der Pfote. Blut quoll hervor. Dali zuckte zusammen und riss mich bei dieser Bewegung mit sich. Schmerzen schossen mir durch die Seite, und ich fuhr ebenfalls zusammen. Die von Doolittle so kunstvoll geflickten Wunden waren wieder aufgerissen.
    »Stillhalten bitte.«
    Dali winselte und überließ mir erneut ihre Pfote. Die Wunde wollte sich nicht schließen. Ich betupfte sie mit dem Mull. Es half nichts. Mist. Derek und sie zeigten nun dieselben Symptome: Unfähigkeit, die Gestalt zu wandeln, und verlangsamte Wundheilung. Ich legte den blutigen Splitter aus weißem Mattglas in den aufgeklappten Deckel des Erste-Hilfe-Sets.
    »Dann reden wir doch mal über Gerüche.« Jims Stimme klang beruhigend, besänftigend. »Hast du an den Leichen irgendwelche seltsamen Gerüche wahrgenommen?«
    Dali schüttelte den Kopf.
    Ich zupfte ihr den zweiten Splitter aus der Pfote. »Von der Gestalt mal abgesehen – fühlst du dich irgendwie anders?«
    Dali winselte. Das war das Dumme mit Gestaltwandlern in Tiergestalt: Sie konnten nicht sprechen, und die meisten konnten auch nicht schreiben. Das Einzige, was uns nun noch blieb, waren Ja-oder-Nein-Fragen.
    Ich griff nach dem dritten Glassplitter, doch die Pinzette rutschte ab. Das Scheißteil saß tief. »Dali, spreiz mal bitte die Finger, falls du kannst.«
    Riesige Krallen schossen hervor, als sie die Zehen spreizte.
    »Danke.« Ich ergriff den Splitter und zog ihn heraus.
    Das Tigerfleisch unter meinen Fingern begann förmlich zu brodeln, und mit einem Mal hielt ich eine Menschenhand.
    »Oh, Gott.« Dalis Stimme bebte. »Oh, Gott.«
    »Was hast du getan?« Jim beugte sich vor und fokussierte, als hätte er eine Beute erblickt.
    Dalis Augen füllten sich mit Tränen. »Ich dachte schon, ich würde jetzt für immer und ewig in der Tiergestalt stecken bleiben.« Sie sah sich im Raum um. »Ich hab hier alles kaputt gemacht. Und deine Wunde ist wieder aufgerissen … Es tut mir so leid!«
    »Das macht doch nichts«, murmelte ich und konzentrierte mich auf den Splitter. Er sah gelb aus. Der tulpenförmige Lampenschirm war weiß gewesen. »So was passiert doch ständig.«
    Ich schnappte mir das Erste-Hilfe-Set, hielt es unter die Pinzette, für den Fall, dass mir der Splitter unterwegs herunterfiel, stand auf und ging mit dem Glassplitter zum Fenster. Der Splitter funkelte und warf einen gelblichen Lichtschein auf die weiße Hülle des Sets. Na, da hatten wir ja endlich unseren Anhaltspunkt.
    Jim betrachtete den Splitter mit gerunzelter Stirn. »Topas?«
    »Ich glaube schon. Um was wollen wir wetten, dass das ein Stück des Wolfsdiamanten ist?« Jetzt verstand ich: Die Reaper wollten den

Weitere Kostenlose Bücher