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Stadt der Finsternis - Andrews, I: Stadt der Finsternis

Stadt der Finsternis - Andrews, I: Stadt der Finsternis

Titel: Stadt der Finsternis - Andrews, I: Stadt der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ilona Andrews
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Förderunterricht teilnehmen.«
    »Das haben wir alles besprochen, bevor sie an Ihrer Schule angenommen wurde.«
    »Was den Unterrichtsstoff angeht, macht sie sehr gute Fortschritte, und ich habe keine Zweifel, dass sie ihre Altersgenossen bis Ende des Jahres eingeholt haben wird«, versicherte mir Citlalli. »Sie hat jedoch Schwierigkeiten im Umgang mit ihren Mitschülern.«
    Julie hatte die vergangenen zwei Jahre praktisch als Straßenkind gelebt, hatte sich permanent vor irgendwelchen Banden verstecken müssen und war von ihrem Scheißkerl von Freund einer Gehirnwäsche unterzogen worden. Was konnte man da von ihr erwarten?
    Am anderen Ende der Leitung räusperte sich Citlalli leise. Meine Gereiztheit musste so überdeutlich gewesen sein, dass sie sie wahrgenommen hatte. Ich atmete einmal tief durch und befreite mich von diesem emotionalen Ballast. Die Emotionen wichen zurück – sie waren zwar immer noch vorhanden, blieben aber im Hintergrund. Das war eine Meditationstechnik, die ich schon als Kind erlernt hatte. Ich nutzte sie nur selten, denn ich hielt meine Gefühle nur ungern im Zaum. Angst, Wut, Empörung, Liebe nutzte ich im Kampf gern als zusätzlichen Antrieb. Aber ich wusste auch, wie ich das alles unterdrücken konnte, und je älter ich wurde, desto leichter fiel es mir.
    »Entschuldigung. Ich wollte Ihnen kein Unbehagen bereiten. Sie wollten mir gerade Julies Probleme schildern?«
    »Ja, danke. Kinder in Julies Alter können sehr grausam sein. Sie ringen um ihre Identität. Die Herstellung von Hackordnungen ist in diesem Alter etwas sehr Wichtiges. Und Julie ist da schlicht und einfach benachteiligt. Schulisch liegt sie zurück, kann also ihre Leistungen auf diesem Gebiet nicht dazu nutzen, um an Popularität zu gewinnen. Sie ist keine sonderlich gute Sportlerin, was zum einen an ihrer zeitweiligen Mangelernährung liegt und zum anderen daran, dass sie auf diesem Gebiet halt keine besonderen Begabungen aufweist. Wir haben unter unseren Schülern einige herausragende Sportler, und ihr ist klar geworden, dass sie es nie so weit bringen wird. Sie tut sich auch im Kampfsport nicht sonderlich hervor, und während die, die davon wissen, ihre Empfänglichkeit für die Magie beeindruckend finden, stehen Kinder nun mal mehr auf die grellen Aspekte dieses Phänomens.«
    »Mit anderen Worten: Sie ist keine Sportskanone und auch keine große Kämpferin, sie muss Förderunterricht nehmen, und ihre magischen Fähigkeiten machen nichts her, weil sie weder Feuer speien noch Metalle schmelzen kann.«
    »Ja, das ist es im Grunde. Andere Kinder greifen in einer solchen Situation auf ihre Familiengeschichte zurück, um bei ihren Mitschülern Eindruck zu schinden.«
    »Julie hat aber keine Verwandten, mit denen sie angeben könnte.« Weder irgendwelche Helden noch irgendwelche Magier.
    »Sie hat Sie.«
    »Oh.«
    »Sie hat Geschichten erzählt. Hinreißende und Furcht einflößende Geschichten über Dämonen, Göttinnen und Hexen. Ich weiß, dass es sich dabei um tatsächliche Erinnerungen handelt, denn ich spüre ihre Aufrichtigkeit. Aber die Kinder … «
    »Sie hacken auf ihr herum, weil sie das alles für erfunden halten.«
    »Ja. Wir behalten die Lage genau im Blick. Bisher ist sie von ihren Mitschülern noch nicht gepeinigt worden. Julie ist jedoch im emotionalen Sinne noch ein Kind … «
    »Sie ist ein Päckchen Sprengstoff mit sehr kurzer Lunte.«
    »Treffend bemerkt. Sie hat ein Messer.«
    Ich schloss die Augen und zählte bis drei. Ich hatte ihr alle Messer weggenommen und sie zweimal durchsucht, ehe ich sie dort zurückgelassen hatte.
    »Sie weigert sich, es herauszugeben. Wir könnten es ihr mit Gewalt wegnehmen, aber das würde den Schaden, den ihr Selbstbewusstsein bereits erlitten hat, noch verschlimmern. Es wäre viel besser, wenn sie es freiwillig abgeben würde, und ich fürchte, zum gegenwärtigen Zeitpunkt sind Sie die einzige Person, die sie dazu bringen könnte.«
    Ich sah auf die Uhr. Es war elf Uhr vormittags. Mir kam es eher wie sechs Uhr abends vor. »Was steht denn heute noch auf Julies Stundenplan?«
    Es entstand eine Pause. »Förderunterricht Mathematik bis eins, Mittagspause in der zweiten Schicht bis halb zwei, Förderunterricht Arkanistik bis drei, Gemeinschaftskunde bis vier und Bogenschießen bis fünf … «
    »Hat sie Bogenschießen gemeinsam mit den anderen Kindern?«
    »Ja. Und das findet im Freien statt.«
    Wenn ich mich beeilte, konnte ich bis fünf dort sein. »Könnten Sie mir

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