Stadt der Finsternis - Andrews, I: Stadt der Finsternis
eine noch sichtbare Auge drehte sich in der Höhle hin und her.
Natürlich. Das war die vierte Gabe, mit der er geboren war. Er war einer jener Krieger, wie Cú Chulainn, deren Körper in der Schlacht auf fürchterliche Weise anschwollen. Das hätte mir eigentlich klar sein müssen.
»Dann mal los, kleiner Mann!« Bran stürzte sich auf Curran.
Der Herr der Bestien wich seinem Angriff aus und rammte Bran einen Fausthieb in den unförmigen Bauch. Bran packte ihn beim Handgelenk und schleuderte ihn wie ein Kätzchen an die nächste Mauer.
Curran überschlug sich im Flug und prallte von der Mauer ab. Als Mensch hatte er diesen Flug begonnen, doch womit es Bran nun zu tun bekam, war eine albtraumhafte Mischung aus Mensch und Löwe.
Dieses Monster riss Bran von den Füßen. Curran knurrte, seine goldfarbenen Augen funkelten wütend. Seine riesige, prähistorisch anmutende Schnauze klaffte, und um ein Haar hätten seine sieben Zentimeter langen Reißzähne Bran die Nase abgerissen. Der Herr der Bestien war stinksauer.
Bran wehrte Curran mit seinen absurd kräftigen Beinen ab und sprang wieder auf die Füße. »Na los, Miezekätzchen! Zeig mal, was du draufhast!«
Curran stürzte sich auf ihn. Bran schlug nach ihm, verfehlte ihn aber, dann schlitzten ihm die rasiermesserscharfen Krallen den Brustkorb auf, als wäre er ein Pfirsich. Die Wunden bluteten und schlossen sich sofort wieder.
Die Leute stoben auseinander. Bran riss den Loupkäfig empor, in dem zuvor die Kampfschnepfe gesteckt hatte, und schlug damit nach Curran. Der Herr der Bestien fing den Käfig ab. Die Wunde an seinem Arm blutete, der Verband war längst abgerissen. Enorme Muskelpakete beulten sich auf Currans Rücken, er riss Bran den Käfig aus den Händen und schleuderte ihn beiseite. »Immer noch Zweitbester«, knurrte er, und seine Augen leuchteten goldfarben.
Sie droschen und traten vollkommen enthemmt aufeinander ein. Bran gelang es, einen Tritt zu landen, der Curran quer über den Hof schleuderte. Der Herr der Bestien schnellte zurück, riss Bran von den Beinen und schmetterte ihn gegen einen Holzschuppen, der an der Hofmauer stand. Die Wand des Schuppens ging zu Bruch, und Bran flog inmitten von Holzsplittern hindurch. Curran hechtete hinterher. Wenig später musste eine zweite Schuppenwand dran glauben. Splitter flogen über den Hof, und Brans aberwitzig geschwollener Körper torkelte ins Freie zurück. Er blutete aus einem halben Dutzend Wunden, schien das aber gar nicht zu bemerken.
»Mehr hast du nicht zu bieten?« Als keine Antwort kam, steckte er den Kopf in den Schuppen. »Wo bist du?«
Der Schlag schleuderte ihn ein weiteres Mal über den Hof. Ich musste beiseitespringen, sonst hätte er mich im Flug zerquetscht. Er krachte mit dem Kopf gegen den Loupkäfig und prallte davon ab.
Curran erschien in der Lücke des Schuppens. Halb Löwe, halb Mensch, mit der grauen Mähne um den Kopf, seine Augen lodernd. Sabber lief von seinen Reißzähnen, und er sah aus wie ein Dämon. Sein Brüllen ließ den ganzen Hof erbeben.
Bran rappelte sich wieder hoch und griff erneut an. Curran federte seinen Schlag ab, glitt zurück und kam zum Stehen. Nun hielten sie einander mit gebleckten Zähnen und prall geschwollenen Muskeln bei den Armen gepackt.
Ich wandte mich ab. Ich hätte einen der beiden in diesem Moment mit Leichtigkeit töten können, anderweitig schwer beschäftigt, wie sie waren, aber keine Macht der Welt hätte sie jetzt dazu bringen können, den Kampf zu beenden. Ich hätte sie anschreien können, bis ich mir die Kehle aus dem Hals gebrüllt hätte, doch bis sie sich so weit erschöpft hatten, dass sie wieder Vernunft annahmen, hätte keiner der beiden mich auch nur bemerkt. Sie würden weiter aufeinander eindreschen, bis sie nicht mehr konnten. Und mit den Schäden schienen beide ja gut klarzukommen.
Wenn Jim und Andrea noch am Leben waren, befanden sie sich wahrscheinlich auf der Krankenstation.
Wenn man den Weg nicht kennt, einfach der Intuition folgen – das war ein gutes Motto, und es führte mich auch tatsächlich zum Eingang der Krankenstation, nachdem ich mir zehn Minuten lang das Gedächtnis zermartert hatte und in der Festung durch ein Labyrinth aus Korridoren und Treppenhäusern geirrt war. Jetzt brauchte ich nur noch eine Minute, um das richtige Zimmer zu finden.
Darin war es dunkel, es brannte nur eine kleine blaue Feenlampe. Ihr sanftes Licht erhellte die Umrisse eines seltsam aussehenden Körpers, der irgendwo
Weitere Kostenlose Bücher